Tageskinder und eigene Kinder gleichzeitig betreuenAlle im Blick

Wenn Tageskinder im Privathaushalt betreut werden, in dem auch die eigenen Kinder leben, ist es Aufgabe der Tagespflegeperson, die Interessen und Bedürfnisse aller unter einen Hut zu bringen.

Obwohl laut Statistischem Bundesamt immer mehr Tageskinder außerhalb privater Haushalte betreut werden, findet die Kindertagespflege gegenwärtig zu immerhin 80 Prozent in den Privaträumen einer Tagesmutter statt. Durch das mögliche Zusammentreffen von Tageskindern und eigenen Kindern der Betreuungsperson ergibt sich eine besondere Schlüsselsituation in der Kindertagespflege: den Bedürfnissen aller gerecht zu werden.

Die Pflegeerlaubnis

Um überhaupt als Tagesmutter arbeiten zu dürfen, ist beim zuständigen Jugendamt eine Pflegeerlaubnis nach Paragraph 43 Sozialgesetzbuch VIII zu beantragen. Dabei erstreckt sich die Pflegeerlaubnis grundsätzlich auf die Betreuung von maximal fünf gleichzeitig anwesenden fremden Kindern. Im Ausnahmefall kann die Fachberatung des Jugendamtes die Anzahl der betreuten Kinder auch auf weniger als fünf Kinder beschränken, wenn eine Überforderung der Tagesmutter droht. Diese Gefahr könnte aus Sicht des Jugendamtes z. B. dann bestehen, wenn die Betreuungsperson selbst noch eigene, insbesondere jüngere Kinder zu versorgen hat. Unabhängig davon sollte aber jede Tagesmutter vor Aufnahme ihrer Betreuungstätigkeit ehrlich prüfen, ob und wie sie in ihrem individuellen familiären und räumlichen Umfeld der anspruchsvollen Aufgabe gerecht werden kann. Vielleicht gelangt sie so zu der Erkenntnis, dass es im Interesse aller Beteiligten sinnvoller ist, weniger Tageskinder aufzunehmen. Denn eine überforderte Tagesmutter kann weder den eigenen noch den fremden Kindern mit der notwendigen Gelassenheit, Übersicht und liebevollen Zuwendung begegnen.

Die besondere Betreuungskonstellation

Ihre Vorteile Treffen eigene und fremde Kinder aufeinander, können alle Beteiligten davon profitieren. Neben dem offensichtlichen Vorteil für die eigenen Kinder, dass die Mutter zu Hause arbeitet und jederzeit ansprechbar ist, ergeben sich aus dem sozialen Miteinander der eigenen und fremden Kinder weitere positive Effekte: Ist ein Kind neu in der Gruppe, kann ihm seine unbefangene Neugier auf das Kind der Tagespflegeperson möglicherweise helfen, Vertrauen zur Betreuungsperson und der neuen Umgebung aufzubauen. Das eigene Kind wiederum wird Teil einer Kindergruppe mit Jungen und Mädchen unterschiedlichen Alters und profitiert so von den Lernchancen, die der gemeinsame Alltag und das gemeinsame Spiel bieten: Die Kinder können in der Gruppe spielerisch Fähigkeiten üben, die sie z. B. in ihrer sozial-emotionalen Entwicklung stärken: Rücksicht nehmen, Schwächeren helfen, sich in eine Gruppe einfügen und dabei evtl. eigene Interessen zurückstellen, aber auch selbstbestimmt handeln und die eigenen Belange vertreten.

