Westfälischer FriedeDie Schattenseiten des Friedens

Der Westfälische Friede, der 1648 das grausame Schlachten des Dreißigjährigen Kriegs beendete und Katholiken, Lutheraner und Reformierte gleichstellte, hatte Historikern zufolge auch Schattenseiten. „Während die erfolgreichen Verhandlungen von Osnabrück und Münster den Menschen in Europa den lang ersehnten Frieden brachten, richteten die nun befriedeten Staaten den Blick nach außen, expandierten und gründeten Kolonien“, sagte die niederländische Historikerin Beatrice de Graaf von der Universität Utrecht im Vorfeld des Historikertags in Münster, der sich mit dem Westfälischen Frieden befasst. Diese globale Dimension habe die Geschichtswissenschaft lange übersehen.

„Mit dem Friedensschluss entstand nach und nach eine kollektive europäische Sicherheitspolitik, die Angriffe von Nachbarn auf dem Kontinent unwahrscheinlicher machte und die außereuropäische Expansion erst ermöglichte“, so Beatrice de Graaf. „Der Friedensschluss von 1648 war der Beginn einer weitreichenden Zusammenarbeit der europäischen Großmächte in Technik, Handel und Verwaltung, die Grundlage der Kolonialisierung wurde.“ Das neue ausgeklügelte kollektive Sicherheitssystem brachte den Raum für gemeinsames Wirtschaften und die Erfindung von Technologien. „Quellen aus der Seefahrt und dem Militär der damaligen Zeit zeigen eindrücklich, wie Kartographen, Ingenieure, Wasserbauexperten, Juristen und Polizisten neues Wissen schufen. Konferenzprotokolle belegen, dass man nun auf Zusammenarbeit statt Konflikt abzielte“, so Beatrice de Graaf.

Bis ins 19. und 20. Jahrhundert hinein sei der gemeinsame Wissensstand in Expeditionen am Nil oder Kongo eingesetzt worden, ob im Kampf gegen Seuchen und Piraterie, in der Schiffsnavigation oder beim Bau von Wasserkraftwerken. „Erst mit dem Westfälischen Frieden im 17. Jahrhundert konnten also Wirtschaftsimperien entstehen, deren Finanzmittel und Technologien die großen Expansionszüge der Niederlande im 17. Jahrhundert, Englands im 18. und 19. Jahrhundert und des Deutschen Reiches im späten 19. Jahrhundert ermöglichten. Die Kolonialisierung der Spanier in Südamerika im 15. Jahrhundert etwa verlief noch ganz anders, ohne dieses Knowhow und im Alleingang.“

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