Kinder in ihrer Entwicklung zu beobachten und dies zu dokumentieren ist kein Luxus oder „nice to have“, sondern Grundlage des pädagogischen Handelns. Aus der Beobachtung heraus entsteht das Verständnis für den aktuellen Entwicklungsstand eines Kindes. Was beschäftigt das Kind gerade? Wofür interessiert es sich und womit setzt es sich auseinander? Und daraus folgend auch die Frage: Welche spezifischen Angebote, welche Begleitung und Unterstützung braucht das Kind in diesem Moment? Das systematische Beobachten und Dokumentieren anhand von Beobachtungsbögen ermöglicht es, kindliche Bildungs- und Entwicklungsprozesse abzubilden und daran anzuknüpfen.
Die Entscheidung für einen oder mehrere spezifische Beobachtungsbögen sollte das Team gemeinsam treffen bzw. alle dieselben Bögen verwenden. Nur so ist eine gute, qualitative Beobachtungsarbeit möglich. Denn das richtige Beobachten und Dokumentieren ist zwar nicht unfassbar kompliziert, braucht aber etwas Übung und Knowhow, das sich ein Team am besten gemeinsam, z.B. bei einer Fortbildung, aneignet. So kann man sich gegenseitig unterstützen.
Auseinandersetzung mit eigenen Werten
Wer als pädagogische Fachkraft ein Kind beobachtet, muss sich dabei immer mit sich selbst auseinandersetzen. Denn wie wir unsere Umwelt und andere Personen wahrnehmen, hängt sehr viel von uns selbst, unserer Prägung, unseren Werten, unseren Vorannahmen und auch von unserer Tagesverfassung ab. Deswegen führt kein Weg daran vorbei, sich selbst zu hinterfragen, damit Beobachtungen möglichst objektiv sind. Das fällt schon bei kleinen, alltäglichen Situationen auf, z.B. dem Essen. Luan sitzt beim Mittagessen, hat eine Handvoll Kartoffelbrei genommen und drückt ihn zwischen den Fingern durch.
Je nach persönlicher Prägung und nach persönlichen Werten beurteilen Pädagoginnen diese Situation sehr unterschiedlich von: „Luan matscht nur mit dem Essen rum.“ „Luan ist ein schlechter Esser.“ „Luan ist zu verträumt. Er braucht immer am längsten beim Essen.“ „Mit Essen spielt man nicht“. Bis hin zu: „Luan darf das, mich stört das nicht.“ Je nachdem fällt auch die Beobachtung unterschiedlich aus. Ein großer Vorteil von Beobachtungsbögen ist, dass die Beobachtung einen Rahmen erhält, der versucht, persönliche Färbungen möglichst klein zu halten.
Im Folgenden finden Sie eine Auswahl von verschiedenen Beobachtungsbögen, sortiert nach Schwerpunkten:
Beobachtungsbögen zur allgemeinen Entwicklung
Entwicklungsrisiken erkennen:
- Sensomotorisches Entwicklungsgitter: ein Beobachtungsbogen, der hilft, Entwicklungsrisiken zu erkennen, auch für die Beobachtung von Kindern unter drei Jahren
- Grenzsteine der Entwicklung: hilft, durch Beobachtung Entwicklungsrückstände und Auffälligkeiten zu erkennen, vom 3. Lebensmonat bis zum 5. Lebensjahr
Kindeswohlgefährdung erkennen:
- KiWoSkala Kita: Ein Beobachtungsbogen, der speziell für die Beobachtung von Kinder entwickelt wurde, bei denen der Verdacht von Kindeswohlgefährdung besteht
Eingewöhnung und Übergänge beobachten:
- Eingewöhnungsdokumentation für den Neuanfang in Krippe und Kita: Tagebuch zur Beobachtung der Eingewöhnung eines Kindes, einfach in der Handhabung
- Übergangsdokumentation für den internen Übergang von der Krippe in die Kita: erleichtert die Begleitung des kindlichen kita-internen Übergangs und den Wechsel der Bezugserzieherin
Die Sprachentwicklung beobachten:
- LiSeb (Literacy und Sprachentwicklung beobachten – bei Kleinkinder): Liseb ist ein Beobachtungsbogen für die Beobachtung der kindlichen Sprachentwicklung bei Kindern zwischen 24 und 47 Monaten, einsatzbar für Kinder mit Deutsch als erster, aber auch als zweiter oder dritter Sprache.
- BaSiK U3 (Begleitende alltagsintegrierte Sprachentwicklungsbeobachtung in Kindertageseinrichtungen): dokumentiert die Sprachentwicklung von Kindern unter drei Jahren. Das Besondere daran: Der Bogen bietet gleichzeitig Anregungen für die individuelle Sprachförderung sowie eine gute Grundlage für Elterngespräche.
- BaSiK Ü3 ist der große Bruder von Basik U3 und bietet das gleiche Konzept und die gleichen Inhalte, angepasst auf Kinder über drei Jahren bis zum Schuleintritt.
- selsa (Sprachentwicklung und Literacy bei Kindern im Schulalter (1.-4. Klasse)): Ein Beobachtungsbogen, der die Sprachentwicklung über das Kindergartenalter hinaus in den Blick nimmt, ideal für die Beobachtung der sprachlichen Entwicklung von Hort-Kindern
- SISMiK (Sprachentwicklung und Interesse an Sprache bei Migrantenkindern in Kindertageseinrichtungen): Der Fokus dieses Beobachtungsbogens liegt auf der Sprachentwicklung von Migrantenkindern ab ca. 3,5 Jahren bis zum Schuleintritt, die nicht Deutsch als Erst- oder Familiensprache sprechen.
Online-Kurs zum Thema
Die QiK Online-Akademie bietet KITALINO-Einzelschulungen für pädagogische Fachkräfte an. Nach der Einführung in die Funktionen des Bereiches Beobachten kann die Kita-Fachkraft sofort loslegen. Pädagogische Impulse tragen zur gelingenden Anwendung des Tools im Kita-Alltag bei.
Hier finden Sie alle Informationen zu den Online-Seminaren:
Praxis-Kurs „Dokumentation digital gedacht“: https://t1p.de/2058
Experteninterview mit Prof. Helen Knauf zu „Dokumentation in der Kita“: https://t1p.de/3z9w