Kinder nehmen ihren Stromverbrauch kritisch unter die LupeKehren statt staubsaugen

In der Kita bleibt es dunkel – der Strom ist ausgefallen. Der Auslöser für ein Projekt, das den Kindern bewusst macht: Strom aus der Steckdose ist keineswegs selbstverständlich. Sie werden zu Energiedetektiv*innen und probieren Alternativen aus.

Kehren statt staubsaugen: Kinder nehmen ihren Stromverbrauch kritisch unter die Lupe
© Westend61 - picture alliance

An der Eingangstür der Kita hängt ein Zettel mit der Aufschrift: „Bitte klopfen – unsere Klingel funktioniert nicht“. Drinnen ist es dunkel und die eintreffenden Kinder sind zunächst etwas ratlos. Als alle vollzählig sind, beratschlagen wir, was los ist.

Ein Tag ohne Strom

Die Kinder kommen von selbst auf einen Stromausfall und können von ähnlichen Erlebnissen berichten. Sie schauen nach, was überhaupt noch funktioniert und schwärmen aus, um alle Geräte zu entdecken, die Strom benötigen. Wir sammeln Ideen: „Wie bekommt man Licht ohne Strom?“, „Was kann man tun, um sich zu wärmen?“. So geht es den ganzen Vormittag weiter. Heißer Tee, warmes Mittagessen, Musik hören – die Kinder stehen immer wieder vor der Aufgabe, gemeinsam Lösungen zu entwickeln und auszuprobieren, wie sie sich ohne Strom behelfen können. Wir sprechen darüber, welche Gründe es für einen Stromausfall gibt und was man tun könnte, damit die Stromversorgung wieder funktioniert. Die Kinder schlagen vor, dass sich der Hausmeister oder ein Elektriker darum kümmern soll. Einige wissen, wo der Sicherungskasten steht, und wollen dort nach Hinweisen schauen. Das gibt wiederum Anlass zur Frage, wie der Stromkreis eigentlich funktioniert. Eine weitere Idee ist, dass die Rechnung für den Strom nicht rechtzeitig bezahlt worden ist. Wir diskutieren darüber, warum Strom nicht kostenlos zu beziehen ist, wie er erzeugt wird und dass man sparsam damit umgehen sollte.

Auf dem Tisch liegen Abbildungen von einer Deckenleuchte, einem Ventilator, einer elektrischen Zahnbürste, einer Waschmaschine, einem Computer, einem elektrischen Mixer, einem Staubsauger, einem Trockner, einer Spülmaschine, einer Bohrmaschine. Diese Geräte haben eines gemeinsam: Ohne Strom funktionieren sie nicht. Anschließend fügen wir Gegenstandspaare hinzu und überlegen, welche den gleichen Zweck erfüllen: der Wäschetrockner, die Wäscheleine, der Ventilator, der Fächer, der Staubsauger und der Besen. Wir sprechen über die jeweiligen Vor- und Nachteile.

Die Kinder probieren nun, Eiweiß mit einem Schneebesen zu Eischnee zu schlagen. Das ist anstrengend, aber mit dem elektrischen Mixer ist häufig das Kabel im Weg. Den wirbelnden Mixer festzuhalten ist auch nicht einfach. Interessant ist, zu erfahren, auf welche Geräte die Kinder auf keinen Fall verzichten möchten. Die Gründe liegen nicht immer in ihrer Funktionalität. Die alte Kehrmaschine ist einfach schöner und spannender als ein Staubsauger.

Den eigenen Stromverbrauch ermitteln

Um den Verbrauch auch einmal sehen zu können, beobachten wir den Stromzähler in der Kita. Er zählt, wie viel Energie in einer bestimmten Zeit verbraucht wird.
Wir sprechen über die Möglichkeiten, Energie zu sparen, und stellen über das Thema erneuerbare Energie einen Zusammenhang zum Klimaschutz her. Außerdem überlegen wir, wie sich im Alltag Energie sparen lässt. Die Kinder gestalten mit ihren Ideen ein Plakat. Ihre Energiespartipps sind:

  • das Licht in unbenutzten Räumen ausschalten
  • Tageslicht nutzen
  • einen Bewegungsmelder an beleuchteten Wegen einbauen
  • Steckdosen ausschalten
  • die Zimmertemperatur messen
  • Heizungsenergie sparen und die Raumtemperatur senken

Als Aufgabe bekommen die Kinder ein Stromtagebuch für zu Hause mit. Sie und ihre Familien machen sorgfältig Notizen.

