Tines praktische Theorie"Dann bist du nicht mehr mein Freund!!"

Dann bist du nicht mehr mein Freund
© Katharina Bocklage, Eggolsheim

Wenn ihr eine Krippe mit im Haus habt, dann kennt ihr das sicher auch: Steht der Wechsel eines Kindes in den Kindergarten an, kommen Eltern oder Fachkräfte auf euch zu und wünschen sich, dass es mit seinem besten Freund oder seiner besten Freundin zusammenbleibt. Aber gibt es das wirklich? Beste Freundschaften im Krippenalter? Wir wissen, dass Kinder erst ab einem Alter von etwa 3 Jahren feststellen, dass diese andere Person auf dem Straßenteppich nicht einfach nur im Weg sitzt oder dafür sorgt, dass ständig das blaue Auto fehlt. Nein, dieses andere Wesen kann zu einem bunteren Spiel beitragen, aus Zusammenspiel kann ein Gewinn werden! Da stehen zwei Kinder zusammen an der Wasserrinne und das eine gibt dem anderen die Gießkanne und sofort schmelzen Eltern dahin und vergießen Freudentränen über diese tiefe Freundschaft.
Ich habe im Kindergarten erlebt, dass sogenannte Freundschaften – besonders die sehr engen und/oder sehr frühen – oft ein großes Ungleichgewicht zwischen einem dominanten und einem unsicheren Kind darstellen. Aber wie bringt man den Eltern, vielleicht sogar den Kolleg:innen und vor allem den Kindern bei, was echte Freund:innen sind? Dazu braucht es eine klare Sicht abseits von "My Girl" (bin ich alt oder kennt ihr alle den Film?), gute Beobachtung und letztendlich einen feinfühligen Umgang. Denn natürlich sehnen wir uns alle nach guten Freund:innen und fürchten die falschen. Mit den uns anvertrauten Kindern geht es uns da nicht anders.
Aber müssen Kinder überhaupt unsere klischeehafte Vorstellung von einer Kindergartenfreundschaft erfüllen? Ich bin oft überrascht, wie gut Kinder mit Veränderungen in ihren Beziehungen klarkommen. Tom spielt jetzt immer mit Sahin Pferd statt mit Marlene? Stört Marlene nicht, weil sie gerade sowieso lieber an der Turnstange Hängebauchschwein übt. Allein. Oh Schreck!
Wie oft machen wir uns im Vorfeld Gedanken, weil ein Kind allein in die neue Gruppe wechselt, und dann dauert es zwei Wochen und es ist zum Geburtstag eingeladen und alle wollen beim Essen neben ihm sitzen. Manchmal bewundere ich die Kinder: Sie gehen Beziehungen einfach ein, probieren aus, vertiefen sie oder eben nicht. Es gibt ja noch 20 andere Möglichkeiten. Wenn es schiefgeht, kommt ein Mensch mit Ahnung, dem ich vertrauen kann. Der hilft mir, rauszufinden und mitzuteilen, was ich von den anderen brauche. Strecken Kinder ihre Fühler nach den anderen aus, können wir ihnen für ihr Leben so viel in den Rucksack stecken, wenn wir sie dabei gut begleiten. Dann lernen sie, Freundschaft für sich selbst zu definieren, gesunde von ungesunden Beziehungen zu unterscheiden. Und irgendwann finden alle Vadas ihren Thomas J., nur eben vielleicht noch nicht im Kindergarten (ihr jungen Leute, guckt den Film!).

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