Was tun Sie für die Sprachentwicklung der Kinder ohne Migrationshintergrund?

„Unser Kind kommt ständig mit irgendwelchen unverständlichen Ausdrücken oder Wörtern aus anderen Sprachen nach Hause. So langsam haben wir den Eindruck, dass durch die vielen unterschiedlichen Herkunftssprachen in der Kita seine eigene Sprachentwicklung leidet. Wir hätten gern eine Erklärung von Ihnen, wie Sie dafür Sorge tragen, dass alle Kinder gleichermaßen sprachlich gefördert werden."

So oder ähnlich klingen die Fragen besorgter Eltern nach der Sprachförderqualität in der Kita. Eine Sorge, die die Leitung ernst nehmen sollte und auf die sie den Eltern pädagogisch fundiert antworten muss. Oft trifft so ein kritisches In-Frage-Stellen erst einmal Leitung und Team an ihrem pädagogischen „Nerv". Wenn es der Leitung jedoch gelingt, die Intervention der Eltern positiv zu betrachten und sie als Zeichen von Interesse und Engagement für ihr Kind zu deuten, kann sie dadurch einen konstruktiven Prozess in Gang bringen. Es bietet sich an, gemeinsam im Team darüber nachzudenken, wie man die praktizierte Sprachförderung sieht, sie zu bewerten, zu hinterfragen und gegebenenfalls notwendige Erweiterungsmöglichkeiten anzudenken. Sprachförderung in der Kita ist in allen Bildungsplänen mit großer Wichtigkeit benannt. Nicht nur Kitas mit hohem Migrationsanteil sehen ihren Bildungsauftrag bezüglich Spracherwerb und Sprachförderung als wesentlichen Teil der vorschulischen Förderung und Entwicklungsbegleitung, der in alle Bereiche hineinwirkt.

  • Keine soziale Integration ohne Kommunikation, keine Kommunikation ohne Sprache.
  • Keine Auseinandersetzung und verbale, gewaltfreie Konfliktlösung ohne Kommunikation.
  • Keine neugierigen Fragen ohne Wortschatz, keine Erklärungen ohne Sprachverständnis.

Die Liste der Gründe, weshalb Sprachförderung im Bildungsraum Kita von so großer Bedeutung ist, ist lang und es lohnt sich, sie immer wieder mit dem Team neu zu betrachten und zu überprüfen.

Die gemeinsame Sprachförderung deutschsprachiger Kinder und solcher mit anderen Herkunftssprachen verlangt von der Einrichtung, dass sie - bei gleichem Ziel - unterschiedlich intensive Fördermöglichkeiten in ihr pädagogisches Programm aufnimmt. Die Eltern ihrerseits erwarten mit dem Bildungsplan, dass jedes Kind gemäß seines Sprachstandes und seiner Entwicklung gefördert wird. Und das bedeutet oft eine große Herausforderung. Gilt doch für die Praxis, dass die Fachkräfte an die Sprachenvielfalt anknüpfen müssen, auf ganz unterschiedliche Sprachentwicklungsstadien reagieren sollen und dabei die verschiedenen Lerngeschwindigkeiten der Kinder berücksichtigen müssen. Das wiederum kann nur gelingen, wenn jede Erzieherin sehr aufmerksam für das Sprachverhalten der Kinder ist und ihnen in allen möglichen Situationen, die der Tag in der Kita bietet, kindgemäß und situationsorientiert Sprachmuster anbietet.

Hinzu kommen das Führen differenzierter Sprachbeobachtungs und Erhebungsbögen und eventuell die zusätzliche externe Unterstützung durch Sprachförderkräfte. Ausreichend interessante Sprachfördermaterialien sind für alle hilfreich. Vor allem das Bewusstsein, dass Sprache permanent bei jeder Beschäftigung, jedem Angebot, selbst beim Experimentieren und Turnen geübt wird, entlastet von dem Druck, dass der Spracherwerb einzig nur vom Angebot spezieller Sprachförderung abhinge. All diese Zusammenhänge sind Antworten auf die Anfrage der Eltern, wie denn ihr Kind - ob deutschsprachig oder nicht - ausreichend in der Kita gefördert wird.

Eltern müssen wissen: Allen Kindern sprachlich gerecht zu werden, setzt auch voraus, dass die Kita personell ausreichend versorgt ist, die Mitarbeiterinnen geschult sind und in der Einrichtung eine interkulturelle Öffnung - auch seitens der Elternschaft - herrscht. Ein anderer Aspekt ist die Bereicherung, die die Kinder aufgrund der Sprachenvielfalt in Kombination mit kultureller Vielfalt erleben. Für die Kinder ist es eher ein Spiel, keine Belastung, wenn sie fremd klingende Wörter nachplappern, ohne ihre Bedeutung zu kennen. Sie zeigen sich in der Regel sehr interessiert daran, zu erfahren, was das fremde Wort bedeutet und wo man so spricht.

