Wie verhalte ich mich, wenn Eltern ihr fieberndes Kind in die Kita bringen, weil sie zur Arbeit müssen?Mitarbeiterin fragt – Kita-Leitung antwortet

Die Zwickmühle der so fragenden Mitarbeiterin ist offensichtlich: Einerseits muss sie darauf bestehen, dass sich das Kind in Ruhe und mit der notwendigen Pflege zu Hause erholt, um gesund zu werden. Andererseits möchte sie die Eltern nicht vor den Kopf stoßen, denn sie kann deren Notlage verstehen.

Was steckt dahinter? Wer kennt es nicht: Gerade in der kalten Jahreszeit gehen die Papiertaschentücher in den Einrichtungen ungewöhnlich schnell zur Neige, die Zahl der Kinder mit Schnupfen und Husten steigt dagegen sprunghaft an. Das liegt daran, dass sich das Immunsystem im Kindesalter erst noch vollständig entwickeln muss. Bis zu 10 Infekte im Jahr gelten als völlig normal und sind oft harmlos. Kommt jedoch Fieber hinzu, kann dies ein Anzeichen dafür sein, dass sich der Infekt verschlimmert oder es sich um ernst zu nehmende Krankheitserreger handelt. Nicht selten geben Eltern der Fachkraft während der Bringsituation selbst noch den Hinweis: „Er hat Fieber und brütet wohl etwas aus.“

Interessenskonflikt der Eltern. Zunächst sollte der Blick auf die Eltern gerichtet werden. Oft sind beide berufstätig und sehen sich außerstande, am frühen Morgen spontan eine alternative Betreuung zu finden. Meist wohnen Oma und Opa oder andere Verwandte zu weit weg oder stehen selbst im Berufsleben, sodass die Kita die einzige Möglichkeit zu sein scheint. Möglicherweise wissen die Eltern jedoch nicht, welche Rechte sie geltend machen können.

Nach § 45 SGB V werden Eltern bei Krankheit des Kindes vom Arbeitgeber freigestellt: verheiratete Elternteile jeweils bis zu 10 Arbeitstage, Alleinerziehende bis max. 20 Arbeitstage pro Kind. Besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber, so haben gesetzlich Versicherte einen Anspruch auf Krankengeld durch die Krankenkasse. Manche Eltern scheuen sich auch davor, ihre gesetzlichen Ansprüche geltend zu machen. Die Angst vor der Reaktion des Arbeitgebers oder eine intolerante Erwartungshaltung desselben in puncto Fehlzeiten können mögliche Gründe dafür sein.

Kindeswohl vs. Elternwünsche? Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Eltern ist wichtig. Sie kommt insbesondere durch offene und verständnisvolle Kommunikation zum Tragen. Doch im Krankheitsfall steht das Wohl des Kindes immer über dem Wunsch der Eltern nach Betreuung. Die Eltern sind die Erziehungsberechtigten und damit verantwortlich für ihr Kind. Eine Berufstätigkeit stellt keine Legitimation dafür dar, das Kind fiebrig in die Einrichtung zu bringen. Ein Kind, das fiebert, könnte andere Kinder mit einer möglicherweise ernsthaften Krankheit anstecken. Die Übertragung der Erreger geschieht, etwa durch Tröpfcheninfektion, sehr rasch. Doch nicht allein das Ansteckungsrisiko spricht für die häusliche Genesung: Ein krankes Kind erfordert eine sorgsame Beobachtung und die behutsame Wahrnehmung und Erfüllung seiner speziellen Bedürfnisse. Zum Gesundwerden braucht es besondere Zuwendung, wenig Aktivität, viel Ruhe und nicht zuletzt eventuell die Gabe von ärztlich angeordneten Medikamenten. Dem kann die pädagogische Fachkraft im Kita-Alltag jedoch unmöglich gerecht werden. Mit anderen Worten: Für die Genesung ist eine Kita-Gruppe nicht der richtige Ort.

