Reise zum inneren Frieden der Welt – Labyrinth-Andacht für Frauengruppen

Hinweis: Für die Andacht braucht es eine freie Bodenfläche von mindestens 40qm, auf der ein Labyrinth gelegt werden kann. Das Labyrinth braucht,damit eine Person gut hindurchgehen kann, einen Durchmesser von mindestens 6m, größer ist besser. Zum Legen des Labyrinthes können verschiedeneMaterialien, je nach Boden, genommen werden: Im Freien auf einer Wiese bieten sich Sägespäne oder Kalk an, auf Asphalt kann es mit Kreide aufgemaltwerden. Im Raum kann das Labyrinth mit Krepp-Papier auf dem Boden aufgeklebt werden, das hat den Vorteil, dass die Ränder nicht aus Versehen zerstörtoder verschoben werden. Es können auch Schnüre oder Legematerialien verwendet werden. Achtung: Die Strecke ist sehr lang, es wird viel Materialbenötigt: Für einen Durchmesser von 6m brauchen Sie z.B. zwei Schnüre von je 40m.
Eine Anleitung zur Erstellung eines Bodenlabyrinths finden Sie im Downloadarchiv. Ebenso eine Kopiervorlage des Labyrinthes zur Erstellung vonKopien zum Verteilen. Sollte die Gruppe größer als 20 Personen sein oder der Raum zu klein für ein Bodenlabyrinth, kann jede Person auf dem Ausdruckdas Labyrinth mit dem Finger oder einem Stift nachgehen.- Stifte in einem Körbchen oder einer Schachtel bereitstellen.
Und noch ein wichtiger Hinweis: Das Labyrinth von Chartres eignet sich nicht für diese Meditation, es sollte unbedingt das »Ur-Labyrinth«, wie hierabgebildet, verwendet werden.

Lied zum Beginn: GL 323 »Du hast mein Klagen in Tanzen verwandelt«

Liturgischer Gruß

Wir haben uns zum Gottesdienst versammelt im Namen Gottes, des Vaters und der Mutter, und des Sohnes und des Heiligen Geistes.- Alle: Amen.

Einführung

Heute wollen wir uns auf eine Reise begeben: auf die Reise zum inneren Frieden- dem Frieden in uns selbst und dem inneren Frieden unserer Welt. Vor allem Letzteres klingt in Ihren Ohren vielleicht nach einem recht fernen Ziel. Doch wenn wir uns bewusst machen, dass »die Welt« kein ferner Ort ist, keine Realität weit außerhalb unserer kleinen Gruppe hier, sondern dass wir alle Teil dieser Welt sind, das wir »die Welt« sind, dann ahnen wir, dass beide Ziele auf dem gleichen Weg zu erreichen sind: der Frieden in uns selbst und der innere Frieden der Welt.

Ich rede auch ganz bewusst vom »inneren« Frieden der Welt, denn dieser ist es, den wir in unserem eigenen Leben mitgestalten. Für den »äußeren« Frieden sind tatsächlich- und leider- einzelne Menschen zuständig, denen wir durch unsere selbst geschaffenen Herrschaftsstrukturen die entsprechende Macht überlassen haben.

Das Labyrinth kennenlernen

Wir haben für diesen Gottesdienst ein Labyrinth errichtet. Seine Form ist die ganz ursprüngliche, einfachste Form, die über viele Jahrtausende bereits aus vorpatriarchalen Zeiten überliefert ist. In späteren Jahrhunderten, vor allem ab dem Mittelalter, wurden die Labyrinthe immer komplizierter gestaltet, aus einer ganz harmonischen, in sich organischen Ur-Form als Abbild unseres Lebenswegs, wurden hochmathematische, artifizielle Kunstwerke, deren Durchschreiten zum reinsten Hindernislauf wurde. Auch diese Labyrinthe sind durchaus ein Abbild unserer Lebenswege, die ja tatsächlich oft nicht mehr den natürlichen Verläufen und Rhythmen folgen, sondern nach menschengemachten Regeln funktionieren sollen. Aber sie führen uns gerade dadurch auch nicht wieder zurück zu unserer wahren Natur.

Wir wollen uns heute der heilsamen Wirkung des Ursprünglichen hingeben und darin unserem inneren Frieden wieder auf die Spur kommen.

Erster Gang durch das Labyrinth

Im Laufe dieses Gottesdienstes werden wir uns vom Weg des Labyrinthes leiten lassen, wir werden uns von seinen Formen, Umgängen und Wendungen inspirieren lassen, über unseren eigenen Lebensweg nachzudenken. Es wird uns dabei nicht nur viel über uns verraten, sondern auch darüber, wie wir über Generationen hinweg letztlich alle zusammengehören.

