Heimgeholt

Der Wochenrückblick.

Ich entdeckte Amerika in Europa“, sagte der lateinamerikanische Theologe und Philosoph Enrique Dussel über die Initialzündung seines Denkens. Erst durch die Studienzeit in Europa wird dem Argentinier bewusst, selbst kein Europäer zu sein – und vor allem, wie eurozentristisch Theologie und Philosophie weltweit geprägt sind. Fortan stellt er die „Option für die Armen“, die Abwehr der Unterdrückung in Lateinamerika und das „Hören auf das Volk“ ins Zentrum seiner Arbeit und wird zu einem der wichtigsten Vordenker der „Theologie der Befreiung“.

Am vergangenen Sonntag starb Dussel im Alter von 88 Jahren – wurde von Gott heimgeholt, wie es so schön heißt. Sein Leben galt der Heimholung: einer Beheimatung der christlichen Hoffnung in den entlegenen und entrechteten Teilen der Welt, im Streben nach Gerechtigkeit, im Hier und Heute. Die folgenden Nachrichten können als bescheidene Beispiele auf dieser Spur gelten.

1 | Rottenburg. Im Bistum Rottenburg-Stuttgart dürfen erstmals Laien offiziell das Sakrament der Taufe spenden. Bischof Gebhard Fürst beauftragte 26 Theologinnen und Theologen für den Dienst der „außerordentlichen Taufspendung“. Die Neuerung entspreche dem Wunsch vieler Familien, dass Taufen „individuell, persönlich und familiär“ sein sollen. Eine ähnliche Regelung existiert bereits im Bistum Essen.

2 | Prag. Weil freies Sprechen in Russland immer schwieriger werde, hat der orthodoxe Theologe Andrej Kurajew das Land verlassen und sich ins tschechische Exil begeben. Er beklagte die Gleichschaltung und kritisierte insbesondere den Moskauer Patriarchen Kyrill I., der seinen „Dienst als moralischer Richter“ aufgegeben habe, „um Putins Altarjunge zu werden“. Kyrill hatte Kurajew zuvor wegen „zersetzender Tätigkeit“ aus dem Klerikerstand entlassen.

3 | Mainz. Das Bistum Mainz zieht sich von dem sozialen Netzwerk „X“, vormals Twitter, zurück. Man habe die Online-Plattform genutzt, „um Menschen zu erreichen und unsere Werte zu vermitteln“. Die Entwicklung, die Twitter unter Elon Musk genommen habe, stehe jedoch im Widerspruch dazu. Seit dem Kauf und der Umgestaltung des Netzwerks durch den Multimilliardär haben Desinformationen und rechtes Gedankengut dort stark zugenommen.

4 | Berlin. Bund und Länder haben sich auf eine Fortsetzung des Deutschlandtickets geeinigt; ein wichtiger Schritt für eine breite Mobilitätspartizipation. Für die Weiterfinanzierung sollen zunächst nicht ausgegebene Mittel aus dem laufenden Haushalt verwendet werden. Eine Preiserhöhung ab Mitte 2024 wurde jedoch nicht ausgeschlossen.

5 | Münster. Das Bistum Münster will Laien stärker an der Bischofswahl beteiligen. Künftig sollen 16 nicht geweihte Delegierte des Diözesanrats gemeinsam mit den 16 Klerikern des Domkapitels über geeignete Kandidaten für das Bischofsamt beraten. Eine direkte Beteiligung von Laien an der Erstellung der Namensliste und der Bischofswahl selbst verbietet das Kirchenrecht bisher.

6 | Vatikan. In seinem Motu Proprio Ad theologiam promovendam fordert Papst Franziskus eine „grundsätzlich kontextuelle Theologie“, die sich mehr mit der Alltagswelt der Menschen und den Humanwissenschaften auseinandersetzt. Möge er Gehör finden – auch unter seinen eigenen theologischen Beratern.

7 | Trier. Noch eine Heimholung: Am 31. Oktober starb die katholische Ordensfrau und Frauenrechtlerin Lea Ackermann mit 86 Jahren. Geprägt von ihrer Arbeit in Ruanda und Kenia gründete sie 1985 das Projekt Solwodi (solidary with women in distress – „Solidarität mit Frauen in Not“), das weltweit Frauen hilft, die Opfer von Zwangsprostitution und Menschenhandel wurden.

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