Die Stromtagebücher sind erstaunlich umfangreich. Beim Vergleichen stellen die Familien und Kinder fest, dass ihnen nicht bewusst war, wie häufig und selbstverständlich sie elektrische Geräte im Haushalt und in der Freizeit nutzen. Welche Geräte für sie besonders wichtig sind, das ist sehr unterschiedlich. Bestimmte Geräte tauchen bei fast allen auf: Lampen, Fernseher, Telefon und Waschmaschine. Die Kinder und ihre Familien bemerken auch, dass viele Geräte unbemerkt Strom verbrauchen: z. B. die Klingel, die Gegensprechanlage an der Tür oder das Radio, der Fernseher und die Spielkonsole, wenn sie im Stand-by laufen.

Lebensmittel ohne Strom frisch halten

In einer Geschichte lernen die Kinder den nigerianischen Lehrer Mohammed Bah Abba kennen. Er stammt aus einer Töpferfamilie und hat vor über 30 Jahren das Problem fehlender Kühlungsvorrichtungen erkannt. Auf der Suche nach einer Lösung entstand sein „Tontopf-Kühlschrank“ – seine nachhaltige Idee bauen wir nach.
Ich erkläre den Kindern, dass es in vielen Entwicklungsländern noch keine durchgängig ausgebaute Stromversorgung gibt, sodass große Teile der Bevölkerung – insbesondere Bewohner*innen in ländlichen Gebieten – von der Versorgung abgeschnitten sind. Selbst dort, wo ein Stromanschluss zur Verfügung steht, müssen etliche Haushalte ohne elektrischen Strom auskommen, weil sich die Menschen die Kosten nicht leisten können. Den Kindern wird deutlich, dass diese Situation gravierende Auswirkungen auf das tägliche Leben der Menschen hat.

Alte Geräte begeistern mit Originalität

Beim Herstellen und Ausprobieren des stromfreien Tontopf-Kühlschranks zeigt sich das zunehmende Interesse der Kinder an elektrischen Geräten. Sie wollen mehr über einzelne Geräte erfahren, wissen, wie sie funktionieren, und vor allem alte ausprobieren. Einige Kinder hatten sich zu Hause mit ihren Großeltern und den Eltern darüber unterhalten und sich alte Geräte im Internet und auf Fotos angesehen.
Wir schauen uns ein mitgebrachtes altes Fernsehgerät an und sprechen über die Unterschiede zu neuen: Es ist „dicker“ und kleiner und hat Tasten und Knöpfe zum Drehen. Die Kinder schrauben das Gerät auf, um zu sehen, wie es innen aussieht, nehmen Einzelteile heraus und sortieren sie. Das Interesse an alten Geräten ist groß. Einige Eltern bringen allerhand kuriose Geräte mit: einen roten Transistor-Fernseher mit Zimmerantenne und Schwarz-Weiß-Bild, ein orangefarbenes Wählscheibentelefon (mit einem Überzug aus Samt), eine Sofortbildkamera, ein altes Radiogerät, einen Schallplattenspieler, einen Diaprojektor und eine alte Kaffeemaschine aus den 80er- Jahren. Die funktionierenden Geräte testen wir. Der Charme manch alter Elektrogeräte überzeugt nicht nur die Kinder. Wir staunen und lachen, als eine Schallplatte immer wieder an derselben Stelle hängen bleibt.
Einer der Großväter bringt aus seiner Sammlung einen alten Staubsauger mit und führt ihn vor. Besonders interessant sind seine Fotos über die Entwicklung der Haushaltsgeräte von früher bis heute. Wir schauen sie mit einem alten Diaprojektor an, den er uns ebenfalls erklärt. Wir sind beeindruckt und planen mit ihm einen Ausflug ins Heimatmuseum, das er ehrenamtlich führt.  

Ausblick

Ohne Energie gäbe es kein Licht, keine Bewegung, keine Geräusche, keine Wärme, keine Veränderung und kein Leben. Das Besondere an Energie ist ihre Wandelbarkeit. Das Thema Energie hat noch viele weitere Facetten. Die Kinder erhalten die Möglichkeit, die Wirkungen von Strom und Energie spielerisch weiter zu erforschen und zu entdecken. Geplant sind u. a. ein Puppentheaterstück zum Thema Energie und der Besuch einer Windmühle. Es bleibt spannend.

Für Ihre Zusammenarbeit mit Eltern

Ein Stromtagebuch führen: eine Eltern-Kind-Aktion für zu Hause

  • Mit Unterstützung der Eltern führen die Kinder zwei Tage Stromtagebuch. Darin notieren sie: welche Geräte wo, wann und warum genutzt werden,
  • welche Geräte wie oft und wie lange genutzt werden,
  • wer das Gerät genutzt hat,
  • welche Merkmale das Gerät hat,
  • welche Funktion das Gerät hat
  • und was sich während und nach der Nutzung geändert hat.

Das Projekt fand in dem Kurs „Die Energie-Forscher“ an einer Hector-Kinderakademie im Regierungspräsidium Stuttgart statt.

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