Die nächste Ökumene-BlockadeGemeinsam zum Tisch des Herrn? Vatikan: Nein!

Roms Veto gegen ein bedeutendes ökumenisches Theologen-Dokument zeigt nur: Die katholische Kirche scheint trotz noch so überschwänglicher, auch päpstlicher, Freude-am-Glauben-Rhetorik an ihren inneren lehramtlichen Systemzwängen zu scheitern. Jahrzehntelanges theologisches Arbeiten wurde wieder einmal abgewiesen. Ohne Autorität, ohne Belang. So aber schafft sich Kirche – samt Theologie – irgendwann gesellschaftlich womöglich doch ab.

Die vatikanische Glaubenskongregation lehnt das vom deutschen Ökumenischen Arbeitskreis katholischer und evangelischer Theologen erarbeitete Dokument „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ ab. In dem vor einem Jahr veröffentlichten Text würden die bestehenden ökumenischen Differenzen nicht hinreichend beachtet. Daher wird der Vorschlag, dass die katholische Kirche sich unter bestimmten Bedingungen auf eine eucharistische Mahlgemeinschaft mit evangelischen Christen hin öffnet, zurückgewiesen. „Die Lehrunterschiede sind immer noch so gewichtig, dass sie eine wechselseitige Teilnahme am Abendmahl beziehungsweise an der Eucharistie derzeit ausschließen“, heißt es in dem von Kardinal Luis F. Ladaria unterzeichneten Schreiben an den Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing (vgl. Kommentar).

Dem Schreiben mitgegeben sind sogenannte lehrmäßige Anmerkungen. Diese betonen vor allem die Unterschiede zwischen katholischem und evangelischem Glaubens-, Eucharistie- und Amtsverständnis. Die Vielfalt der Vorstellungen bereits in biblischer und nachbiblischer Frühzeit – bis hin zu den Varianten im Einsetzungsbericht – wird im vatikanischen Text als letzten Endes nicht bedeutsam beurteilt in dem Sinne, dass dies irgendetwas an der von Anfang an gegebenen Einheit und Identität der Kirche relativiere. Gemeint ist die katholische Kirche, die in Kontinuität die Einheit bewahrt habe, die „zur Substanz“ gehört, welche „die Zeiten überdauert“ und „die Grundlage der sakramentalen Verfassung der Kirche“ sei, bezogen auf das „dreigeteilte geweihte Amt“, womit die Auffächerung in Bischof, Priester, Diakon gemeint ist. Alle Entwicklung ist nach Auffassung Roms eine rein „kontinuierliche und inspirierte, von den Ursprüngen ausgehende“. Aufrechterhalten wird also vielfältigen Forschungen zum Trotz die Fiktion einer Kontinuität – wider reale Brüche und Paradigmenwechsel.

Vermisst wird das Opfer

Die Taufe auch in anderen Kirchen sei zwar gültig, das „gemeinsame Band“ dürfe aber nicht „als eine von der konkreten Kirche losgelöste Realität“ wahrgenommen werden. Das heißt: Die Unterschiede im Kirchenverständnis hebt das nicht auf. Als Voraussetzung allgemein für Evangelische, an der katholischen Kommunion teilzunehmen, reiche das nicht aus. Ohne volle Kircheneinheit kann es demnach keine Eucharistiegemeinschaft geben. Das vatikanische Papier unterstellt dem Theologendokument eine „Individualisierung der Ortsgemeinden, die sich nicht mehr an der Einzigkeit des Leibes Christi orientieren“. Ein schwerer Mangel sei demnach, dass die evangelischen Kirchen nicht am geweihten Dienstamt festgehalten hätten und dass die Sukzession der bischöflichen Amtsträger im Sinne einer unaufhörlichen apostolischen Übertragung nicht gegeben sei. Das Theologendokument stelle sich außerdem nicht wirklich dem „wesensmäßigen Unterschied des katholischen Amtspriestertums“, seinem besonderen unverlierbaren Charakter. Hingegen werde eine zu funktionalistische Sicht nahegelegt. Auch sei die Realpräsenz Christi nur an den persönlichen Glauben beim Empfang der eucharistischen Gaben gekoppelt, nicht darüber hinaus an die konsekrierten Gaben in sich.

Den römischen Gutachtern fehlt eine klare Betonung des Opfergedankens der Eucharistie. Ja es werde für den ökumenischen Konsens sogar vorgeschlagen, die Opferaussagen aus den Texten der katholischen Liturgie zu entfernen. Grundsätzlich müsse von evangelischen Christen, die zur katholischen Kommunion kommen, verlangt werden, dass sie bewusst zum gesamten Prozess der liturgischen Feier Ja sagen, also auch zu dem, was im Hochgebet formuliert ist. „Der glaubende Teilnehmer unterschreibt dieses quasi durch sein Amen, das da beinhaltet die Gemeinschaft mit dem Papst und dem Ortsbischof, mit der Kirche des Himmels (mit Maria und allen Heiligen), aber auch mit den Verstorbenen (im Sinne der Fürsprache um Vollendung).“ Einem solchen Bekenntnis könne derzeit jedoch kein lutherischer und noch weniger ein reformierter Christ zustimmen.

Nichts als Apologetik

Schlussendlich wird bemängelt, dass der deutsche Text dem gemeinsamen katholisch-orthodoxen Verständnis zuwiderläuft, wonach die „Wiederherstellung der Gemeinschaft im Glauben“ Voraussetzung für die gemeinsame Teilhabe am Tisch des Herrn ist. Die Tatsache, dass es auch zwischen katholischer Kirche und orthodoxer Kirche eucharistische Gemeinschaft geben kann, ohne dass eine Kircheneinheit vorliegt, wird von den Vatikan-Theologen relativiert.

So wiederholt der vatikanische Einspruch mit vielen Unterstellungen gegen das Theologendokument klassische Behauptungen, ohne auf die seit Jahrzehnten erarbeiteten theologischen Erkenntnisfortschritte einzugehen.Wieder einmal kommt von der Glaubenskongregation nur rein vergangenheitsorientierte Apologetik. Nichts Produktives, nichts Anregendes, nichts, was im epochalen christlichen Plausibilitätsverlust auch nur im Geringsten den Glaubenshorizont auf Zukunft hin weiten, ja überhaupt öffnen könnte.

Liebe Leserinnen und Leser, wir laden Sie ein, sich an dieser ökumenischen Debatte zu beteiligen. red

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