Pro & ContraFasching in der Kita?

Ist es sinnvoll, Verkleidungsfeste mit Kleinstkindern zu veranstalten? Oder überfordert das Spektakel die Jüngsten mehr, als dass es ihnen Freude bereitet? Zwei Experten, zwei Meinungen.

Pro & Contra
© Florian Nütten

Keine Frage ob, sondern wie.

Passen Fasching, Karneval oder Fastnacht in die Krippe? Darüber diskutieren regelmäßig auch die Fachkräfte der Jüngsten, z. B. ob das Verkleidungsfest als Brauchtum dazugehört oder nicht gefeiert werden sollte, weil insbesondere Kleinkinder ängstlich auf als Krokodil, Gangster oder Cowgirl verkleidete Mitmenschen reagieren können. Muss man die Kinder also vor dem Kostüm-Schreck schützen?
Erstes Nein: Kleinkinder mit Geschwistern, gar Eltern, die beim närrischen Treiben mitmachen, schützt man nicht, indem man auf das Fest verzichtet – es ist ja trotzdem da. Den Kindern hilft es, in der Kita zu erleben, was hinter diesem gelebten Brauchtum steckt.
Zweites Nein: Es kommt auf das „Wie“ an. Den Krippen-Fasching sollte man so feiern, dass Kinder verstehen: Aha, so wird der Mensch zum Krokodil und dann wieder zum Menschen! Das heißt: Wir verkleiden und schminken uns gemeinsam, um unsere Veränderung miterleben zu können. Über etwas gruselige Kostüme und irritierende Verhaltensweisen reden wir.
Drittes Nein: Bitte nicht übersehen, dass es in fast jeder Kita ganzjährig Verkleidesachen in der Rollenspielecke gibt. In den Einrichtungen laufen täglich verkleidete zwei- bis sechsjährige Prinzessinnen, Polizisten oder Dinos herum, ohne dass die Jüngsten vor Schreck die Augen aufreißen. Verkleiden ist Alltag, Spiel und Spaß. Und nebenbei erfährt man intuitiv, wie es sich anfühlt, jemand ganz anderes zu sein.

Kita ist nicht der richtige Ort.

Die Diskussionen um Fasching für Kleinkinder verfolge ich zunehmend mit pädagogischem und entwicklungspsychologischem Unmut. Was spricht dafür, Kinder mit einer Tradition bekannt zu machen, die selbst von vielen Erwachsenen als unangenehm empfunden wird? Schlimmer noch: Die Kinder sind gar nicht in der Lage, die Entscheidung für oder gegen das Fest willentlich zu treffen. Hinzu kommen entwicklungspsychologische Aspekte. Selbst Zweijährige haben hin und wieder noch Schwierigkeiten, sich selbst als eigenständige Personen wahrzunehmen, z. B. im Spiegel. Die Transformation in eine Fantasiefigur ist im Rahmen kleinkindlicher Denkprozesse unvorstellbar. Hinzu kommt, dass Kinder bis zum dritten Lebensjahr Schwierigkeiten damit haben, vertraute Bezugspersonen wiederzuerkennen, wenn sich deren Äußeres verändert. Das beim Fasching hinzukommende „lustige Unkonventionelle“, wie ein geänderter Tagesablauf, fehlende Routinen und laute Musik, belastet Kleinkinder zusätzlich. Die kindliche Bindungssicherheit kann unter diesen Umständen nicht gewährleistet werden. Der Fasching wird quasi zum ersten Tag einer „Eingewöhnung“ in eine völlig fremde Situation. Meine Empfehlung: Legen Sie von vornherein fest, dass in Ihrer Einrichtung keine Verkleidungsfeste gefeiert werden. Verzichten Sie auch auf kleinste Veränderungen Ihres Äußeren. Geben Sie elterlichen Forderungen bitte nicht nach. Wenn Mütter und Väter zu Hause Fasching mit ihren Kindern feiern wollen, kann es ihnen kaum verwehrt werden. In professionellen Kindertageseinrichtungen hat das Faschingfeiern jedoch keinen Platz.  

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