Fraglos besteht in jeder Kita mehr oder weniger die Gefahr, dass die deutschsprachigen Kinder in der Kindergruppe zu wenig Sprachmodelle und Sprachanregungen erhalten. Dem engagiert entgegenzuwirken, erfordert sehr viel Sensibilität dafür, wie viel wann von einem Kind verlangt werden kann, konkret also die Sensibilität für die Gratwanderung zwischen Fordern und Fördern. Wünschenswert sind gute Fachkenntnisse über die Sprachentwicklung von Kindern.

Ein dritter Aspekt ist die Sprachkultur einer Einrichtung: Kinder und Eltern sollten wissen und tagtäglich erfahren, dass hier jede Familie mit ihrer Sprache (und Kultur) willkommen ist, dass selbstverständlich beim Übersetzen geholfen wird, dass man bemüht ist, jeden zu verstehen. Aber: Das gemeinsame Ziel ist für alle, sich in der Einrichtung in einer gemeinsam gesprochenen Sprache zu verständigen. Wenn es die Einrichtung schafft, diese Kultur zu verdeutlichen, schafft sie eine gute Voraussetzung für das gemeinsame Ziel, eine optimale Sprachförderung für alle sicherzustellen. Es ist nachgewiesenermaßen allen Eltern wichtig, dass ihr Kind in der Einrichtung seinen Wortschatz erweitert und in seiner Sprachentwicklung gefördert wird.

Was man den besorgten Eltern auf ihre Frage antworten kann: Eine Einladung beider Elternteile zu einem Informationsgespräch bietet Eltern und Einrichtung die Chance, gegenseitige Erwartungen, Bedenken, Ängste, aber auch positive Ansatzpunkte zu benennen. Die Leitung sollte sich in ihrem Gesprächskonzept mit konkreten Beispielen aus der täglichen Arbeit mit den Kindern vorbereiten. Diese können helfen, anschaulich zu erklären, wann und wie Sprache gefördert wird.

Der Einstieg in das Gespräch könnte z.B. die Rückmeldung der Leiterin sein, dass sie sich für die Offenheit der Eltern bedankt, dass sie den Einwand der Eltern sehr ernst nimmt und sich der Frage gern stellt. Anschließen würde sich danach die Frage an die Eltern, was denn vorgefallen sei, was ihre großen Bedenken ausgelöst hatte. Die Leitung kann nun die (mehr oder weniger emotional gefärbten) Äußerungen der Eltern aufnehmen und mit eigenen Worten wiederholen, was sie quasi „heraushört". Durch die Wiedergabe mit eigenen Worten spiegelt sie den Eltern wider, dass es ihr sehr wichtig ist, zu erfassen, wie es den Eltern geht und was sie erwarten. Dann könnten die Informationen der Leiterin über die Umsetzung des Sprachkonzepts in der Einrichtung folgen, aus denen hervorgeht, warum, wann und wie Sprachförderung in der Kita stattfindet. Dabei ist auch wichtig, dass bei den Eltern ankommt, dass sich Leitung und Team fachlich mit dem Thema auseinandersetzen und sich permanent dazu weiterbilden. Die Eltern sollen einen Eindruck davon bekommen, wie man sich in der Einrichtung um eine ideenreiche und intensive Umsetzung der Sprachförderung bemüht - und zwar nicht nur für die Kinder, die Sprachdefizite haben, sondern auch für das eigene Kind. Sie erhalten genügend Informationen, um sich selbst ein Bild zu machen.

Ein Teil des Gesprächs sollte sich ausschließlich um die aktuelle Sprachentwicklung des betreffenden Kindes drehen. Es hat sich bewährt, gemeinsam einen Blick auf den Sprachstand des Kindes zu werfen, zusammen zu überlegen, was die Eltern zu Hause tun können, was die Kita tun kann und was die Eltern gerade von der Kita zur Unterstützung brauchen. Ideal wäre hierbei die Anwesenheit der Gruppenerzieherin. Sie kann aus erster Hand viel besser und ausführlicher über das Kind berichten und seine Interessen und Fähigkeiten benennen.

Den Abschluss des Gesprächs könnte eine gemeinsame Vereinbarung bilden, wie man im Austausch bleibt. Auch eine Einladung der Eltern zum Hospitieren wäre denkbar.

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