Das Wichtigste zur Tarifrunde 2015 im Sozial- und Erziehungsdienst

Im Februar nehmen die Gewerkschaften Verhandlungen mit der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) zur Entgeltordnung des Sozial- und Erziehungsdienstes auf. Im Mittelpunkt stehen eine bessere Bezahlung sowie eine umfassende Reform der Eingruppierung. Die Erwartungen der Beschäftigten, besonders an eine deutliche Verbesserung der Einkommenssituation, sind groß.

Repräsentative Studien haben immer wieder ergeben, dass die Vergütung im Verhältnis zur qualifizierten Ausbildung, zur pädagogischen Verantwortung und zur Bedeutung der Arbeit in Kindertageseinrichtungen bei Weitem nicht mehr angemessen ist. Das Durchschnittsgehalt einer Erzieherin in der Entgeltgruppe S6 liegt derzeit bei 2.811,61 Euro und damit mehr als 600 Euro unter dem vom Statistischen Bundesamt für 2013 ervon Bernhard Eibeck mittelten Durchschnittsgehalt aller vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer(1).

Die in der Erziehertätigkeit erbrachte Leistung muss neu be- und damit deutlich aufgewertet werden. Dies ist vor allem auch unter dem Aspekt des anhaltenden Fachkräftemangels dringend notwendig. Nach Schätzungen der Bundesagentur für Arbeit fehlen derzeit mehr als 20.000 Fachkräfte. Außerdem ist schon jetzt ein Bedarf an weiteren 120.000 Fachkräften zur Verbesserung der Arbeits- und Rahmenbedingungen sowie der pädagogischen Qualität abzusehen. Will man junge Menschen für den Erzieherberuf begeistern, so reicht es schon lange nicht mehr, damit zu werben, dass Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern ein toller Job ist. Man muss dem Nachwuchs den Beruf auch durch ein attraktives Gehalt schmackhaft machen.

Fachkräfte für Kindertageseinrichtungen zu gewinnen heißt auch, deren Bereitschaft zur Mobilität zu unterstützen. Das derzeitige Tarifsystem erweist sich dabei allerdings als ausgesprochen hinderlich. Bei einem Arbeitgeberwechsel und auch bei Übernahme einer Leitungsfunktion geht man mitunter das Risiko ein, das bisher erreichte Gehalt wieder zu verlieren. Bei einem neuen Arbeitgeber ist allenfalls eine Eingruppierung bis Stufe 3 der entsprechenden Entgeltgruppe vorgesehen. Langjährig Beschäftigte mit höheren Stufenzuordnungen müssen somit bei einem Arbeitgeberwechsel Verluste in Kauf nehmen. Bewirbt sich eine Erzieherin bei einem neuen Arbeitgeber auf eine Leitungsstelle, so hat sie keinen Anspruch auf Anrechnung ihrer Berufserfahrung. Berücksichtigt wird nur eine „einschlägige“, also als Kita- Leitung erworbene Berufserfahrung.

Seit Langem wird kritisiert, dass die Eingruppierung von Kita-Leitungskräften je nach Platzzahl der Einrichtung nicht mehr dazu geeignet ist, deren Tätigkeit angemessen zu bewerten. Kritisiert wird insbesondere, dass

  • der zugrunde liegende Zeitraum (Oktober bis Dezember) nicht repräsentativ ist: Die älteren Kinder sind gerade in die Schule gekommen und es wurden noch nicht alle verfügbaren Plätze neu belegt.
  • die Orientierung an der Platzzahl kein geeignetes Kriterium für die Qualität, den Umfang der Leitungsaufgabe und die damit verbundene Verantwortung bietet,
  • die Leitungskräfte von Krippen damit systematisch schlechter gestellt werden, weil es sich in aller Regel um kleine Einrichtungen handelt, und
  • die Leitungen „inklusiver“ Kindertageseinrichtungen aufgrund geringerer Platzzahlen benachteiligt sind.

Zudem sind die sechs Niveaustufen der Eingruppierung zwischen S7 und S17 fragwürdig. Insbesondere die Eingruppierung von Leiterinnen kleiner Einrichtungen mit weniger als 40 Plätzen in Entgeltgruppe S7 und solcher mit weniger als 70 Plätzen in S10 ist den Anforderungen an eine Leitungsfunktion nicht angemessen.

Nach Auffassung der GEW soll es zwar weiterhin eine Differenzierung nach der Größe der Einrichtung geben. Die Messzahl soll aber nicht allein die Anzahl der Plätze, sondern zumindest auch die Anzahl der Beschäftigten in der Einrichtung umfassen. Leitungstätigkeit ist wesentlich durch die Personalverantwortung und damit verbundene Aufgaben geprägt. Die neue Messzahl soll nicht mehr in einem bestimmten Zeitraum erhoben, sondern aufgrund der Betriebserlaubnis errechnet werden. Auf Grundlage der in der Betriebserlaubnis festgelegten Platzzahl und unter Zugrundelegung der Fachkraft-Kind- Relation können in die Messzahl weitere Kriterien wie z.B. Öffnungszeiten, Übernahme von Aufgaben im Sozialraum und von Hilfen zur Erziehung eingerechnet werden. Um außerdem die neuen beruflichen Qualifikationen pädagogischer Fachkräfte wie beispielsweise einen Hochschulabschluss in Kindheitspädagogik oder auch neue Berufsbilder und Arbeitsbereiche (etwa Fachberatung und Schulsozialarbeit) angemessen im Tarif zu berücksichtigen, fordert die GEW hierfür eigene Tätigkeitsmerkmale in der Entgeltordnung.

Doch um die gewerkschaftlichen Forderungen durchsetzen zu können, benötigen die Gewerkschaften die umfassende Unterstützung ihrer Mitglieder, aber auch aller Beschäftigten. Ein gutes Ergebnis wird nur dann zu erreichen sein, wenn sich alle dafür engagieren. Weitere Informationen unter www.gew.de/ego

Anmerkung:
(1) Das Durchschnittsgehalt aller vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer/innen betrug im Jahr 2013 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 3.449 Euro

TVöD und freie Träger
Der TVöD für den Sozial- und Erziehungsdienst der Kommunen wirkt unmittelbar für diejenigen, die ein Beschäftigungsverhältnis bei einer Kommune oder einem Träger haben, der Mitglied des kommunalen Arbeitgeberverbandes ist. Außerdem wirkt der TVöD unmittelbar für diejenigen, deren Arbeitgeber den TVöD anwendet und/oder die Anwendung mit den Beschäftigten arbeitsvertraglich vereinbart hat. Neben dieser unmittelbaren Wirksamkeit gibt es mittelbare, u.U. eingeschränkte Formen der Wirksamkeit. Diese ist dann gegeben, wenn der Träger aufgrund einer eigenen dienstrechtlichen Regelung Teile des TVöD, z.B. nur die Tätigkeitsmerkmale und die Entgelttabelle, anwendet. Eine Vielzahl von Vereinen und Wohlfahrtsverbänden, auch die Kirchen, wenden dieses Verfahren der mittelbaren Wirksamkeit an. Generell kann man davon ausgehen, dass der TVöD die tarifliche Marke für die gesamte Branche des Sozial- und Erziehungsdienstes mit rund 1.150.000 Beschäftigten ist. Insofern sind die Tarifverhandlungen, die die Gewerkschaften mit dem kommunalen Arbeitgeberverband führen, für alle Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst von großer Bedeutung.

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