Orientierung gibt das Infektionsschutzgesetz. Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) bildet die Grundlage für die geltende Regelung in der Kita. Demnach dürfen Kinder, die unter bestimmten (ansteckenden) Krankheiten leiden, die Einrichtung nicht besuchen. Diese Vorgaben sollten ausnahmslos eingehalten und die Informationen darüber an das ganze Team weitergeleitet werden. Es würde unter der Elternschaft viel Unruhe schaffen, wenn eine Fachkraft ein Kind in Empfang nimmt, das erst seit dem Morgen fieberfrei ist, während ihre Kollegin bei einem anderen Kind darauf besteht, dass es mindestens einen Tag lang fieberfrei war, bevor es die Einrichtung wieder besuchen darf. Nur mit einer eindeutigen Regelung geben Sie Ihren Mitarbeiter/innen Sicherheit, denn feste Regeln schaffen Verbindlichkeit. Sie gewährleisten damit, dass alle Mitarbeiter/innen im Dialog mit den Eltern dieselbe Auskunft geben.

Wie den Mitarbeiter/innen den Rücken stärken? Wird das Thema „kranke Kinder“ akut, so sollten Sie es im Team besprechen. Sorgen Sie für den Informationsaustausch: Wie gehen wir mit solchen Fällen um? Wie reagieren wir auf die Eltern? Wie geht es uns dabei? Hören Sie Ihren Mitarbeiter/innen gut zu und zeigen Sie Interesse für deren Befindlichkeiten. Gerade unsichere Mitarbeiter/ innen teilen ihre Meinungen und Gefühlslagen leichter mit, wenn sie sich im Team wohlfühlen.

Der Blickwinkel kann erweitert werden, indem man sich in die Notlage der Eltern hineinversetzt. Womöglich fällt dies den Fachkräften, die bereits selbst Eltern sind, leichter. Signalisieren Fachkräfte Verständnis für die Situation der Eltern, erleichtert das sicherlich den Dialog, denn die Eltern fühlen sich und ihre Lage ernst genommen. Letztlich muss den Eltern aber vermittelt werden, dass ein Kind, das in den vergangenen 24 Stunden fiebrig war, die Kita nicht besuchen darf. Dazu ist eine angstfreie und konsequente Haltung notwendig. Verweisen Sie auf das Wohl der Kinder sowie auf die rechtliche Lage. Geben Sie auch zu bedenken, dass nicht nur weitere Kinder, sondern auch das Personal angesteckt werden könnte, wodurch es zu Personalausfällen kommen kann.

Information von Beginn an. Im Aufnahmegespräch legen Sie die Grundsteine zur Gestaltung der Erziehungspartnerschaft. Sie sollten daher bereits in diesem ersten Elterngespräch über die verbindlichen Regelungen im Krankheitsfall informieren. Händigen Sie immer auch das Merkblatt zum Infektionsschutzgesetz aus.

Informieren Sie die Eltern außerdem über ihre Rechte, sich im Krankheitsfall des Kindes beim Arbeitgeber freistellen zu lassen. Hilfreich kann es auch sein, ein Info-Schreiben zu entwerfen. Einmal verfasst, kann es jedes Jahr zu Beginn der kalten Jahreszeit ausgehändigt werden. Diese regelmäßige Erinnerung trägt bei allen Beteiligten zur Klarheit und Eindeutigkeit bei.

Haben Sie auch die Eltern des Elternbeirats im Blick. Es lohnt sich, den Elternbeirat von Ihrer Haltung zu überzeugen. Erklären Sie, weshalb die pädagogischen Fachkräfte entscheiden, ob ein Kind sofort abgeholt bzw. wieder mit nach Hause genommen werden muss. In besonderen Fällen wird die Leiterin der Einrichtung hinzugezogen. Wichtig ist: Die Entscheidung dient immer dem Wohle des Kindes!

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