Was bei Belastungen im Beruf hilftEine Kita-Leiterin berichtet

Aus ihrer langjährigen Leitungstätigkeit, in deren Verlauf sie und ihr Team einen Kindergarten mit 50 Plätzen zu einer Kita mit 85 Ganztagsplätzen für Kinder im Alter von 2 bis 12 Jahren weiterentwickelt haben, berichtet Maria Frey von ihren Erfahrungen mit den berufsspezifischen Belastungsfaktoren.

Aufgaben und Zuständigkeiten einer Kita-Leiterin sowie die Erwartungen an sie sind bekanntlich komplex und leider meist nicht eindeutig formuliert. Es beginnt bei der Gesamtverantwortung im pädagogischen Bereich, der Mitarbeiterinnenführung und der Zusammen- arbeit mit Eltern. Es geht weiter mit organisatorischen und verwaltungstechnischen Belangen, der Vernetzung in den Sozialraum und der Zusammenarbeit mit dem Träger. Selbstverständlich sollen ihre fachlichen Kompetenzen hoch und ihre Kenntnisse über Fachwelt, Berufspolitik und Elementarpädagogik immer „auf neustem Stand“ sein. Schon die Vielschichtigkeit dieser Aufgaben kann eine große Belastung darstellen. Hier die richtigen Prioritäten zu setzen, gelingt fast nur durch Learning-by-doing im Alltag.

Im Laufe meiner Berufstätigkeit hat sich der Aufgabenkatalog durch immer neue Anforderungen erweitert, während die Rahmenbedingungen unverändert blieben. In meiner Ausbildung zur Erzieherin, die inzwischen einige Jahre zurückliegt, wurde ich nur wenig bis gar nicht auf die Aufgaben einer Leiterin vorbereitet. Und so war die Bereicherung durch mein Studium „Management für Erziehungs- und Bildungseinrichtungen“ entsprechend groß. Ein Studium dieser Art kann ich nur jedem empfehlen, der eine Leitungsposition übernehmen möchte. Wie viele andere Leiterinnen geriet auch ich eher zufällig und unvorbereitet in diese Position. Bald schon war mir klar, dass eine schnelle Auffassungsgabe und die Fähigkeit, gut zu strukturieren und zu organisieren, unverzichtbar sind, um die umfangreichen Anforderungen zu bewältigen. Das half mir, auch in schwierigen Situationen den Überblick zu behalten und die Ruhe zu bewahren.

Als Leiterin gehe ich bei meinen Entscheidungen hier und da auch mal ein Risiko ein. Das bedeutet aber, mögliche Fehlentscheidungen in Kauf zu nehmen. Dennoch ist für mich jede bewusste Entscheidung besser als gar keine. Fehler und Schwächen gestehe ich mir selbst genauso wie meinen Mitarbeiterinnen zu und sehe darin die Möglichkeit, dass wir uns weiterentwickeln. Neue Aufgaben und Veränderungen sind für mich zunächst einmal Herausforderungen im positiven Sinne. Im Laufe meiner Leitungstätigkeit habe ich allerdings gelernt, dass ich nicht alles selber machen kann und muss, sondern auch delegieren darf. Von meinen Mitarbeiterinnen wurde mein Vertrauen in ihre Fähigkeiten überwiegend als Wertschätzung honoriert.

Fehlende Zeit für die vielfältigen, anspruchsvollen Aufgaben ist ein Faktor, den ich immer als belastend erlebt habe. Ich denke, ein gutes Zeitmanagement und richtige Prioritäten sind hier das A und O. Als in unserer Kita ein Qualitätsmanagementsystem eingeführt wurde, durch das viele Alltagsaufgaben klar geregelt wurden, entstanden Freiräume für neue Aufgaben, aber auch für spontane Dinge. Um die tägliche Informationsflut zu bewältigen, sind Neugier und Wissensdurst die beste Voraussetzung. Mir war es immer wichtig, gut informiert zu sein und gleichzeitig den Mut zur Lücke aufzubringen. Auch wenn ich nicht alles wissen kann und muss, sollte ich zumindest die Wege kennen, wie ich an notwendige Informationen komme, die ich dann ans Team weitergebe.

