Methoden und Checkliste für die PraxisEine Kita auch für Tiere

Für die tiergestützte pädagogische Arbeit ist ein methodischer Fundus nötig, um sowohl den Kindern als auch den Tieren gerecht zu werden. Die 10-Punkte-Checkliste hilft zu prüfen, ob sich die Rahmenbedingungen in der Kita für die Tierhaltung eignen.

Um eine Überlastung der Tiere zu vermeiden, benötigen Erzieherinnen eine Sammlung motivierender Spiel- und Lernangebote rund um das Thema Tier, die zugleich für Abwechslung zu sorgen. Hierfür geeignet sind: Rate- und Bewegungsspiele, Bastelarbeiten, Lieder, Puzzle- und Memoryspiele sowie thematische Schwerpunktthemen (z.B. Tiere anderer Kontinente, Tiere im Winter). Auch Bilder- und Sachbücher, Ansichtskarten, Fotos oder Tierfilme zum gemeinsamen Anschauen und Vorlesen unterstützen das Lernen der Kinder. Interessant und lustig ist es, wenn die Tiernamen und Tierlaute einmal in den Herkunftssprachen der Kinder nichtdeutscher Erstsprache erklingen, z.B.: „Katze – gatto – cat – kedi: Miau! – Miouw! – Miaow! – Miyav!“. Die Mütter und Väter dieser Kinder dürften hierfür Experten sein. Die Zuordnung von Tier und Produkt, z.B. ein Bild vom Schaf und ein Wollpulli, sowie weiterführende Fragen – „Was geschieht mit den Tierprodukten? Wo kommen sie überall vor?“ – regen die Kinder dazu an, sich neue Wissensbereiche zu erschließen. Auch das Gelände, auf dem die Tiere gehalten werden, sollte einbezogen werden:

Mithilfe erwachsener Tierfreunde lassen sich schattenspendende Pflanzen setzen, Kletter- und Versteckmöglichkeiten für die Tiere schaffen, Futterpflanzen (Möhren, Kräuter etc.) anbauen, wobei der durch die Tierhaltung angefallene Mist verwertet und seine Bedeutung für die Gewinnung nährstoffreicher Erde den Kindern erklärt wird. Selbstverständlich spielen die Tiere eine wichtige Rolle, sollen sie als Co-Pädagogen fungieren. Zwischen vorschulischen Bildungseinrichtungen bestehen jedoch hinsichtlich der gehaltenen Tierarten, Rassen, der Anzahl der Tiere sowie deren Sozialisationsgeschichte deutliche Unterschiede, sodass an dieser Stelle exemplarisch einige praktische Beispiele skizziert werden:

  • Die Kinder erhalten Beobachtungsaufgaben, die zugleich zum Sprechen anregen. Das Aussehen oder Verhalten von Tier und Mensch zu vergleichen, motiviert ebenfalls zum mündlichen Sprachgebrauch.
  • Ein Kind legt sich entspannt auf ein Pferd oder neben eine Katze und konzentriert sich auf dessen Atmung oder auf das Schnurren. Es kommt zur Ruhe und kann sich so besser darauf konzentrieren, die Körperwärme und die Weichheit des Fells zu erspüren.
  • Aufgaben, die es in Kooperation und im Dialog mit einem Tier zu meistern gilt, fördern Kinder nicht nur im Bereich der Motorik (z. B. Bewegungslernen mit einem Reittier als Partner), sondern verlangen ihnen zugleich Geduld, Kooperationsbereitschaft und Rücksichtnahme ab.
  • Gemeinsam geplant wird ein Parcours, durch den Tiere wie Pony, Lama, Ziege und Hund zu führen sind. Wie soll die Strecke verlaufen? Welche Gegenstände (z.B. Stangen, Pylonen) können Verwendung finden? Wie ist das Tier am besten zu führen – mit geringem oder weitem Abstand zum Hindernis?

