Kraftquelle im AlltagFastenzeit – ein Übungsprogramm

Ob Gesundheit, Ernährung oder Zusammenleben: In der Fastenzeit machen sich viele Vorsätze. Sie wollen weniger essen. Sie nehmen sich vor, weniger über andere zu reden, sich vom Tratsch über andere fernzuhalten. Doch schon nach einigen Tagen haben sie oft den Eindruck, dass sie ihre Vorsätze nicht einhalten. Sie schreiben das dann ihrer mangelnden Disziplin oder Willensschwäche zu.

Fastenzeit - ein Übungsprogramm
Täglich üben, kleine Schritte gehen, und: sich helfen lassen!© iStock by Getty Images: baona

Was möchte ich wirklich?

Die Verhaltenspsychologie sagt: Ob ich einen Vorsatz ausführe oder nicht, ist nicht Sache der Willensstärke, sondern der Klugheit. Klugheit in Bezug auf meine Vorsätze bedeutet: mir zu überlegen, was ich wirklich verwirklichen kann – und auch möchte. Es ist nicht klug, wenn ich mit meinen Vorsätzen nur mein schlechtes Gewissen beruhigen möchte. Es ist auch nicht klug, wenn ich mir zu abstrakte Vorsätze mache. Ich spreche daher auch nicht so gerne von Vorsätzen, sondern von einem Übungsprogramm.

Schritt für Schritt - ganz konkret

Ein Übungsprogramm braucht ganz konkrete Trainingseinheiten. Der Vorsatz, in der Fastenzeit weniger zu essen, ist so allgemein, dass er scheitern muss. Ich kann mir aber eine konkrete Übung vornehmen, z. B. beim Abendessen nur ein Brot statt zwei oder nur Salat oder nur Obst zu essen. Das kann ich dann eine Woche lang üben. Wenn mir dies gelingt, kann ich es fortsetzen. Wenn es aber nicht gelingt, sollte ich mich nicht selbst beschimpfen, nach dem Motto: Ich habe es schon wieder nicht geschafft. Selbstanklage erzeugt nur ein schlechtes Gewissen - und das ist keine Energiequelle, aus der ich schöpfen kann. Im Gegenteil, es raubt mir die Energie. Ich soll mir vielmehr eingestehen: Es hat nicht geklappt. Warum nicht? War der Vorsatz zu unrealistisch? Sollte ich ihn vorsichtiger formulieren? Oder war es die Unachtsamkeit? Wie kann ich in der nächsten Woche achtsamer sein?

Was brauche ich?

Was ich hier beschrieben habe, gilt für alle Vorsätze bzw. für alle Übungsprogramme. Auch jeder Sportler muss sein Übungsprogramm von Zeit zu Zeit anschauen, ob es ihn weiterbringt oder ob es nur zur Routine verkommt. Und er muss erkennen, ob die Ziele seines Programms realistisch sind. Realistisch sind Ziele, die prinzipiell überhaupt erreichbar sind - gemessen an den Ressourcen, die ich habe, z.B. meiner Zeit, meiner Kraft oder Motivation. Wenn ich also meine Vorsätze nicht eingehalten habe, bedeutet das nicht, dass alles keinen Sinn hat. Vielmehr sollte ich mich dann selbst fragen: Was hilft mir, mein Programm durchzuführen? Sollte ich kleinere Ziele setzen? Oder brauche ich eine bessere Motivation? Kann mir ein Freund oder eine Freundin helfen, indem ich mein Programm mit ihm/ihr bespreche? Der hl. Benedikt rät ja seinen Mönchen, in der Fastenzeit schriftlich ein Programm zu entwerfen, das dann mit dem Abt oder dem geistlichen Begleiter besprochen wird. Wenn ein anderer um meine Bemühungen weiß, ist das ein zusätzlicher Impuls, meine Ziele zu erreichen. „Sozialkontrolle“ ist zwar kein schönes Wort. Aber meine Ziele einem anderen zu zeigen und mit ihm die Erreichung bzw. Nichterreichung zu besprechen, ist auf jeden Fall eine Hilfe, dabeizubleiben.

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