Der erste Gang durch das Labyrinth soll uns mit seinem Weg vertraut machen. Nacheinander kann jetzt jede von uns diesen Weg einmal gehen.

Je nach Gruppengröße gibt es verschiedene Möglichkeiten: Für einen Durchgang braucht eine Person je nach Größe und Schritttempo 2-4 Minuten. Wenn also jede den Weg komplett alleine geht, wären das bei einer Gruppe von 10 Frauen bereits 20-40 Minuten. Es empfiehlt sich daher die folgende Variante: Die erste Frau geht in das Labyrinth, sobald sie am gegenüberliegenden Scheitelpunkt angelangt ist, geht die zweite los und so weiter. Die Frauen treffen einander an einigen Stellen, gehen je nach individuellem Tempo streckenweise auch parallel, dann wird es bei der Minimalgröße des Labyrinthes eventuell etwas eng. Hier sollten alle versuchen, ruhig und bei sich zu bleiben- bei Begegnungen mit einer Entgegenkommenden kurz grüßen und ausweichen. Diese Variante dauert etwa 5-10 Minuten pro 10 Personen. Während des Durchgangs kann meditative Musik eingespielt werden.

Meditation »Lebensweg«

Das Labyrinth ist das Ursymbol für unseren Lebensweg. Wir treten ein, wir gehen unseren Weg in großen und kleinen Runden, wir kommen immer wieder an Wenden; wir pendeln von rechts nach links und von links nach rechts; nach einer Weile des Wegs gelangen wir zur Mitte; die Mitte beschenkt uns mit einer kurzen Weile der Ruhe und der Erkenntnis, dass der Weg, der nun vor uns liegt, kein ganz neuer mehr sein wird. Wir kennen ihn und kennen ihn noch nicht; wir sind reif und erfahren geworden. Auch der Rückweg besteht aus den gleichen großen und kleinen Runden, aus den Kehren und Wenden -und jeder Meter ist wie eine zweite Chance. Am Ende kommen wir wieder da an, wo wir hergekommen sind. Am Ende dieses Lebensweges haben wir einen Kreis in seiner Gesamtheit und Fülle komplett erwandelt. Jeden einzelnen Meter haben wir mit unserer Präsenz erfüllt, am Ende steht das Bild der Vollkommenheit des Endlichen: ein ausgefüllter Kreis. Dann treten wir wieder hinaus in den unendlichen Raum Gottes, der uns ins Leben geschickt hat und nun wieder aufnimmt in seiner Ewigkeit.

- Stille -

Lied: GL 85 »Ausgang und Eingang« (Kanon)

Zweiter Durchgang auf dem Blatt

Beim zweiten Durchgang durch das Labyrinth soll jede ganz für sich sein können, ihr eigenes Tempo finden, nicht gestört werden. Darum haben wir Blätter vorbereitet, auf denen das Labyrinth abgebildet ist. Ihr könnt (Sie können) den Weg mit dem Finger abgehen oder euch (sich) einen Stift nehmen. Geht (Gehen Sie) den Weg ruhig ein paar Mal und achtet (achten Sie) nach den ersten Durchgängen einmal vor allem auf die Bewegung im Ganzen. Wer mag, kann für sich versuchen, den Weg durch das Labyrinth in großen Bewegungen vor sich in die Luft zu malen. Erspürt (Erspüren Sie) den Rhythmus, der diesem Weg zugrunde liegt, das Pendeln, das Kreisen, das Wiegen, den Tanz, …

Meditation: Im Rhythmus des Lebens

Nach einiger Zeit kann in die stille Beschäftigung der Frauen mit dem Labyrinth hinein die Meditation gesprochen werden:

Das Leben zu durchschreiten heißt nicht, auf geradem Weg von A nach Z zu laufen. Das Leben zu durchschreiten heißt, es in seiner ganzen Fülle zu erleben, den Kreis auszufüllen. Und das geht tatsächlich nur auf dem Weg durch das Labyrinth.

Meist werden uns zwei andere Bilder für unser Voranschreiten in der Zeit angeboten: die Linie von einem Punkt zum anderen- und die Spirale. Keines dieser beiden Bilder bildet jedoch unseren Weg im irdischen Leben wirklich passend ab: Die Spirale kennt keine Mitte, keine Wende, keinen Rückweg, sie lässt sich bis in die Unendlichkeit weiterführen. Die Linie zwischen zwei Punkten füllt keinen Raum, kennt keinen Ausweg, keinen Umweg, Anfang und Ende bleiben immer getrennt.

Mein Weg durch das Labyrinth des Lebens ist wie ein großer Tanz. Ich schreite voran, ich drehe mich, ich kreise von einer Seite auf die andere, ich wiege, ich schwinge. Mein Weg hat seinen eigenen Rhythmus, sein Geben und Nehmen, sein Auf und Ab, sein Vorwärts und Rückwärts, sein Schnell und Langsam, sein Schreiten und Innehalten.

