In den Kartagen hören wir wie in jedem Jahr die Geschichte von Jesu Verhaftung, Verurteilung, Kreuzigung und seiner Grablegung – um dann „drei Tage nach seinem Tod“ (Mk 9,31) freudig seine Auferstehung zu feiern. Aber nicht nur zum österlichen Hochfest, sondern in jedem Gottesdienst werden beim Glaubensbekenntnis diese entscheidenden Eck- und Wendepunkte in Jesu Leben wiederholt: „Hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten.“
Wir alle haben diese Worte, Geschehnisse und Zeitangaben tief verinnerlicht und scheinen recht gut über sämtliche österliche Details informiert zu sein. Auch ohne die drei Tag zu wörtlich zu nehmen, tun sich bei genauerem Hinsehen einige Leerstellen und Rätsel bezüglich der Vorgänge hinter diesem verschlossenen Grabstein auf. Beispielsweise die Frage, warum Jesus eigentlich nicht direkt nach seiner Beerdigung auferstanden ist. Bei Paulus finden wir immerhin den Hinweis, dass die Drei-Tage-Frist „gemäß der Schrift“ (1 Kor 15,4) sei. Auf eine andere mögliche und durchaus tröstliche Erklärung stieß ich, als ich vor einiger Zeit selbst in eine Krise stürzte und mich mit innerer Kraft und äußerer Hilfe Schritt für Schritt wieder daraus hervorkämpfen musste. Als sie überstanden war, wurde ich von einer Freundin gefragt, wie es mir seitdem ergangen sei und ich antwortete etwas scherzhaft: „Ich bin wieder von den Toten auferstanden.“
Erst im Nachgang zu unserem Gespräch wurde mir bewusst, dass meine spontane Antwort einen durchaus ernsten, zutreffenden und auch trostreichen Kern besaß: Zum einen kann sich eine tiefe Krise – sei sie körperlicher oder seelischer (oder auch kirchlicher) Natur – manchmal wirklich wie ein „Hinabgestiegen in das Reich des Todes“ und das anschließende Herauskämpfen und Wiederauftauchen tatsächlich wie ein „Auferstanden von den Toten“ anfühlen. Zum anderen wird uns dank der Ostergeschichte und des Credos immer wieder vor Augen geführt, dass auch bei Jesus die Auferweckung nicht auf Knopfdruck und über Nacht geschah, sondern dass sie ein sukzessiver Verwandlungsprozess hin zum Guten und Erlösenden war. Auferstehung braucht Zeit. Auferstehung braucht das Aushalten der Dunkelheit, das innere wie äußere Ringen, das Aufschlagen am tiefsten Punkt der Nacht – und dann das Wahrnehmen des ersten Lichtscheins am Horizont, das beherzte Greifen nach dem Hoffnungsschimmer, die langsame Verwandlung, das Aufatmen und dann das Kraftschöpfen für neue Taten. Dieser Prozess ist auch nach dem Verlassen des „Grabes“ nicht abgeschlossen oder gar ausradiert, nein: Die Zeichen der Versehrungen sind noch sichtbar. Aber diese Wunden verlieren zunehmend ihren Schmerz und ihren Schrecken. Sie können sogar berührt werden und somit Zeugnis über das überstandene Ringen abgeben, eine Einladung zum Sprechen über die eigenen Verletzungen oder eine Heilungsermutigung für andere Verwundeten sein.
Vielleicht könnte es also – nicht nur zur Osterzeit – hilfreich sein, sich in einer krisenhaften Situation nicht unnötig unter Druck zu setzen oder ungeduldig zu sein, sondern sich die Prozesshaftigkeit der österlichen Geschehnisse bewusst zu machen, sich mit den Zeilen aus dem Credo Mut und Geduld zuzusprechen und sich dann mit eigenem Zutun und Gottes Hilfe Schritt für Schritt zurück zum Licht und zum Leben zu kämpfen.