Der Monatsspruch im Januar 2024

Junger Wein gehört in neue Schläuche.
© Dorothea Layer-Stahl

Junger Wein gehört in neue Schläuche.

Markus 2,22 (E)

Hast du Vorsätze fürs neue Jahr? Rund um den Jahreswechsel wird diese Frage unzählige Male gestellt. Hast du Vorsätze? Willst du Neues wagen? Ein neues Urlaubsziel? Ein neues Hobby? Neue berufliche Wege? Doch eh man sich versieht, kommt der Realitätscheck: Ist für die Vorsätze, für das Neue Platz im alten Leben?

Verträgt sich das Neue mit dem Alten? Die Frage stellt sich immer wieder, zu unterschiedlichen Zeiten. Auch zur Zeit Jesu. Verträgt sich das Neue mit dem Alten? Jesu Botschaft war radikal neu. Sein Verhalten brach mit alten Traditionen. Da verwundert es nicht, dass seine Zeitgenossen fragten: Verträgt sich dieser Jesus mit der alten jüdischen Lehre und Tradition? Eben diese Frage steht hinter einer Erzählung, die bei den ersten drei Evangelisten überliefert ist. Menschen traten an Jesus heran und fragten ihn, warum seine Jünger nicht wie die Pharisäer und die Johannesjünger fasten. Warum hielten sie sich nicht an die alten jüdischen Traditionen? Warum verhielten sie sich so ganz anders als andere jüdische Gruppen? Jesu Antwort lautete: „Junger Wein gehört in neue Schläuche“ (Mk 2,22). Jesus greift ein Bild aus dem Winzerwesen auf. Wein wurde damals in Schläuchen aus gegerbten Tierhäuten aufbewahrt. Nach einer gewissen Zeit werden die Häute brüchig. Junger Wein gärt noch und entwickelt Gase. Wird er in die alten Schläuche gefüllt, bekommen sie Risse. Füllt man jungen Wein in alte Schläuche, geht also beides kaputt: Die alten Schläuche zerplatzen und der junge Wein wird verschüttet. Junger Wein gehört in neue Schläuche. Ein guter Winzer weiß das. Jesus greift dieses Bild aus dem Winzerwesen auf. Seine Botschaft ist der junge Wein. Sie konnte nicht in den alten Schläuchen, innerhalb der alten jüdischen Tradition bestehen. Ihre Sprengkraft war zu groß. Sie brauchte neue Schläuche. Die Kirche entstand.

Verträgt sich das Neue mit dem Alten? Mit Entstehen der Kirche hat sich diese Frage keineswegs erübrigt. Im Gegenteil. Sie stellt sich seit mehr als 2000 Jahren immer wieder. In besonderer Weise sahen sich die Reformatoren damit konfrontiert. Verträgt sich die neue reformatorische Botschaft mit der mittelalterlichen Lehre und Praxis? Sie tat es nicht. Die Reformation bedeutete einen Neuanfang. Die evangelische Kirche entstand. Aber auch damit ist die Frage nicht obsolet. Sie ist auch heute aktuell. Die einen wollen alles beim Alten belassen. Die alten Gottesdienstformen und Kirchenlieder bewahren. Keine Anpassung an den Zeitgeist. Neues lehnen sie ab. Die anderen fordern genau das Gegenteil. Es brauche einen Neuanfang: neue, innovative Gottesdienstformen, Musik und Medienarbeit. Über Jahrtausende gewachsene Traditionen seien veraltet, müssten überwunden werden.
Wie damit umgehen? Verträgt sich das Neue mit dem Alten? Jesu Antwort lautet: Es braucht jungen Wein. Es braucht Neues. Und für dieses Neue braucht es neue Schläuche. Das Neue braucht Raum, um sich entfalten zu können. Nicht im Alten verhaften, sondern es wagen, neu zu denken. Jesus spricht sich aber keineswegs gegen Altes aus. Auch das Alte hat seinen Wert. Es hat sich bewährt. Im Lukasevangelium fügt Jesus hinzu: „Und niemand, der alten Wein trinkt, will neuen; denn er spricht: Der alte ist milder“ (Lk 5,39). Wer das Alte liebt, soll beim Alten bleiben. Die Frage ist nicht, was besser ist, sondern für wen was besser ist. Das Alte und das Neue. Beides hat seine Berechtigung. Es schließt sich nicht aus. Das Neue braucht einen eigenen Raum, damit es seine Kraft entfalten kann. Das Alte muss dabei aber nicht verlorengehen. Vor dieser Herausforderung steht Kirche immer wieder. Damals und heute. Mut, neu zu denken, sich auf Neues einzulassen. Vor 2000 Jahren und heute. In der Kirche, in der Gesellschaft, in unserem persönlichen Leben. Hast du Vorsätze fürs neue Jahr? Neues wagen und dabei das Altbewährte nicht vergessen. Das wünsche ich uns fürs neue Jahr.

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