7 Momente aus 7 TagenEntlarvt

Der Wochenrückblick: Dass man dem Synodalen Weg im Vatikan mehrheitlich skeptisch gegenüber steht oder ihn offen ablehnt, war bekannt. Für einen Tiefpunkt in der Kommunikation über den deutschen Reformprozess sorgte nun ausgerechnet der „Ökumeneminister“ des Papstes, Kardinal Kurt Koch.

In einem Interview mit der Tagespost zog Koch Parallelen zwischen theologischen Diskussionen des Synodalen Wegs und historischen Annäherungen von Teilen der evangelischen Kirche an das NS-Regime: Es irritiere ihn, dass neben Schrift und Tradition neue Offenbarungsquellen angenommen würden, denn „diese Erscheinung“ habe es „bereits während der nationalsozialistischen Diktatur gegeben, als die so genannten ‚Deutschen Christen‘ Gottes neue Offenbarung in Blut und Boden und im Aufstieg Hitlers gesehen haben.“

Nazi-Vergleiche verbieten sich in der öffentliche Debatte immer. Sie diskreditieren das Gegenüber ins Unermessliche und verharmlosen zugleich die Verbrechen dieses mörderischen Regimes. Im Falle Kochs wiegt die argumentative Entgleisung besonders schwer. Er ist mit der Geschichte Deutschlands und der Reformation bestens vertraut, seine Worte waren nicht zufällig gewählt und können daher nicht anders als skandalös genannt werden. Sie folgen dem populistischen Dreischritt: Provozieren, Missverständnis beteuern, in der Sache aber nachlegen.

Völlig zu Recht reagierten die deutschen Bischöfe und Synodalen empört. Kochs nachträgliche Erklärung, er habe den Reformprozess keineswegs mit der NS-Ideologie verglichen, ließ der DBK-Vorsitzende Georg Bätzing nicht gelten. Die Synodalversammlung habe den betreffenden Orientierungstext mit klarer Mehrheit angenommen und fühle sich dementsprechend mitgemeint.

Kochs Äußerungen enttarnen darüber hinaus ein fundamentales Problem: Offenbarung wird in lehramtlichen Kreisen weiter ausschließlich formal gedacht, also gebunden an (unveränderlich interpretierte) Schrift und (eigens kontrollierte) Tradition. Eine inhaltliche Abwägung und Weiterentwicklung von Offenbarung bleibt so unmöglich. Zwischen Erneuerungsversuchen angesichts von Missbrauch und Diskriminierung und einer menschenfeindlichen Ideologie kann oder – noch schlimmer – will man in Rom nicht unterscheiden.

Dabei kannte der Theologe Melchior Cano schon im 16. Jahrhundert loci alieni (fremde Bezeugungsorte) wie Geschichte und Geisteswelt, die es auf Gott hin zu deuten gilt. In aller Disparität (und Kürze) bieten die täglichen Nachrichten dazu genug Anlass:

1 | Zürich. Die internationale Neuapostolische Kirche will zukünftig Frauen zu den geistlichen Ämtern zulassen.

2 | Fulda. Bei ihrer Vollversammlung wählten die deutschen Bischöfe den Aachener Bischof Helmut Dieser zum neuen Missbrauchsbeauftragten. Er zeigte sich „ganz offen“, Betroffenen den Zugang zu Kirchenarchiven zu ermöglichen.

3 | In aller Welt. Ab Dienstagabend und am Mittwoch feierten Jüdinnen und Juden den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, an dem der Sündenvergebung Gottes gedacht wird.

4 | Luxemburg. Erstmals seit Euroeinführung erreichte die Inflationsrate im Euroraum die Marke von zehn Prozent.

5 | Erfurt. Mit einem ökumenischen Gottesdienst im Dom wurden die Feierlichkeiten am Tag der Deutschen Einheit begonnen.

6 | Ostsee. Mehrere Lecks an den beiden Nord Stream-Gaspipelines machten die Angreifbarkeit unserer kritischen Infrastruktur durch fremde Staaten oder Terrorismus deutlich.

7 | Vatikan. Nach Ablauf der zweimonatigen Antragsfrist trat der Vatikanstaat am Dienstag offiziell dem Pariser Klimaabkommen bei. Bis 2050 will er seine Emissionen auf Null reduzieren.

 

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