Mögliche Probleme
Doch wie in jeder Gemeinschaft kann es auch hier zu Konflikten kommen, z. B. in Konkurrenzsituationen oder durch den Mangel an ungeteilter Aufmerksamkeit, verbunden mit kindlichen Verlustängsten des eigenen Kindes (bezüglich der Mutter, des Zuhauses, der eigenen Spielsachen).
Ihre Zuwendung und Aufmerksamkeit gerecht und angemessen zwischen den eigenen und fremden Kindern zu verteilen, kann für die Tagespflegeperson zum Drahtseilakt werden. Einerseits darf die natürlich empfundene Mutterliebe dieser Aufgabe nicht im Wege stehen oder gar zu einer offensichtlichen Bevorzugung der eigenen Kinder führen. Andererseits besteht die Gefahr, das eigene Kind mit seinen Bedürfnissen bewusst hintanzustellen, um auch nur der geringsten Benachteiligung entgegenzuwirken. Es gilt, einen gesunden Mittelweg zu finden: die besonders intensiven Gefühle als Mutter zu akzeptieren, aber die Bedürfnisse des fremden Kindes nach Geborgenheit und Aufmerksamkeit professionell zu erfüllen. Falls das eigene Kind während der Betreuungszeiten einen Mangel an mütterlicher Zuwendung signalisiert, kann sich die Tagespflegeperson ihrem Kind zu bestimmten Zeiten außerhalb der Tagespflege besonders intensiv zuwenden.
Dass es nicht immer perfekt gelingen kann, allen gerecht zu werden, ist normal. Aber gerade deswegen ist es sinnvoll, das eigene Handeln fortlaufend zu reflektieren und so zu professionalisieren. Das hilft auch dabei, eigene Grenzen zu erkennen und im Umgang mit den Kindern authentisch zu bleiben. Aufgesetzte Gefühle werden von den feinen kindlichen Antennen sofort entlarvt. Kinder spüren den Unterschied zwischen echter Zuwendung und oberflächlicher, gespielter Aufmerksamkeit.

Die Familie im Blick

Es ist sicher hilfreich, bereits im Vorfeld die familiären Befindlichkeiten sorgfältig auszuloten. Dem eigenen Kind sollte immer das Recht zugestanden werden, einen Teil des eigenen Spielzeugs nach vorheriger Absprache weiterhin ausschließlich selbst zu nutzen. Dieser wird in einer eigenenSpielkiste außerhalb der Reichweite der Tageskinder aufbewahrt. Parallel dazu darf jedes Tageskind eigene Spielsachen mitbringen. In manchen Fällen erstreckt sich die Kindertagespflege auf den gesamten Wohnbereich. Wenn die Ruhezeiten der Tageskinder evtl. Rückzugsmöglichkeiten der eigenen Kinder blockieren, sollte die Tagesmutter räumlich und zeitlich flexibel für Alternativen sorgen. Der Schlafraum des eigenen Kindes sollte grundsätzlich nur von ihm selbst genutzt werden.
Frühzeitige Gespräche, auch mit dem Lebenspartner, bereiten auf die häusliche Berufsausübung vor, und helfen, zwei ineinander greifende Tagesabläufe sorgfältig aufeinander abzustimmen. Dabei befinden sich beide Tagesrhythmen in einem fortlaufenden Prozess und müssen immer wieder an sich wandelnde Gegebenheiten angepasst werden. Starre Strukturen sind hier fehl am Platz. Spätestens dann, wenn das eigene Kind oder der Partner Anzeichen von Unzufriedenheit zeigt, ist es Zeit, die häusliche Situation gemeinsam zu überdenken und gegebenenfalls zu korrigieren.
Unabhängig davon hat jede Tagesmutter, die eigene und fremde Kinder zu Hause betreut, die interessante Möglichkeit, das eigene Kind aus einer anderen Perspektive zu erleben, quasi aus der professionellen Sicht einer Erzieherin. Sie kann als solche die Entwicklung des eigenen Kindes innerhalb der Gruppe wahrnehmen.
Mit einer positiven Grundeinstellung, zunehmender Erfahrung und Professionalität sollte der Tagesmutter – wie jeder anderen Familienmanagerin auch – der Spagat gelingen, Beruf und Familie bestmöglich in Einklang zu bringen.

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