Angehende Kindertagespflegepersonen im PraktikumLernort Praxis

Zur Qualifizierung zur Tagesmutter gehört bisweilen auch, in das spätere Berufsfeld hineinzuschnuppern. Welche Vorteile hat ein solches Praktikum und was gilt es bei der Umsetzung zu beachten?

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© Harald Neumann, Freiburg

Wer Kindertagespflegeperson werden möchte, muss einen Lehrgang, die sog. tätigkeitsvorbereitende Grundqualifizierung, absolvieren. Nach dem kompetenzorientierten Qualifizierungshandbuch (QHB) beinhaltet dieser Lehrgang ein verpflichtendes Praktikum für die Teilnehmerinnen. Dieses Praktikum umfasst 80 Stunden; davon sind 40 Stunden bei einer Kindertagespflegestelle (KTP) und 40 Stunden in einer Krippe oder Kindertagesstätte mit Kindern unter drei Jahren zu leisten.

Ein Praktikum – viele Vorteile

Das Praktikum ist das Herzstück des gesamten Lehrgangs und birgt als solches viele Chancen. Es bietet den Teilnehmerinnen die Möglichkeit, ihr erworbenes theoretisches Wissen mit praktischen Eindrücken und Erfahrungen zu ergänzen. Diese Erfahrungen wiederum bereichern die theoretische Ausbildung, denn sie können von Dozentinnen und Teilnehmerinnen immer wieder inhaltlich eingebunden werden.
Die Praktikantinnen können in einer Einrichtung erstmals Organisationsstrukturen und Abläufe, pädagogisches Handeln und die Nutzung von Spielmaterialien und Räumen im pädagogischen Kontext beobachten. All diese Eindrücke helfen ihnen dabei, sich auf die eigene Tätigkeit als Tagesmutter vorzubereiten und das Erlebte für die eigene Konzeption zu reflektieren. Teilnehmerinnen, die über keinerlei pädagogische Erfahrung verfügen, sind oft regelrecht begeistert, wenn sie den Alltag in einer Kita oder Kindertagespflegestelle zum ersten Mal miterleben.
Ein weiterer Vorteil: „Der ‚Schonraum‘ im Praktikum bietet (…) die Möglichkeit zur Erprobung und Weiterentwicklung der eigenen Kompetenzen“ (Bundesverband für Kindertagespflege e. V. 2016, S. 7). Nach dem zweiten Praktikum können die Teilnehmerinnen ihre Eindrücke aus der Kita und die aus der Tagespflegestelle miteinander vergleichen und sich sowie die eigene zukünftige Tätigkeit besser verorten. Sehr informativ und bereichernd sind die Reflexionen, die nach den Praktika im Rahmen des Lehrgangs stattfinden. Jede Teilnehmerin kann hier ihre eigenen Erlebnisse und Eindrücke aus der Einrichtung schildern. So profitieren die Gruppenmitglieder voneinander und stärken ihre persönlichen und fachlichen Kompetenzen. Auch können durch das Praktikum erste Kontakte für spätere Vertretungen oder Vernetzungen entstehen.

Eine Frage der Organisation

Die Planung, Umsetzung und Nachbereitung des Praktikums ist komplex und zeitintensiv und deswegen als ein eigenständiger Bereich innerhalb des Lehrgangs anzusehen. Der Bildungsträger sollte diesen Bereich bestenfalls in die Zuständigkeit einer Person geben, die als Ansprechpartner für alle Beteiligten (Praktikantinnen, Praktikumsstellen, Mentoren, Kursleiterinnen, Fachberatung, Bildungsträger und Jugendamt) fungiert, und ihr ausreichend zeitliche Ressourcen bereitstellen. Die Fachberatung eignet sich insofern für diese Aufgabe, dass sie oft schon mit tätigen Kindertagespflegepersonen und Kitas vernetzt ist und damit adäquate Praktikumsstellen sicherstellen kann. Hat der Lehrgang mehr als zehn Teilnehmerinnen, sollte eine weitere Kursleiterin mit eingebunden werden, um die logistischen und inhaltlichen Aufgaben der einzelnen Praktikumsbesuche in den Einrichtungen umsetzen zu können.
Das QHB ermöglicht eine individuelle Gestaltung des Praktikums. Daher ist es die Aufgabe aller Beteiligten, gemeinsam eine Praktikumskonzeption zu entwickeln: Welche Praktikumsform bevorzugen wir? Und wo wollen wir das Praktikum zeitlich im Lehrgang verorten? Praktikumsformen gibt es bspw. folgende:

