Der Außerordentliche Monat der Weltmission Oktober 2019Getauft und gesandt

Der diesjährige Oktober steht im Zeichen einer Initiative, die für viele überraschend kam. Am 22. Oktober 2017 erklärte Papst Franziskus den Oktober 2019 zu einem Außerordentlichen Monat der Weltmission.

Im Umfeld der Päpstlichen Missionswerke war schon länger der Ruf nach einem missionarisch orientierten Themenjahr zu hören. Der jetzt ausgerufene „Monat der Mission“ mutet wie eine Fingerübung für das bevorstehende Jubiläumsjahr an: 2022 wird der vierhundertste Jahrestag der Gründung der Heiligen Kongregation der Glaubensverkündigung, heute die Kongregation für die Evangelisierung der Völker, zu erinnern sein.

Hundert Jahre Maximum illud

Offizieller Anlass, diesen Monat für 2019 auszurufen, ist der hundertste Jahrestag des Apostolischen Schreibens Maximum illud, das heute allenfalls in Fachkreisen bekannt sein dürfte. Papst Benedikt XV. hatte sich nach den Gräuel des Ersten Weltkriegs gegen die Missionspraktiken der Kolonialzeit gewandt und die nationalistischen Einstellungen unter den Missionarinnen und Missionaren verurteilt. Auch wenn Maximum illud heute theologisch nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist, weil Kontexte sich wesentlich verändert haben, wie Christian Tauchner darlegt (Christian Tauchner, Eine hohe und heilige Aufgabe. 100 Jahre „Maximum illud“ und der Missionsmonat Oktober 2019, in: Ordenskorrespondenz 60 [2019] 1, S. 5–15), ist dieser Referenzrahmen doch weit mehr als nur ein willkommenes historisches Datum. Für Papst Franziskus ist Maximum illud Ansporn, „die ständige Versuchung zu überwinden, die sich hinter jeder kirchlichen Introversion verbirgt, hinter jedem selbstbezogenen Rückzug in die eigenen sicheren Grenzen, hinter jeder Form eines pastoralen Pessimismus, hinter jeder sterilen Nostalgie, um uns hingegen der freudvollen Neuheit des Evangeliums zu öffnen.“ (Botschaft von Papst Franziskus zum 100. Jahrestag des apostolischen Schreibens „Maximum Illud“ über das Werk der Missionare in aller Welt, 2017)
Hierzulande ist die Ankündigung eines Monats der Weltmission nichts Ungewöhnliches. Anders als in den meisten der rund hundertzwanzig Länder, in denen das Netzwerk der Päpstlichen Missionswerke präsent ist, ist es in Deutschland bereits seit jeher gute Praxis, nicht nur den Weltmissionssonntag selbst, sondern den gesamten Monat Oktober mit Gästen, Veranstaltungen und Aktionen weltkirchlich zu gestalten. „Außerordentlich“ ist hingegen der inhaltliche Akzent, den Papst Franziskus in diesem Jahr setzt. Unter dem Motto „Getauft und gesandt. Die Kirche Christi missionarisch in der Welt“ soll das missionarische Bewusstsein der Kirche gestärkt werden. Genauer geht es ihm darum, „das Bewusstsein der missio ad gentes wieder stärker wachzurufen und mit neuem Schwung die missionarische Umgestaltung des Lebens und der Seelsorge wiederaufzunehmen“ (Botschaft 2017).

Mission als Zukunftsfrage

Die Initiative von Papst Franziskus fällt in eine Zeit, in der das Thema „Mission“ im deutschsprachigen Raum Konjunktur hat und Gegenstand kontroverser Debatten ist. Vor allem das 2018 veröffentlichte „Mission Manifest“ und seine „Thesen für das Comeback der Kirche“ haben Diskussionen ausgelöst, deren Vehemenz zeigt: In einer Zeit, in der die Bindungskraft der verfassten Kirchen nachlässt, ist die Frage nach dem Verständnis von Mission eine Zukunftsfrage von Gesellschaft und Kirche. „Wie heute missionieren?“ ist eine kürzlich veröffentlichte Übersicht über einschlägige Titel zum Thema überschrieben. Die Suche nach Antworten bewegt sich zwischen dem Stil charismatischer Bewegungen entliehen, Empfehlungen zur persönlichen Glaubenspraxis und Appellen an eine Kirchenentwicklung, die sich als Zeitgenossenschaft versteht. Eines jedoch fällt bei aller Unterschiedlichkeit auf: Den Positionen gemeinsam ist – den idealisierten Blick auf die sogenannten jungen Kirchen einmal ausgenommen – die Abwesenheit einer weltkirchlichen Perspektive. Die missio ad gentes, die Sendung zu den Völkern, kommt nicht vor.
Mit dem Außerordentlichen Monat der Weltmission lenkt Papst Franziskus nun die Aufmerksamkeit auf genau diesen Aspekt und macht die missio ad gentes als einen fortwährenden Zustand der Kirche bewusst: „Die Kirche Christi missionarisch in der Welt“. Einen verantwortlichen Umgang mit der mit dem Missionsbegriff verbundenen Gewaltgeschichte vorausgesetzt, eröffnet diese Besinnung auf die missio ad gentes eine große Weite. Die unglückliche Rede vom biblischen „Missionsbefehl“ verstellt den Blick dafür, dass die biblischen Sendungsworte „vor allem die Entgrenzung und Universalität der Sendung heraus[ stellen], die der universalen Botschaft der Liebe und der Herrschaft Christi entspricht“ (Thomas Fornet- Ponse, Wir wollen missionieren – aber was heißt ‚Mission‘. Überlegungen zum Mission Manifest aus missionstheologischer Perspektive, in: IKaZ 47 [2019], S. 402–412, 404). „Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!“: missio ad gentes heißt zuerst und vor allem, sich von jeder Selbstbezogenheit zu distanzieren und in die Kraft des Evangeliums zu vertrauen, die Welt zu verändern.