Unbestritten tragen institutionseigene Tiere zur Profilbildung eines Kindergartens bei. Die Werthaltungen, auf denen die tiergestützt-pädagogische Arbeit mit den Kindern basiert, spiegeln sich zugleich im Leitbild der Institution. Die Umund Ausgestaltung einer solchen Einrichtung zu einem Lebensraum für Menschen mit Tieren ist, als generationenübergreifendes Projekt von Erwachsenen und Kindern, eine Aufgabe, an der sich selbst schon die Jüngsten aktiv beteiligen können: durch Vorschläge für die Gestaltung der Anlage, durch die Beschaffung von Naturmaterialien, wenn es schließlich um die Ausstattung der Tierunterkünfte geht. Doch sollte zunächst, etwa anhand der „10-Punkte-Checkliste“ eingehend geprüft werden, ob die Gegebenheiten vor Ort dauerhaft günstig für die Anschaffung und Arbeit mit Tieren sind. Wenn sich die Rahmenbedingungen hierfür als ungünstig erweisen, kann es eine Alternative sein, sich in Begleitung von Experten wie Förster, Tierpfleger und Landwirt zu den Tieren in den Wald, ins Tierheim oder auf den Bauernhof zu begeben. Zusätzlich können tiergestützte Aktivitäten in den Kindergartenalltag eingebunden werden, wie etwa regelmäßige Besuche von Tierhaltern mit ihren Tieren, die über eine entsprechende Qualifikation verfügen.

10-Punkte-Checkliste

1. Beteiligte informieren

Der für die Institution maßgebende Personenkreis, also der Träger der Einrichtung, Leitungsverantwortliche, Hausmeister und Reinigungspersonal, die Kollegen und die Elternschaft sowie die Kinder, sollte frühzeitig über die Absicht, in Zukunft Tiere im Kindergarten halten zu wollen, informiert werden.

2. Experten einbinden

Kooperationspartner, die über ein adäquates Fachwissen in Fragen der Tierhaltung und des Tierschutzes verfügen, sind beratend in das Vorhaben einzubinden.

3. Zuständigkeiten klären

Festzulegen ist, wer für die Anschaffung der Tiere sowie für deren einwandfreie, auch tiermedizinische Versorgung dauerhaft die Verantwortung trägt.

Für den Fall der Verhinderung oder der Erkrankung der Hauptverantwortlichen müssen Personen benannt sein, die die Versorgung der Tiere sowie die Beaufsichtigung der Kinder, die sich bei den Tieren aufhalten, übernehmen.

Eine Regelung, wie die Tiere in den Ferien, an Feiertagen und Wochenenden angemessen versorgt werden können, ist zwingend notwendig!

4. Tiere auswählen

Die Wahl der Tierarten sollte gemeinschaftlich erfolgen. Sollen es vorrangig „Pflegetiere“ wie Fische oder doch eher „Streicheltiere“ wie Meerschweinchen und Kaninchen1 sein? Woher werden die Tiere bezogen, aus dem Tierheim, dem Zoofachgeschäft oder von einem Züchter?

Informationen, beispielsweise über die Lebensgewohnheiten, die arteigenen Bedürfnisse und spezifischen Eigenschaften der Tiere (tag- oder nachtaktiv; Platzbedarf; Lebenserwartung etc.), müssen eingeholt und in die Vorüberlegungen einbezogen werden.

Können ausreichend große Käfige, Aquarien, Terrarien beziehungsweise genügend Auslaufflächen für die Tiere zur Verfügung gestellt werden?

5. Kostenkalkulation

Die anfallenden Kosten für den Bau und die adäquate Ausstattung der Tierunterkünfte sind nicht zu unterschätzen. Sie können sich je nach Konzeption eines Tierhauses oder eines Stalls mit angrenzender Weidefläche durchaus auf stattliche Beträge belaufen. Eine dauerhafte Finanzierung ist sicherzustellen, denn die laufenden Kosten für die Tierhaltung wie Futter, Einstreu, tierärztliche Versorgung werden ein Fixposten sein.

