Wenn ich in Fachzeitschriften (wie der großartigen kindergarten heute beispielsweise, ähem) etwas über Partizipation und demokratische Kitas lese, bin ich immer Feuer und Flamme. Ich will am liebsten gleich nach der Pause runterstürmen, ein Kinderparlament einberufen und mit den Kindern einen neuen Staat gründen. Ich will ihnen Klebepunkte in die Hand drücken, sie alles entscheiden und besprechen lassen. Sie sollen diskutieren, gestalten und selbstbestimmt ihren großen, starken Charakter entfalten! Aus der SodaStream-Flasche will ich den demokratischen Geist freirubbeln, der uns alle erleuchtet und unsere Gesellschaft wieder auf ein solides Fundament bringt. Ja, gut. Ich weiß, es geht schon wieder durch mit mir, denn dieses Konzept, diese Grundidee verlangt weit, mehr als Abstimmungssteinchen in einer Dose klimpern zu lassen. Wir denken bei Partizipation viel zu oft an die simplen Mehrheitsentscheidungen im Morgenkreis, welches Spiel wir spielen wollen. Aber steigt man richtig in die Thematik ein, ist sie viel tiefgreifender. Kinder müssen demokratisches Denken lernen und dabei an die Hand genommen werden. Müssen Prozesse entwickeln und aushalten lernen. Im besten Fall erleben sie Demokratie nicht nur, indem sie erfahren, dass ihr Spielvorschlag irgendwie nie gewählt wird. Wir müssen Kindern beibringen, sich zu beschweren, müssen ihnen Raum und Zeit geben, ihren Unmut kundzutun. Wir müssen aushalten, wenn sie unsere Bemühungen infrage stellen oder nicht ausreichend schätzen. Wir müssen mit Kolleg*innen umgehen, für die dieser Themenbereich maximal freitags im Morgenkreis Raum kriegen sollte, weil sie anarchische Verhältnisse fürchten. Die es vollkommen ausreichend finden, wenn Kinder einmal die Woche wählen dürfen, ob sie lieber Joghurt oder Obst zum Nachtisch wollen. Wir sind gefragt, klar Stellung zu beziehen: Den Kindern unsere demokratischen Werte mitzugeben und sie am Kita-Alltag aktiv teilhaben zu lassen, muss mehr sein als nur ein schönes Frühlingsprojekt. Kinder sollten ihre Rechte kennen. Sie zu wahren, sollte für uns Fachkräfte immer Priorität haben. So können die Kinder von Anfang an lernen, Steine auf ihrem Weg nicht als unverrückbare Felsen zu sehen, denen sie machtlos gegenüberstehen. Sondern vielmehr als großen Kieselhaufen, den man gemeinsam aus dem Weg räumen kann. Und dass sie mit den Steinen nicht schmeißen sollen, das bringen wir ihnen auch noch bei.