Der Monatsspruch im Juni 2020

"Du allein kennst das Herz aller Menschenkinder." Eine Andacht zum Monatsspruch im Juni.

Du allein kennst das Herz aller Menschenkinder.
1. Könige 8,39

Wer kann schon in das Herz eines Menschen schauen!?
Wir nicht. Denn was im Herzen eines Menschen vor sich geht, das kann man nur erahnen, wenn es ausgesprochen wird.

Verschlossenes Herz
Nur selten tragen Menschen ihr Herz auf der Zunge. Sie behalten ihre Sorgen, ihren Kummer und ihre Ängste für sich. Wer will schon nach außen hin als schwach oder wehleidig gelten!?
Aber auch Träume, Vorfreude oder Glück bewahren viele in ihren Herzen. Man weiß ja nie, welche Neider oder missgünstige Zeitgenossen das hören und alles daransetzen, uns unsere Freude zu nehmen. Das alte Volksgut weiß ein Lied zu singen, dass es besser ist, das Herz und die Gedanken für sich zu behalten:
„Die Gedanken sind frei. Wer kann sie erraten? Sie fliegen vorbei wie nächtliche Schatten. Kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen ... Ich denke, was ich will, und was mich beglücket, doch alles in der Still, und wie es sich schicket. Mein Wunsch und Begehren kann niemand verwehren, es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei!“

Kaltes Herz
Verschlossen sind Herzen aber nicht nur, damit nichts aus ihnen herausdringt, sondern damit auch nichts hineindringt.
Sorgen, Kummer oder Ängste anderer lassen wir nicht gerne an uns heran. Wir haben doch genug eigene, oder?
Und vom Glück und der Freude anderer möchten wir auch lieber nichts hören. Es könnte uns ja weh tun, wenn wir anfangen deren Lebensglück mit dem unseren zu vergleichen. Auch da rät das Volksgut mit einem schlagenden Argument: „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.“
Es liegt auf der Hand, dass dadurch Entfremdung zwischen Menschenherzen entsteht. Wenn der eine sein Herz nicht ausschütten will, der andere aber sein Herz genauso wenig öffnen will, spüren wir das, was uns gerade in der heutigen Zeit so großen Kummer macht: Herzenskälte.

Herzensgebet
„Du allein kennst das Herz aller Menschenkinder.“ Das ist ein Satz aus dem Gebet des König Salomo, als er den fertigen Tempel in Jerusalem einweiht.
Es lohnt sich, sich einmal die Zeit zu nehmen, die Schilderung der Tempeleinweihung und das Gebet des Salomo in seiner ganzen Länge zu lesen. Es ist ein langes, ein inniges und sehr ausführliches Gebet. Salomo bittet Gott darum, die Gebete all der Menschen zu erhören, die in Notlagen, mit Zweifeln und Fragen, oder auch in glücklicher Zeit zu ihm in diesen neuen Tempel kommen. Salomo vertraut Gott, dass er das kann, und kleidet dieses Vertrauen in diese eindrücklichen Worte: „Denn du allein kennst das Herz aller Menschenkinder.“
Salomo weiß: Das, was von einem Menschen sichtbar ist, das kann täuschen. Wie es im Innern eines Menschen aussieht, kann kein Außenstehender wirklich erkennen und ganz durchschauen.
Aber wenn Gott einen Menschen sieht und ihn beurteilt, dann spielt für ihn nicht nur das äußere Tun und Lassen eine Rolle, sondern vor allem das, was an Gedanken und Motiven dahinter zu erkennen ist. Und das erkennt Gott in allen Zusammenhängen. Er allein kennt das Herz aller Menschen.

Offenes Herz
Wenn das wirklich so ist, dass unser Herz, unsere Gedanken und Gefühle wie ein offenes Buch vor Gott liegen, dann ist das ja nicht gerade beruhigend. Gerne würden wir ja nicht nur vor den Menschen, sondern manchmal auch vor Gott verheimlichen, was wir von tiefstem Herzen lieben, träumen, verabscheuen oder hassen.
Es ist nicht immer angenehm zu wissen: Gott weiß, was ich denke. Gott weiß, was ich fühle. Aber wenn es uns gelungen ist, ehrlich zu sein und uns an diesen Gedanken zu gewöhnen, dann geschieht etwas, was unser Herz in jeder Hinsicht öffnen kann:
Scham wird schwinden. Ehrlichkeit darf einziehen.
Angst wird vergehen. Vertrauen darf entstehen.
Verschweigen wird unnötig. Offenheit wird möglich.
Und plötzlich wird ein verschlossenes Herz nicht nur offener und ehrlicher, zuzugeben, was nicht in Ordnung ist, sondern auch offener und wärmer, hinzuschauen, hinzuhören, anzupacken und mitzuhelfen, wo etwas nicht in Ordnung ist.
Deshalb ist für uns alle gut zu wissen, dass Gott unsere Herzen so gut kennt.

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