„Wie werden Sie in einer altersgemischten Gruppe allen Kindern gerecht?“Elternbeirat fragt – Kita-Leitung antwortet:

Der Rechtsanspruch für Kinder unter drei Jahren naht und deshalb hat die Stadt beschlossen, in den Kindertageseinrichtungen ihrer Trägerschaft verstärkt Regelgruppen in altersgemischte Gruppen umzuwandeln. Auf diese Weise will sie die noch fehlenden Kleinkindplätze schaffen. Prompt meldet sich der Elternbeirat einer städtischen Kita zu Wort und fragt wegen dieser Umstrukturierung nach - vor allem aus Sorge um die Entwicklungsmöglichkeiten der einzelnen Kinder. Die langjährige Kita- Leiterin Miriam Pohl schildert ihre Erfahrungen, wie dieses Thema angegangen werden kann.

Um die berechtigte Nachfrage aus den Reihen des Elternbeirats konzeptionell beantworten zu können, ist es ratsam, innerbetrieblich gut „gerüstet“ zu sein. In unserem Fall haben wir uns im Vorfeld innerhalb des Teams fachlich auseinandergesetzt. Orientiert haben wir uns dabei an folgenden Ausgangsfragen:

  • Was müssen wir berücksichtigen und ggf. verändern, wenn die Kleinen dazukommen?
  • Welche Konsequenzen hat das für uns als Fachkräfte, als Team?
  • Welche Rahmenbedingungen (Personal, Räume etc.) brauchen wir für die Umstrukturierung?
  • Welche Vorteile, aber auch Risiken bietet eine altersgemischte Gruppe?

Als wir von der geplanten Umstrukturierung in unserer Kita erfuhren, war uns natürlich sofort klar, dass mit der Arbeit in einer altersgemischten Gruppe eine große Herausforderung auf uns zukommt. Denn in dieser Gruppenform ist es wesentlich schwieriger, immer allen Kindern gerecht zu werden. Andererseits entspricht die altersgemischte oder auch geöffnete Gruppe viel eher dem Leben. Denn selten kommen Kinder oder auch Erwachsene in altershomogenen Gruppen zusammen.

Unser gesamtes Team trägt dieses Konzept mit und wir achten darauf, entsprechend gut miteinander zu kooperieren. Wir haben vorab die erforderlichen Rahmenbedingungen geklärt und haben beispielsweise Ausweichräume für die Arbeit in Kleingruppen geschaffen. Auch einen größeren Ausweichraum haben wir eingerichtet. Vom Träger wurde uns eine zusätzliche Fachkraft genehmigt.

Wir beobachten, dass sich in unserer Gruppe der Zwei- bis Sechsjährigen die Kinder mehr und unterschiedlichere Kompetenzen aneignen. Die jüngeren Kinder lernen von den älteren Kindern, sie erweitern z.B. ihren Wortschatz schneller, schauen sich Konfliktlösungsstrategien ab. Häufig stellen wir bei einzelnen Kleinkindern sogar eine raschere Sauberkeitsentwicklung fest. Die älteren Kinder wiederum lernen Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft und Empathie. Zwischen unterschiedlich alten Kindern haben sich Freundschaften entwickelt, die mittlerweile schon lange andauern. Auch konnten wir durch die neue Gruppenform den Wechsel von Bezugspersonen verringern, da für die Kinder jetzt beispielsweise der Übergang aus der Krippe in den Kindergarten entfällt. Die altersgemischte Gruppe hat also eindeutig Vorteile gebracht. Sie beinhaltet aber auch neue Aufgaben für unsere pädagogischen Fachkräfte. Ganz bewusst lassen wir einerseits viele Angebote gemeinsam stattfinden, andererseits planen wir sie aber vereinzelt auch altersspezifisch. Den Morgenkreis mit Bilderbuchbetrachtung oder Singspiele führen wir immer mal auch getrennt in den Ausweichräumen durch. Uns ist ja bewusst, dass die Kinder auf einem unterschiedlichen Entwicklungsstand sind und demnach auch unterschiedliche Bedürfnisse haben.

Die Mitglieder unseres Teams unterstützen sich in ihrer Arbeit gegenseitig, etwa in Form von kleineren Projekten für bestimmte Inter- essen der Kinder. Dass eine gute Kommunikation und Kooperation im Team grundlegende Voraussetzung für das Funktionieren ist, erleben wir tagtäglich. Um in der Gruppe jedes Kind im Blick zu haben, haben wir im Vorfeld ein Gruppenkonzept entwickelt, das Beobachtung und Dokumentation gezielt und systematisch einsetzt. Und wir hoffen, dass es uns gelungen ist, z.B. durch die Portfolioordner jedes Kindes die notwendige Transparenz gegenüber Ihnen, den Eltern, zu schaffen. Anhand der Ordner wird auch deutlich, dass kein Kind „übersehen“ wird und seine Bedürfnisse individuell wahrgenommen werden.

Die Räumlichkeiten haben wir so umgestaltet, dass sie den Kindern bei Bedarf auch Rückzugsmöglichkeiten bieten, wir sie aber trotzdem im Blick haben. Die Bauecke liegt jetzt auf einer Hochebene, die nur für die älteren Kinder zugänglich ist. Diese waren nämlich immer wieder frustriert - verständlicherweise -, wenn ihr tolles Bauwerk von einem Kleinkind umgeschubst wurde. Nun können sie in Ruhe bauen, ohne gestört zu werden. Für die jüngeren Kinder haben wir eine Ecke zum Kuscheln eingerichtet, in der aber auch weiche, große Bausteine zur Verfügung stehen, die ihnen Erfahrungen in diesem Bereich ermöglichen. Wir stellen fest, dass durch die neu geschaffenen gemeinsa- men Spielbereiche, wie z.B. den höhenverstellbaren großen Maltisch, ständig neue Gemeinschaftsaktionen der Kinder entstehen. Dann versuchen die jüngeren Kinder, den älteren Kindern etwas nachzumalen.

Als Leitung lege ich besonderen Wert darauf, dass die Mitarbeiterinnen nach Möglichkeit immer ausreichend Vor- und Nachbereitungszeiten haben, um den Spagat zwischen „groß“ und „klein“ zu schaffen und allen Kindern gerecht zu werden. Unsere Fachkräfte verfügen über umfassende entwicklungspsychologische Kenntnisse, die sie sich aber teilweise vorab noch aneignen mussten bzw. auffrischen und vertiefen mussten. Bei uns haben die Eltern außerdem Möglichkeiten zu hospitieren, um ihr Kind im Spiel zu erleben und die Arbeitsweise der Erzieherinnen kennenzulernen. Das ist Teil der pädagogisch durchdachten Eingewöhnungszeit, was wiederum Vertrauen schafft - die Grundvoraussetzung für eine gelingende Erziehungspartnerschaft.

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