Diverse Möglichkeiten für eine dauerhafte anteilige Kostenentlastung, beispielsweise durch regelmäßige Aktionen wie Floh- und Weihnachtsmarkt, Futter- und Geldspenden, einen Spendenaufruf in der örtlichen Presse oder auch durch die Übernahme von Tier- Patenschaften, sind zu prüfen.

6. Unterbringung und Versorgung der Tiere

Die tierschutzrechtlichen Bestimmungen sind einzuhalten.

Im Außenbereich gehaltene Kleintiere sind vor Wettereinflüssen wie übermäßiger Sonneneinstrahlung, Zugluft und Regen zu schützen.

Ein Außengehege muss den Tieren sowohl tagsüber als auch nachts ausreichend Schutz, vor Fressfeinden oder Diebstahl, bieten.

Vorteilhaft ist eine geflieste Arbeitszeile samt Wasser- und Stromanschluss für die Zubereitung von Frischfutter. Die Säuberung der Futternäpfe und Behausungen kann so rasch erledigt werden. Ein älterer, funktionsfähiger Kühlschrank kann für die Aufbewahrung von Frischfutter ebenfalls noch gute Dienste tun.

Es sind Zeitfenster im Tagesablauf einzuplanen, die eine zuverlässige Versorgung der institutionseigenen Tiere ermöglichen.

Auch an freien Tagen muss eine zuverlässige Versorgung der Tiere gewährleistet sein. Dies kann etwa durch die zuverlässige Mithilfe von Müttern und Vätern garantiert werden.

7. Einen Wohlfühlort schaffen

Ein ruhiges und rücksichtvolles Verhalten den Tieren gegenüber ist hierfür eine Grundvoraussetzung. Die Festlegung verbindlicher Verhaltensregeln, an die sich alle Tierfreunde halten, kann hilfreich sein.

Sitzgelegenheiten, Pflanzen sowie Bilder- und Sachbücher, Fotos und Spiele rund um das Thema Tier sollten vorhanden sein.

Werden die Käfige, Aquarien, Terrarien in kindgerechter Höhe aufgestellt, so sind sie gut einsehbar und es ist gewährleistet, dass die Tiere von den Kindern tatsächlich beobachtet werden können.

8. Einbindung im Alltag

Die institutionseigenen Tiere sowie die tiergestützt-pädagogische Arbeitsweise spiegeln sich im Leitbild der Einrichtung.

Die verantwortliche Person verfügt über Fachwissen und Erfahrung im Bereich der tiergestützten Pädagogik.

Die Aufsichtspflicht ist wahrzunehmen, sodass Gefahren für Kind und Tier weitestgehend ausgeschlossen sind. Auch ist auf die Einhaltung von Hygienevorschriften zu achten.

Alle mit der Einrichtung verbundenen Personen leisten ihren Beitrag zur Kostenfinanzierung.

9. Einbezug der Kinder

Pflichten wie Futterbeschaffung, Fütterung, Reinigen der Käfige, Entsorgung der Einstreu bzw. Weiterverwertung im Garten, Beschaffung von Käfigzubehör etc. sind den Kindern zu verdeutlichen.

Die Erstellung der Fütterungspläne und der To-do-Listen erfolgt gemeinsam mit den Kindern.

Zusätzlich kann ein Kind längerfristig für sein Paten-Tier (angeleitet durch die Fachkraft) Verantwortung übernehmen.

10. Möglicherweise auftretende Probleme

Bedenken, die gegen die Haltung von Tieren geäußert werden

Allergiker (Kinder/Erwachsene), die nur eingeschränkt oder gar keinen Kontakt zu den Tieren haben dürfen (siehe auch Rechtsbeitrag S. 34)

Fälle von Tierquälerei

Unerwünschte Nachzucht.

Tiere können einen positiven Einfluss auf den Menschen haben. Dennoch gilt es zu bedenken, dass die Haltung institutionseigener Tiere für pädagogische Zwecke stets bedeutet, dass Kompromisse hinsichtlich der Anforderungen an Mensch und Tier einzugehen sind und sich nicht jedes Tier für einen Einsatz im Elementarbereich eignet.

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