Stille-Zeichen

Der Wochenrückblick.

Am vergangenen Montag kauerte ich gemeinsam mit zwanzig anderen Müttern und Vätern beim Elternabend auf einem der viel zu kleinen Grundschulstühle und lauschte den Ausführungen der Lehrerin unserer Tochter. Nach den Informationen über die einzelnen Fächer und Projekte stand unter anderem der Themenpunkt „Schweigefuchs“ auf dem Programm: Das mit den Fingern einen Fuchs imitierende Handzeichen kommt im Unterricht immer dann zum Einsatz, wenn der Trubel in der Klasse zu laut ist oder die Lehrkraft mit den Schülerinnen und Schülern eine kleine meditative Stille-Übung durchführen möchte. Und während unsere Runde schon zu den Wandertagsplanungen überging, dachte ich noch bei mir: Wie schön und hilfreich wäre es, wenn es auch in der Erwachsenenwelt ein ähnliches offizielles Zeichen gäbe, um auf sanfte und nonverbale Weise lautstarke (religions-)politische Diskussionen zu unterbrechen oder mitten im turbulenten Alltag zu einer bewussten Zeit der kontemplativen Stille einzuladen – besonders jetzt in der Fastenzeit.

1 | Innsbruck. Bischof Hermann Glettler hat den Gläubigen in seinem Fastenhirtenbrief eine regelmäßige spirituelle Unterbrechung des betriebsamen Alltags empfohlen: „Mindestens zehn Minuten Stille pro Tag. Ein Atemholen. Wenn möglich, an einem vertrauten Ort. Das Gebet formt sich dann wie von selbst.“

2 | Deutschland. Immer mehr Rewe- und EDEKA-Supermärkte führen eine wöchentliche „Stille Stunde“ ein. In diesen Zeiten sind in den Filialen weder Musik noch Piepsgeräusche zu hören und das Licht wird extra gedimmt. Mithilfe dieser Vorkehrungen soll Menschen mit ADHS, Autismus oder Hochsensibilität der Einkauf möglich gemacht beziehungsweise erleichtert werden.

3 | Freiberg. In der Stadtbibliothek wird passend zur Fastenzeit die Ausstellung Die Schönheit der Stille der Fotografin Victoria Knobloch gezeigt, deren Ruhe atmende Schwarz-Weiß-Bilder von Menschen und Landschaften zum Meditieren einladen.

4 | Berlin. Mit Heike Heubach (SPD) zieht zum ersten Mal in seiner Geschichte eine gehörlose Abgeordnete in den Deutschen Bundestag ein. Gebärdendolmetscher werden sie dort bei ihrer Arbeit unterstützen. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas freute sich über dieses „starke Zeichen“ für die Inklusion.

5 | Mexiko-Stadt. In der mexikanischen Hauptstadt haben hunderte Menschen mittels einer kollektiven Siesta vor dem bekannten Denkmal der Revolution gegen zu hohe Arbeitsbelastungen demonstriert. Mexikaner arbeiten durchschnittlich 48 Stunden pro Woche und zählen international zu den Spitzenreitern in Sachen Überstunden.

6 | Russland. Unter dem Motto „Mittags gegen Putin“ haben sich – einem Aufruf des Nawalny-Teams folgend – tausende Menschen im ganzen Land um Punkt 12 Uhr zu einem stillen Protest vor den Wahllokalen versammelt und bewusst gegen den Präsidenten abgestimmt oder ihren Wahlzettel ungültig gemacht. Bei den von Manipulationen und Repressionen begleiteten „Pseudowahlen“ (so das Auswärtige Amt) konnte Putin am Ende rund 87 Prozent der Stimmen für sich gewinnen.

7 | Freiburg. In der Zeitschrift Gottesdienst erinnert der Kantor Axel Simon an die kirchenmusikalische Tradition des „Ohrenfastens“ von Gründonnerstag bis zur Osternacht: Angesichts permanenter Zivilisationsgeräusche und musikalischer Dauerbeschallung sei es „eine echte Gnade, dass vor allem Liturgie und Kirchenraum (nicht nur) in der österlichen Bußzeit Räume eröffnen, dieser akustischen Umweltverschmutzung“ zu entgehen. „Durch ein ‚Ohrenfasten‘ kann die Sehnsucht nach dem Lob Gottes neu entfacht werden, wird unser inneres Ohr empfänglicher und der Festjubel an Ostern berauschender.“

Anzeige: In der Tiefe der Wüste. Perspektiven für Gottes Volk heute. Von Michael Gerber

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