Als Leitung bin ich täglich in Kontakt mit vielen, auch immer wieder neuen Menschen wie Kindern, Eltern und Mitarbeiterinnen. Das erfordert hohe Kommunikationsfähigkeit, viel Toleranz und Empathie. Alles drei brauchte ich auch, um Netzwerke innerhalb der Kirchengemeinde, mit der Grundschule und dem sozialen Umfeld zu knüpfen. Eine Leiterin ist gut beraten, in ihrer Kommunikation immer die Sach- und Personenebene zu trennen, um so gemeinsam neue und kreative Lösungen entwickeln zu können. Gleichzeitig bin ich als Leiterin oft auf mich gestellt. In den ersten Jahren meiner Leitungstätigkeit war ich noch im Gruppendienst, wodurch allerdings ein Rollenkonflikt entstand. Obwohl Teil des Ganzen, gehörte ich ja nicht zum Team. Die spätere Freistellung empfand ich fast als Privileg, obwohl sie eigentlich selbstverständlich sein sollte.

Teamführung habe ich besonders als Herausforderung erlebt, als mein „Anfangsteam“ von vier Mitarbeiterinnen durch die Weiterentwicklung der Einrichtung auf zwölf angewachsen war. Das Team konsequent zu beteiligen und bei Entscheidungen mitzunehmen, ist nicht immer einfach und erfordert ein hohes Maß an Souveränität. Gleichzeitig ermöglicht der Rückhalt im Team es aber, den umfangreichen Anforderungen gerecht zu werden. Das Personalmanagement war vor dem Hintergrund fehlender Personalressourcen im Laufe meiner Leitungstätigkeit zeitweise sehr belastend. Ich war und bin abhängig von Rahmenbedingungen, die ich nur minimal beeinflussen konnte, und musste mit dem agieren, was ich hatte.

Mir war es immer wichtig, Wertschätzung und Anerkennung zu vermitteln, und habe diese meist auch selbst bekommen. Ein wesentlich unterstützendes Merkmal war für mich das Wissen, dass der Träger im Bedarfsfall hinter mir steht. Als Unterstützung habe ich aber immer auch den regelmäßigen Kontakt zu anderen Leiterinnen und den kollegialen Austausch mit ihnen erlebt, weil man mit seinen Problemen nicht mehr allein dasteht. Leiterinnentagungen und Leitungsfortbildungen boten sich dafür an.

Angesichts der Erwartungen aller Beteiligten wie Kindern, Eltern, Team und Träger sitzt man als Leitungskraft häufig zwischen allen Stühlen. Der Erwartungsdruck von außen ist teilweise ziemlich belastend. Ich musste lernen, mich auf eine Art Metaebene zu begeben und eine Sache aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, um das eigene Blickfeld zu erweitern. Mich mit meiner Rolle als Leiterin auseinanderzusetzen, war mir sehr wichtig, und ich habe dafür Einzel- und Gruppensupervision genutzt. Hierbei beschäftigte ich mich auch mit Strategien aus meiner Kindheit, die mich in belastenden Situationen weitergebracht hatten und später für mich als Leiterin hilfreich waren. In einer großen Familie konnte ich als Kind lernen, die Balance zwischen meinem Bedürfnis nach Nähe und nach Distanz zu finden. Die Erfahrung, dazuzugehören, aber auch für sich sein zu können, hat mir als Leitungskraft geholfen, meinen Platz zu finden. Die Familie war ein gutes Übungsfeld für Kommunikation und z.T. heftige Diskussionen. Wichtig war aber immer, sich auch wieder zu versöhnen und sich entschuldigen zu können.

Da jeder Mensch verschieden ist und individuelle Erfahrungen mitbringt, muss auch jeder reflektierend für sich herausfinden, was ihm hilft, mit Belastungen im Alltag umzugehen. Eine optimistische Grundeinstellung in Verbindung mit Kommunikationsfreude wirkt sich positiv aus - ebenso, authentisch zu bleiben bei allem, was ich als Leitung tue. Zusätzlich brauche ich Auszeiten, in denen ich Kraft tanke, damit meine Freude an der abwechslungsreichen Tätigkeit als Kita-Leiterin nicht in Überforderung und Stress mündet. Das kann ein Saunabesuch oder eine Wanderung sein, wo ich einfach mal abschalte, aber auch ein Theater- oder Konzertbesuch, der mich auf andere Gedanken bringt.

Auch wenn ich meinen Beruf immer als Berufung erlebt habe, weil ich etwas bewirken und verändern kann, muss ich trotzdem stets auf mich selbst und meine Ressourcen achten.

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