Das Erzbistum Berlin, das Bistum Dresden-Meißen, das Bistum Görlitz und die katholische Militärseelsorge haben ihre „Interdiözesane Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs“ (IKA) in einem bundesweit bisher einzigartigen Vorgehen aufgelöst. Entstanden war die Kommission im Mai 2023 auf der Grundlage einer 2020 getroffenen Vereinbarung zwischen dem damaligen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung (UBSKM), Johannes-Wilhelm Rörig, und der Deutschen Bischofskonferenz (DBK). Demnach sollte es in allen Bistümern eine entsprechende Kommission unter Beteiligung von Vertretern der Betroffenen, der Bundesländer und der Bistümer geben. Als Begründung für die Auflösung der Kommission nannten die Bistümer „anhaltende kommunikative Probleme“ und eine „dysfunktionale Arbeit“.
Das Erzbistum Berlin ließ verlautbaren, dass die Auflösung der IKA einer Bewertung folgt, wonach „eine weitere Zusammenarbeit in dem gegebenen Rahmen trotz aller Bemühungen nicht möglich zu sein scheint“. Dieser Schritt wurde vor allem vom Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz kritisiert. „Das ist keine gute Nachricht für die Betroffenen sexualisierter Gewalt innerhalb der katholischen Kirche im Großteil der östlichen Bundesländer“, heißt es in einer Mitteilung des Beirats. Man wolle aber weiterhelfen, dass Situationen wie in den Ostbistümern zukünftig besser gehandhabt werden.
Tatsächlich waren in den vergangenen Jahren immer wieder Mitglieder der Kommission zurückgetreten, darunter die frühere Justizministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Uta-Maria Kuder. Zuletzt hatten die offiziellen Vertreter des Erzbistums Berlin und des Bistums Dresden-Meißen ihren Rückzug erklärt. Die internen Kommunikationsprobleme bestreitet der letzte Vorsitzende der Kommission, der ehemalige Abteilungsleiter im Brandenburger Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, Andreas Hilliger, nicht. Der Experte für Kinderschutz verdeutlicht aber, dass die betroffenen Bistümer auch keinerlei Anstrengungen unternommen hätten, die vakanten Positionen in der Kommission nachzubesetzen. Das Thema habe er häufiger mit dem Berliner Erzbischof Heiner Koch ohne Ergebnis erörtert, zuletzt nur wenige Tage vor der Abberufung. Zudem sei die Kommission personell nicht hinreichend ausgestattet gewesen: „Es gab ein ganz breites Aufgabenfeld, jedoch fehlte die Unterstützung durch Fachreferenten beziehungsweise die Kompetenz, darauf zurückzugreifen“.
Geplant war zuletzt die Inauftraggabe einer Aufarbeitungsstudie. „Es gab in der Kommission Ärger und Streit“, sagt die Betroffenenvertreterin Kerstin Otto im Gespräch mit der „Herder Korrespondenz“. „Aber wir haben uns auf ein Konzept für eine Aufarbeitungsstudie geeinigt.“ Kurz vor der Entscheidung darüber sei die Kommission dann aufgelöst worden. Unterdessen bezeichnete Rörigs Nachfolgerin Kerstin Claus die einseitige Auflösung der Kommission durch die Bischöfe als klaren Bruch der Vereinbarung von 2020. Dies sei nicht zu akzeptieren, erklärte sie gegenüber dem katholischen Magazin „Publik-Forum“. Eine einseitige Abberufung der Mitglieder der Unabhängigen Aufarbeitungskommissionen sehe die Gemeinsame Erklärung zwischen dem UBSKM und der DBK nicht vor.