  • ein Praxisblock in Kita/KTP mit je 40 Std.
  • zwei Praxisblöcke in Kita/KTP mit je 2x20 Std.
  • ein Praxisblock und einzelne Tage in Kita/KTP mit je 20 Std. sowie wöchentlich ein Tag à vier Std.
  • regelmäßige Praxistage in Kita/ KTP mit je zehn Tagen à vier Std.
  • regelmäßige Praxistage in Kita/ KTP mit je sieben Tagen à sechs Std.

(Bundesverband für Kindertagespflege e. V. 2016)

Tipps für die Umsetzung

Eine bewährte Vorgehensweise ist, dass sich die Teilnehmerinnen ihren Praktikumsplatz in einer Kita selbst suchen. Nur bei Schwierigkeiten erhalten sie hierbei Unterstützung von der Kursleiterin oder der Fachberatung. Hilfreich für die Akquise ist ein Schreiben der Fachberatung, das über die konkreten Rahmenbedingungen und die Ziele des Praktikums informiert und das die Praktikantinnen in der Kita vorzeigen können. Es empfiehlt sich außerdem, sich von der Einrichtung die Zusage zum Praktikum schriftlich bestätigen zu lassen. Die Erfahrung zeigt, dass die Einrichtungen sehr offen dafür sind, zukünftige Kindertagespflegepersonen als Praktikantinnen aufzunehmen.
Die Praktikumsstellen bei einer Kindertagespflegeperson werden z. B. in Bensheim über die Fachberatung zugeteilt. Diese berücksichtigt hierbei Besonderheiten, die den Teilnehmerinnen für ihre eigene spätere Arbeit wichtig sind, z. B. das Betreuen von „fremden“ und eigenen Kindern, das Arbeiten in der eigenen Mietwohnung, das Halten von Haustieren o. Ä.
Der zuständige Bildungsträger kann interessierten Erzieherinnen und Tagespflegepersonen eine Fortbildung anbieten, um sich zur Praxismentorin ausbilden zu lassen. In Bensheim gibt es für die Mentorinnen zusätzlich das Angebot, nach dem Praktikum ihre Rolle als Betreuerin zu reflektieren. Auf diese Weise entsteht gleichzeitig ein dichtes Netzwerk aus Praktikumsstellen und Mentoren.
In einer Orientierungsphase zu Beginn des Lehrgangs erhalten die Teilnehmerinnen erste Informationen zum Praktikum. Mit folgenden Fragen aus dem QHB können sie sich außerdem darauf vorbereiten:

  • Mit welchen Gefühlen gehe ich ins Praktikum?
  • Welche Rolle nehme ich als Praktikantin ein?
  • Was erwarte ich von meiner Praktikumsmentorin?
  • Was möchte ich aus dem Praktikum mitnehmen?

Im Kurs sollten außerdem die folgenden Themen besprochen werden: Möglichkeiten und Grenzen im Praktikum, Aufsichtspflicht, Pflegesituation, Umgang mit Eltern, versicherungs- und vertragsrechtliche Aspekte (z. B. Haftpflicht- und Unfallversicherung, Schweigepflicht, Datenschutz) und individuelle Praktikumsaufgaben der Teilnehmerinnen. Im Laufe des Praktikums besucht die Kursleiterin die Teilnehmerinnen an ihren Praktikumsstätten und führt ein Reflexionsgespräch mit ihnen – hierfür ist ein Gesprächsleitfaden hilfreich.
Nach Ende des Praktikums sollten sich die Teilnehmerinnen von der Einrichtung eine Praktikumsbestätigung ausstellen lassen.

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