Johann Baptist Metz zum AdventAdvent der Hoffnung

Darum rettet eigentlich immer nur eines: dass wir selbst uns wieder mehr an das erinnern und als das demütig annehmen, was wir sind – Menschen, denen es zugemutet und vergönnt ist, Gott selbst zu ihrem Schicksal zu haben, Menschen, an die Gott seit Anbeginn sein göttliches Leben verschenkt hat und deren Menschwerdung deswegen durch den Feuerglanz Gottes hindurch geschehen muss. Zumeist wächst diese Einsicht erst spät.

Immer kämpft der Mensch mit dem ankünftigen Gott, immer muss Gott sich erst die Schwellen seiner Ankunft bereiten; immer erst den Menschen, den widerspenstigen, dessen wildes Herz sich nur keuchend dem längeren Atem Gottes ergibt, zähmen für dieses adventliche Schicksal.

Und doch: Hat unser Herz, gar oft sich selbst nicht kennend, trotz allem die Ankunft Gottes zutiefst nicht immer wieder gesucht? Sind wir nicht immer heimlich Wartende und Ausschauhaltende geblieben? Stand nicht schon das kindliche Erwachen unseres Geistes im stillen Glanz einer ungedeuteten Frage, und haben wir als Sterbende nicht immer noch ein Warten in unserem Antlitz, eine kaum entworfene stumme Frage, die im letzten Atem erst verweht: „Bist du es, der da kommen soll?“ (Mt 11,3), der, den wir nicht gefunden haben, obwohl wir alle Straßen unseres Lebens abgelaufen sind, der uns nicht begegnet ist, obwohl wir alle Sterne abgetastet haben, und der nun im Sterben uns alle Lichter löscht in der schwarzen, tödlichen Nähe seiner Unendlichkeit –?

So brauchen wir uns schließlich nur zu bejahen als die, als welche wir uns trotz allem nie ganz verleugnen konnten. Wir brauchen in uns nur die Frage offenzuhalten, die wir auf dem Grunde unseres geschichtlichen Daseins selber unausweichlich sind, dürfen sie nicht voreilig und mit einem falschen Willen zur Selbstsicherung und „Selbstverständlichkeit“ aus unseren eigenen verfügbaren Horizonten beantworten.

Johann Baptist Metz in: „Gott in Zeit“, Gesammelte Schriften Bd. 5, hg. von Johann Reikerstorfer (Verlag Herder, Freiburg 2017)

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