Bruder Klaus-KapelleDem Himmel so nah

Wie kommt es, dass ein Star-Architekt mitten auf dem Land eine Kapelle baut – und dafür nicht einmal Honorar nimmt? Die Geschichte der Bruder Klaus-Kapelle von Peter Zumthor liest sich wie ein kleines Wunder, mitten in der Eifel.

Hermann-Josef und Trudel Scheidtweiler hatten einen Lebenstraum. Die Eheleute aus dem Eifelort Mechernich-Wachendorf wünschten sich auf ihrem Grund und Boden eine Feldkapelle. Genaue Vorstellungen hatten die Landwirte nicht, nur eins war ihnen wichtig: Nikolaus von Flüe, Fürsprecher der katholischen Landvolk- und Jugendbewegung sollte Patron des Gotteshauses sein. Als sie in der Zeitung lasen, Peter Zumthor habe den Wettbewerb für den Neubau des Kölner Diözesanmuseums gewonnen, schrieben sie ihm und baten ihn, auch ihre Kapelle zu planen.

Mystisches Licht

Der Schweizer, für den nicht das Prestige und der Ort eines Vorhabens entscheidend sind, sondern auch die Auftraggeber, willigte nach einer Begegnung ein. Einer frommen Lesart zufolge hatte dabei auch Bruder Klaus seine Hände im Spiel. Denn der Schweizer Nationalheilige, der im 15. Jahrhundert den Bund der Eidgenossen vor dem Bruch bewahrt hatte, war einer der Lieblingsheiligen von Zumthors Mutter. Und so verzichtete der Star- Architekt sogar auf ein Honorar.

Für das Innengerüst der Kapelle wurden 112 Fichtenstämme aus dem Wald von Bad Münstereifel zu einem zeltartigen Raum verbunden. Helfer stampften eine Betonmischung, mit der die hölzerne Konstruktion verkleidet wurde. Als der zwölf Meter hohe fünfeckige Turm stand, wurden die Stämme drei Wochen lang geköhlert. 300 mundgeblasene Glaskugeln sind in die rußigen fensterlosen Wände eingelassen. Sie tauchen die „Höhle“ in ein fast mystisches Licht. Wer den Gebetsraum betritt, richtet seinen Blick unwillkürlich gen Himmel, der durch eine Dachöffnung in die Dunkelheit dringt.

Seit der Einweihung 2007 pilgern jährlich tausende Besucher dorthin. Der Ort der Stille und des Gebets erfuhr weltweit kunsthistorische und mediale Aufmerksamkeit. Trotz des hohen Aufwands, den die Familie stemmt, überwiegen Dankbarkeit und Freude, erzählte jüngst Thomas, der älteste Sohn der Scheidtweilers, in einem Interview mit der „Kölner Kirchenzeitung“. Sind die Kosten für die Instandhaltung gedeckt, fließen die überschüssigen Spenden in Entwicklungsprojekte für die indische Landbevölkerung.

Rohe Schönheit

Noch immer staunen die Stifter über die Anziehungskraft ihres heiligen Ortes: „Irgendwie verbindet und überbrückt die Kapelle viele Gegensätze, das Materielle und das Transzendentale, das Natürliche und das Künstlerische“, sinniert Thomas Scheidtweiler. „Ergriffenheit ist wohl das, was viele Besucher erleben, Ergriffenheit über das Schöne und zugleich Rohe dieses Ortes. Aber auch Ergriffenheit über die Fragen, die sich vielen hier stellen – nach dem, was diese Welt zusammenhält, nach dem Göttlichen, nach der eigenen Bestimmung.“ Wunder geschehen. Auch heute.

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