Als Getaufte an der Gestaltung der Welt mitwirken

Die Ausrufung eines Außerordentlichen Monats der Weltmission könnte in dem aktuellen Klima nur allzu leicht als eine weitere missionarische Kampfansage verstanden werden. Mit dem Ansinnen, einer erlahmten katholischen Kirche mit dem persönlichen Bekenntnis zu Jesus wieder neues Leben eintreiben zu wollen, hat die Initiative von Papst Franziskus jedoch nur wenig gemein. Hier wird nicht zum Kampf gegen die „Tristesse der Konsumchristen“ oder für die Rettung der Kirche aufgerufen. Papst Franziskus beschreibt Christsein als einen Zustand permanenter Mission: Wir sind auf dieser Welt, Licht zu bringen, zu segnen, zu beleben, aufzurichten, zu heilen, zu befreien (EG 273).
Die Impulse für die konkrete Ausgestaltung des Außerordentlichen Monats der Weltmission greifen den zweifachen Auftrag der Päpstlichen Missionswerke auf: die finanzielle sowie ideelle Unterstützung der Arbeit in Afrika, Asien und Ozeanien und die Förderung der Lern-, Gebets- und Solidargemeinschaft der Katholikinnen und Katholiken weltweit. In einem Brief an die Bischöfe am 8. April 2018 hebt Kardinal Filoni, Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker, vier Dimensionen hervor, die der Außerordentliche Monat der Weltmission Oktober 2019 umfassen soll: die persönliche Begegnung mit Jesus Christus mit den Schwerpunkten Eucharistie, Wort Gottes und persönliches sowie gemeinschaftliches Gebet, das Zeugnis des konkreten Glaubensvollzugs mit seinem Mut zum Einsatz der eigenen Person, die Bildungsarbeit zur missio ad gentes und die missionarische Solidarität, wie sie vor allem in der Kollekte am Weltmissionssonntag konkret wird, die es ermöglicht, die pastoralen und sozialen Projekte bedürftiger Bistümer in Krisen- und Armutsregionen bis zu ihrer finanziellen Unabhängigkeit mitzufinanzieren.
„Getauft und gesandt“ ist ein Aufruf, die Programmatik von Evangelii gaudium weiterzuführen und als Getaufte an der Gestaltung der Welt mitzuwirken – als einzelne Person und innerhalb der eigenen Glaubensgemeinschaft, hier in Deutschland und jedem anderen Ort dieser Erde. Der Außerordentliche Missionsmonat ist eine Einladung, die missionarische Dimension des eigenen Christseins im gemeinsamen Gebet und im solidarischen Handeln der Kirche weltweit zu entdecken und das Ringen um die eigene Mission einzubringen.
Dieser globale Charakter, der auch den alljährlichen Sonntag der Weltmission auszeichnet, hebt die 7 Initiative aus der aktuellen Missionsdebatte heraus. „Getauft und gesandt“ stellt das Thema „Mission“ in einen weltweiten Horizont.

