Die Verhandlungen über eine neue EntgeltordnungBetrifft: Mehr Gehalt und Wertschätzung

Mit Wirkung zum 31. Dezember 2014 hatten die Gewerkschaften ver.di und GEW die 2009 ausgehandelten Sozial- und Erziehungsdienst-Tarifregeln gekündigt, die die Eingruppierung betreffen, und mit den Arbeitgebern zunächst zwei Verhandlungstermine angesetzt. Der Auftakt der Gespräche fand während der Bildungsmesse ‚didacta‘ Ende Februar in Hannover statt. Geführt werden die Verhandlungen für ca. 1,2 Millionen sozialversicherungspflichtige Beschäftigte.

Deutliche Aufwertung der Berufe im Sozial- und Erziehungsdienst (SuE) durch bessere Eingruppierung! So lautete die zentrale Forderung der Gewerkschaften, mit der sie in die Verhandlungen über eine neue Entgeltordnung eintraten. In fünf Verhandlungsrunden stritten GEW, ver.di sowie Beamtenbund und Tarifunion darum, dass den vollmundigen Worten vieler Politiker jetzt endlich auch konkrete Taten folgen sollten.

In den zurückliegenden Jahren haben sich die Anforderungen an die Qualifikation und Tätigkeit des pädagogischen Fachpersonals in Kindertageseinrichtungen deutlich erhöht. Bildungspläne, Inklusion, Kinderschutz, Qualitätsentwicklung und Evaluationsverfahren sind dabei nur einige Stichwörter, so Norbert Hocke von der GEW. Aber auch die gesellschaftlichen Erwartungen an die Qualität der pädagogischen Arbeit sind in den letzten Jahren stetig gestiegen. Nimmt man das alles zusammen, dann verdienen die SuE-Beschäftigten im Verhältnis zu vergleichbaren Berufen noch immer zu wenig.

Gegenstand der Verhandlungen war aber nicht die Gehaltstabelle, sondern die Eingruppierung - also die Zuordnung von Tätigkeiten zu Entgeltgruppen. Daher fordern die Gewerkschaften die dringend notwendige Überarbeitung und Modernisierung der Tätigkeitsmerkmale für die Eingruppierung. Diese stammen größtenteils noch aus den 1970er-Jahren. Außerdem müssten Tätigkeitsmerkmale für Schulsozialarbeit, Fachberatung und Kindheitspädagoginnen neu in die Entgeltordnung aufgenommen werden. Auch sollten sich beispielsweise Zusatzqualifikationen stärker auf die Bezahlung auswirken und einschlägige Berufserfahrung umfänglicher als bisher anerkannt werden.

Hätten die Gewerkschaften mit ihren Forderungen Erfolg, dann würde dies im Gesamtvolumen zu einer Gehaltssteigerung von durchschnittlich 10 Prozent führen. Indirekt würden von einem Tarifergebnis mit den kommunalen Arbeitgebern aber auch die mehr als 500.000 SuE-Beschäftigten der freien und kirchlichen Träger profitieren. Denn diese orientieren sich an den Löhnen und Gehältern, die im öffentlichen Dienst gezahlt werden.

Aber es geht nicht nur um eine Aufwertung der Berufsgruppe zum gegenwärtigen Zeitpunkt. In Zukunft wird die demografische Entwicklung in Deutschland dazu führen, dass bestimmte Branchen um Nachwuchs konkurrieren werden, so ver.di-Vorstandsmitglied Achim Meerkamp gegenüber Deutschlandradio. Der öffentliche Dienst wird sich noch wundern, dass er nicht genügend Nachwuchs hat, wenn er nicht angemessen bezahlt.

Nach den ersten ergebnislosen Gesprächen in Hannover kommentiert der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske: „Die Arbeitgeber haben zwar in der ersten Verhandlungsrunde die gesellschaftliche Bedeutung der Sozial- und Erziehungsberufe betont, sehen aber dennoch keine Notwendigkeit zur besseren finanziellen Bewertung dieser Tätigkeiten. Deshalb werden die Beschäftigten ein Zeichen setzen, wie wichtig ihre Arbeit tatsächlich ist.“

Dem Argument der Arbeitgeber, dass sich die Wertschätzung für die Berufsgruppe bereits im jetzigen Tarifrecht zeige und die Tarifparteien 2009 eine gesonderte SuE-Gehaltstabelle vereinbart hätten, halten die Gewerkschaften entgegen, dass es vor sechs Jahren gerade einmal gelungen sei, Verschlechterungen beim Wechsel von BAT zu TVöD im Jahr 2005 zu korrigieren. Jetzt gehe es dagegen um die überfällige Verbesserung der Bezahlung. Kaum überraschend fällt da die Antwort der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) aus: „Die Forderungen halten wir für vollkommen unrealistisch“, so deren Vertreter Hartmut Matiaske. Und VKA-Hauptgeschäftsführer Manfred Hoffmann: „Für pauschale Erhöhungen gibt es keinen Raum, das gehört in Lohnrunden.“

Inzwischen kommt es zu ersten Warnstreiks und Demonstrationen der Beschäftigten, was von Arbeitgeberseite natürlich aufs heftigste kritisiert wird.

Im Bereich Kita-Leitung schlägt die VKA vor, gemeinsam die Kriterien für die Eingruppierung zu überarbeiten. Problematisch sei aus ihrer Sicht aber, dass sich eine jährliche Belegungsschwankung in den Kitas auf die Eingruppierung der Leitungskräfte auswirken könne. In deren Interesse wollen die Gewerkschaften jedoch die Eingruppierung generell nicht mehr von der Platzzahl abhängig machen und mindestens bei Entgeltgruppe S11 ansetzen.

Mit weiteren Warnstreiks und Demonstrationen in mehreren Bundesländern protestieren die Beschäftigten gegen die Verweigerungshaltung der Arbeitgeber und erwarten ein verhandlungsfähiges Angebot.

Im Verlauf der Verhandlungen werfen die Arbeitgeber die Frage auf, wo denn die Erzieherinnen im Gehaltsgefüge des öffentlichen Dienstes stehen sollten. Dabei scheut die VKA auch nicht den wenig zielführenden Vergleich mit anderen Ausbildungsberufen des öffentlichen Dienstes wie z. B. Handwerkern, Brandmeistern bei der Feuerwehr oder staatlich geprüften Technikern.

Mittlerweile sind die Verhandlungen Ende April in der fünften Runde angekommen. Ein Papier, das die VKA vorlegt, enthält zwar Vorschläge für punktuelle Verbesserungen einzelner Berufsgruppen, dies aber nur ziemlich vage. Für mögliche Erhöhungen komme es jedoch immer auf die Anforderungen und Tätigkeiten der jeweiligen Beschäftigten an. Die Gewerkschaften sehen in den Vorschlägen bestenfalls Detailkorrekturen, die zudem weit von substanziellen Gehaltserhöhungen für die Beschäftigten entfernt sind. Die angestrebte generelle Aufwertung der Sozial- und Erziehungsberufe werde damit auf keinen Fall erreicht. Diese wiederum wird von den Arbeitgebern nach wie vor abgelehnt. Aufgrund der Verweigerungshaltung auf Arbeitgeberseite endet auch die fünfte Verhandlungsrunde ohne Ergebnis. Die drei beteiligten Gewerkschaften erklären das Scheitern und rufen ihre Mitglieder im SuE-Bereich zu einer Urabstimmung über unbefristete Streiks im Mai auf. Erforderlich sind 75 Prozent Zustimmung der Mitglieder.

Redaktionsschluss: 4.5.2015

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