Meditation über das „Ave Maria“Du bist gebenedeit …

Bei ihrem Besuch spricht Elisabeth zu Maria die Worte: „Du bist gebenedeit unter den Frauen. Und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus.“ Die ältere Frau segnet die jüngere. Sie spricht ihr zu, dass nicht nur Maria von Gott gesegnet ist, sondern vor allem „die Frucht ihres Leibes“. Wir dürfen diese Worte auch auf uns persönlich beziehen.

Du bist gebenedeit …
© ljubaphoto

Wir sind gesegnet

Da Maria in der katholischen Tradition immer auch ein „Typos“ ist, ein Urbild für den erlösten Menschen, dürfen wir uns selbst im Bild Mariens sehen. Wenn wir das Ave Maria so beten, machen wir eine tiefe Erfahrung: Auch wir sind gesegnet von Gott. Beim Beten drücken wir unser Vertrauen aus, dass Gottes Segen uns auf all unseren Wegen begleitet und beschützt. Und wir drücken mit diesen Worten die Hoffnung aus, dass auch die Frucht unseres Leibes gesegnet ist und Segen bringt. Was kann die „die Frucht unseres Leibes“ bedeuten? Es kann die Ausstrahlung sein, die von uns ausgeht, eine Ausstrahlung von Hoffnung und Zuversicht, von Barmherzigkeit und Milde. Und die Frucht kann sich auf das beziehen, was wir mit unseren Händen geschaffen haben, auf unsere Arbeit, auf alles, was wir in die Hand genommen, was wir auf den Weg gebracht und gestaltet haben.

Wie wir selbst zum Segen werden

Zu den Worten, die Elisabeth zu Maria sagt, fügt das Gebet den Namen Jesu hinzu. Bei Maria ist es klar, dass ihr Sohn Jesus der große Segen ist für die ganze Menschheit. Wenn wir diese Worte auf uns beziehen, dann steht Jesus für unser wahres Selbst. Wir werden zum Segen für andere Menschen, wenn wir aufhören, eine Rolle zu spielen, wenn wir uns befreien von den Masken, die wir oft tragen, und wenn wir den Mut finden, ganz wir selbst zu werden. Für den Psychologen C.G. Jung ist Jesus ein Archetyp – quasi ein in unserer Vorstellung verankertes Urbild – des Selbst. Das Selbst ist der Gegenpol zum Ego. Wir gelangen zum Selbst nur, wenn wir das Ego loslassen. Dann finden wir in unsere Mitte, in der wir ganz wir selbst sind. Dann sind wir frei von dem Druck, uns beweisen und rechtfertigen zu müssen. Wir sind einfach da. Wenn wir anderen aus dieser inneren Mitte, aus unserem wahren Selbst heraus begegnen, dann werden wir zum Segen für sie. Dann dürfen wir voll Vertrauen beten: Gesegnet ist die Frucht deines Leibes Jesus. Wenn wir nicht aus dem Ego, sondern aus dem Selbst heraus handeln und sprechen, dann geht von uns Segen aus, dann fühlen sich auch die Menschen, denen wir begegnen, gesehen und angenommen und gesegnet.

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