FastenzeitResignationsfasten

Für viele ist die Fastenzeit eine ruhige Phase der inneren Einkehr. In unseren so aufgewühlten politischen Zeiten kann sie aber auch eine Gelegenheit für neuen, mutigen Aktivismus sein. Ein Plädoyer, auf Resignation zu verzichten – und an einer besseren Welt mitzuarbeiten.

Mit dem Aschermittwoch ist auch in diesem Jahr für alle Christinnen und Christen die österliche Bußzeit eingeläutet worden. Vierzig Tage lang verzichten nun viele auf übermäßige Süßigkeiten, Alkohol oder Fleisch. Natürlich ist der bewusste Entzug dieser materiellen Dinge aus spiritueller wie gesundheitlicher Sicht lobenswert und sinnvoll. Aber eventuell gibt es angesichts der aktuellen Weltlage auch noch andere – seelische – Aspekte, die man für seine Fastenpläne für das Jahr 2025 in Erwägung ziehen könnte.

Wir sind gegenwärtig mit so vielen beunruhigenden Nachrichten konfrontiert: das Anwachsen undemokratischer Kräfte, das Zerbrechen unserer alten vertrauen Weltordnung, politische Nebelkerzen und Querschüsse... Viele Menschen fühlen sich angesichts dessen geradezu ohnmächtig, verfallen in Schockstarre oder ziehen sich resigniert zurück (nach dem Motto: „Ich kann ja eh nichts dagegen tun“). Diese Reaktionen sind durchaus verständlich, aber leider nicht sonderlich konstruktiv oder hilfreich. Vielmehr spielt man mit einem solchen Verhalten den Feinden der Demokratie sogar noch in die Hände. So zeigt beispielsweise die US-Historikerin Anne Applebaum in ihrem lesenswerten Buch Die Achse der Autokraten (2024)auf, wie autokratische Herrscher die Bevölkerung durch gezielte Desinformationskampagnen, Manipulationen und Reizüberflutung dazu bringen, nicht mehr „Hoffnung zu schöpfen und Veränderung zu fordern“, sondern vielmehr „eine zynische und passive Haltung einzunehmen, weil es keine bessere Welt gebe, die es aufzubauen lohnt“. Das aktive Schüren von Resignation wird so zu einem effektiven Instrument, um jegliche Formen von Widerstand im Keim zu ersticken.

Vielleicht könnte angesichts dessen ein zusätzlicher Fastenvorsatz darin bestehen, in den nächsten Wochen – und darüber hinaus – bewusst dem Drang zum inneren Rückzug und zur Resignation zu widerstehen. Sprich: Auf den Verzicht (so eine mögliche Übersetzung des lateinischen Wortes resignatio) zu verzichten. Gerade als Christinnen und Christen haben wir doch allen Grund und gute Argumente, einer solchen Hoffnungslosigkeit entschieden entgegenzutreten! Schließlich hat Jesus uns gelehrt, dass eine bessere, menschlichere und friedvollere Welt – das Reich Gottes – keine naive Illusion oder Jenseitsvertröstung darstellt, sondern mit vereinten Kräften bereits im Hier und Jetzt aufkeimen und Wirklichkeit werden kann. Zudem hat Gott uns „nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“ (2 Tim 1,7). Und dürfen wir nicht gerade dank Jesu Auferstehung von den Toten, die wir bald wieder feiern werden, darauf vertrauen, dass am Ende nicht Gewalt, Hass und Tod, sondern das Leben, die Hoffnung und die Liebe das letzte Wort haben werden?

Wir haben also reiche Quellen, aus denen wir seelische Widerstandskraft schöpfen und Resignations-, Zynismus- oder Ohnmachtstendenzen entgegenwirken können. Und dann gilt es, sich auf die gemeinsamen Werte zu besinnen, sich zusammenzuschließen, klar Stellung zu beziehen und aktiv zu werden. Passend dazu lautet übrigens ein Motto der wiedererwachenden Anti- Trump-Bewegung in den USA: Don’t mourn – organize! („Trauert nicht – organisiert euch!“)

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