Die unerwartete Kehre, sie gehört zur Fülle des Lebens. Der Richtungswechsel, er gehört zur Fülle des Lebens. Hinweg und Rückweg gehören zur Fülle des Lebens.

Spüre diesem Rhythmus deines Lebens nach.

Lesung: Koh 3,1-8

Lied: GL 415 »Vom Aufgang der Sonne« (Kanon)

Dritter Durchgang durch das Labyrinth: Der Friedensweg

Beim dritten und letzten Durchgang durch das Labyrinth lassen wir durch die festgelegte Reihenfolge des Eintritts eine Choreografie entstehen, die zu einem eindrücklichen Sinnbild von Einheit, Harmonie und Frieden wird. In dem Augenblick, in dem die achte Frau das Labyrinth betritt, entsteht eine Reihe von außen bis in die Mitte hinein -alle Frauen reichen sich die Hände und umschreiten den Kreis des Lebens einmal komplett parallel.

In diesem Bild erspüren wir die Kraft des Lebens und der Gemeinschaft, die entsteht, wenn wir uns alle auf den natürlichen Rhythmus des Lebens rückbesinnen. Jede geht ihren eigenen Weg mit seinen Kehren und Wenden, mit seinen langen und kurzen Abschnitten. Sie geht ihn in Achtsamkeit auf sich selbst, aber auch auf die anderen, mit denen sie das Leben teilt. Und so fügt sich Runde für Runde die Gemeinschaft zusammen. Immer wieder gehen einzelne Frauen parallel -wer will, kann die parallel laufende Frau einladen, ein Stück weit Hand in Hand zu gehen. Dann wieder trennen die Kehren die beiden Wege, jede geht für sich weiter, trifft auf andere Frauen. Der Augenblick der perfekten Gemeinschaft, wenn alle die gleiche Runde parallel gehen, ist ebenso vergänglich, denn nach der Runde wird jeweils eine der Frauen das Labyrinth verlassen. Doch zugleich kann er, einmal in Gang gebracht, unendlich fortgeführt werden, wenn immer wieder eine andere Frau das Labyrinth neu betritt.

Die Zeichnung zeigt, in welcher Reihenfolge die Frauen sich bewegen. Es betritt immer dann eine neue Frau das Labyrinth, wenn die vorhergehende die zweite Kehre hinter sich gelassen hat (vom Eingang aus die äußerste linke Kehre).

Austausch zum Nachklingen

Nachdem die letzte Frau das Labyrinth verlassen hat und alle wieder sitzen, kann eine kurze Austauschrunde angeschlossen werden. Jede Frau erzählt, welches Bild, welches Gefühl, welche Erkenntnis für sie am eindrücklichsten war. Es soll kein Gespräch und keine Diskussion entstehen, die Beiträge bleiben unkommentiert.

Psalmengesang (Nach Psalm 128)

Wohl der Tochter,
die Gott, ihre Mutter,
fürchtet und ehrt.
Was deine Hände erwarben,
kannst du genießen,
wohl dir, es wird dir gut ergehen.
Wie ein fruchtbarer Weinstock bist du
in der Gänze deines Wesens.
Deine Seele ist wie eine blühende Landschaft,
fruchtbar, unverwechselbar schön.
Deine Gedanken sind geordnet und klar.
Du bewohnst einen heiligen, unverletzlichen Leib.
Deine Werke dienen dem Leben.
Was du hervorbringst, gedeiht.
So wird die Tochter gesegnet,
die Gott, ihre Mutter, fürchtet und ehrt.
Es segne dich die Allmächtige von ihrem heiligen Berge her.
Du sollst dein Leben lang das Glück des Friedens schauen
und die Früchte deiner Arbeit genießen.
Frieden über dem Land der Töchter!

Aus: Ute Elisabeth Mordhorst / Martina Jung:
»Ich will dir neue Namen geben. Ein Frauenbrevier«
° Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2015

Lied: GL 465 »Das Jahr steht auf der Höhe«

Das Lied ist ein Sonnwendfest, das zum Johannis-Fest gehört, es passt aber auch sehr gut zur Mitte des Labyrinthes, dem großen Wendepunkt zwischen Hin- und Rückweg.

Segen

Wir bitten Gott, die Mutter, die uns nährt, den Vater, der uns behütet, um Segen für uns und unser Leben:

Gott, behüte und beschütze uns,

Gott, nähre und beglücke uns

mit deiner Gegenwart.

Gott schenk uns deinen Segen

heute und alle Tage bis in Ewigkeit. Amen.

Lied zum Abschluss: GL 453 »Bewahre uns, Gott«

Martina Jung

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