Eine weltweite Initiative

Die Umsetzung des Außerordentlichen Monats der Weltmission wird von den mehr als hundert Päpstlichen Missionswerken weltweit koordiniert – in Deutschland vor allem von missio Aachen. Die Lokalkirchen und die Missionswerke sind aufgerufen, vor Ort zusammenzuarbeiten. Im November 2018 fand eine Konferenz mit Vertreterinnen und Vertretern aus dreißig Ländern statt, um über gemeinsame Aktionsformate in den Sozialen Medien nachzudenken, ein Novum in der Geschichte der Vorbereitung des Weltmissionssonntags, der bisher in der Regel auf nationaler Ebene geplant wird. Die Fülle an Projekten, Veranstaltungen und Medien ist beeindruckend. Diözesen, Pfarreien und Gemeinschaften sind eingeladen, ihre geplanten Aktivitäten bekannt zu geben und sich mit den Getauften in der ganzen Welt zu verbinden. So hat etwa missio Philippinen 31 missionstheologische Meditationen zur Verfügung gestellt, eine für jeden Tag im Oktober. Die Bandbreite der Zugänge zum Thema des Außerordentlichen Missionsmonats ist groß. Manches findet sich, wie auch die offiziellen Dokumente und das 400 Seiten starke Handbuch „Baptised and sent“ auf der offiziellen Website www. october2019.va. Das von der Kongregation veröffentlichte Werk, eine deutsche Übersetzung liegt nicht vor, enthält eine Sammlung von Reflexionen, Schriftmeditationen und Zeugnissen aus aller Welt. Auch wenn es für den pastoralen Alltag in Deutschland wenig geeignet sein wird, die Bedeutung des Handbuchs liegt vor allem in seinem Entstehungsprozess. Die lokalen Kirchen weltweit wurden aufgefordert, die Beiträge einzusenden und zu teilen, die für sie relevant sind.

Verbunden in Zeugnis und Gebet

Um das komplexe Anliegen des Außerordentlichen Monats der Weltmission in Aktionsformate zu bringen, die auch international funktionieren, wurden von den vier Dimensionen die beiden aufgegriffen, die das Besondere des Oktobers 2019 unterstreichen: das gemeinsame Gebet und das Zeugnis.
Die Idee: Im Außerordentlichen Monat der Weltmission setzen Christinnen und Christen rund um den Globus ein Zeichen und teilen ihre Mission mit anderen. Inspiriert von Papst Franziskus’ Formulierung „Du bist Mission“ ist so die weltweite digitale Kampagne #mymission entstanden.
Die Kampagne hat zwei Ziele: Sie soll erfahrbar machen, dass, an welchem Ort der Erde wir auch leben, unser Glaube uns mit Millionen von anderen in einer weltweiten Gemeinschaft verbindet und wie vielfältig, ermutigend und bereichernd diese Glaubenszeugnisse sein können. Vor allem aber soll sie ermutigen, die eigene, persönliche Mission zu formulieren und über Grenzen hinweg zu teilen. missio hat die Informationen zu der Aktion, unter anderem ein Erklärvideo, und zu anderen Angeboten auf www.missio-hilft.de/ oktober2019 zusammengestellt.
Eine zweite weltweit durchgeführte Aktion greift die Anregung auf, dem Gebet im Oktober 2019 einen besonderen Platz zu geben und sich in einer Gebetskette über Grenzen und Kontinente hinweg zu verbinden. Die Idee: Gläubige rund um den Erdball beten jeden Freitagmittag im Oktober gemeinsam mit Papst Franziskus den „Engel des Herrn“ und bilden eine Gebetskette über Kontinente und Zeitzonen hinweg. Darüber hinaus werden für jeden Tag im Oktober kurze Impulse angeboten, die durch den Tag begleiten und einen missionarischen Blick auf die Wirklichkeit eröffnen.
Bereits Pauline Jaricot (1799– 1862), die vor fast 200 Jahren ein einzigartiges missionarisches Unterstützungssystem aufbaute, setzte auf die Kraftquelle des Gebets, persönlich und vor allem auch in der Gemeinschaft derjenigen, die ihre Mission teilten. Regelmäßig miteinander zu beten und gemeinsam materielle Hilfe für den Aufbau der Kirche zu leisten, gehörten für die Begründerin der missionarischen Laienbewegung untrennbar zusammen. Das gilt bis heute. Weil Mission Gottes Zuwendung an uns ist, wie Hermann Schalück in einem Beitrag zum Außerordentlichen Monat der Weltmission schreibt, bleibt das Allerwichtigste „das vertrauensvolle Gebet – darum, dass das Evangeliums wie ein Samenkorn in allen, auch uns selber, aufgehen möge“ (Hermann Schalück, Gebet ist Mission, in: kontinente 5 [2019], S. 30–31, 31). Ob die Initiativen und Aktivitäten anlässlich des Außerordentlichen Monats der Weltmission ein Anstoß sein werden, diese missionarische Grundhaltung einzuüben, bleibt abzuwarten. Das diesjährige Gebet zum Sonntag der Weltmission jedenfalls ist eine Einladung, sich der Zuwendung Gottes an uns und der darin begründeten Sendung jeden Tag neu bewusst zu werden:
Gott, Du bist Licht vor aller Zeit. Fließende Quelle in unserem Herzen. In bunten Farben erstrahlt unsere Hoffnung. Wir sind getauft und gesandt.
Gott, Du bist Licht in unserer Zeit. Flamme des Lebens im Spiel unserer Hände. Zärtlich berührt, entzündet der Glaube. Wir sind getauft und gesandt.
Gott, Du bist Licht für unsere Zeit. Du ziehst uns hinaus an die Ränder der Welt. In verwundbarer Leidenschaft treibt uns die Liebe. Wir sind getauft und gesandt.

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