Armut (absolute und relative)bei Kita-Kindern

"Armut beeinträchtigt die Entwicklung von Kindern. Im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung von 1998 wird auf eine Definition des EU-Rates von 1984 zurückgegriffen: Arm ist demnach, wer über so geringe materielle, kulturelle und soziale Mittel verfügt, dass sie/er von einer Lebensweise ausgeschlossen ist, die in dem Mitgliedsstaat als Minimum annehmbar ist. Kernpunkt dieser Definition ist die Ungleichheit von Lebensbedingungen und der Ausschluss von der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Der Armutsbegriff der Bundesregierung basiert auf diesem Ansatz der Ungleichheit bzw. ungleichen Verfügbarkeit von Ressourcen: Armut ist relative Armut im Sinne von Ungleichheit. Der relativen Armut kann die absolute Armut gegenübergestellt werden. Absolute Armut meint, dass ein Mensch nicht genügend Mittel zum physischen Überleben zur Verfügung hat. Junge Familien mit kleinen Kindern sind besonders von einem Armutsrisiko bedroht. Nach einem Bericht des Deutschen Gewerkschaftsbundes und des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes gelten in Deutschland etwa 2 Millionen Kinder als arm. Kinder von alleinerziehenden Eltern und von ausländischen Familien sind von Armut besonders betroffen (12. Kinder- und Jugendbericht, S. 21). Der 7. Familienbericht geht auf den Zusammenhang von Armut und kindlicher Entwicklung ein: Kinder brauchen für eine gelingende Kindheit ein zufriedenes und ausgeglichenes Herkunftsmilieu, materielle Sicherheit und die Vermittlung des Gefühls von Zuversicht und Zukunftsperspektive. Dieses Bedingungsgefüge kann in Elternhäusern, wo die Ausgrenzung aus dem Erwerbsleben, Geldmangel und persönlich erlittene Niederlagen bei der Jobsuche auftreten, fehlen. Die Beeinträchtigung von Wohlbefinden und Gesundheit geht mit einem Selbstwertverlust und häufig auch mit übermäßigem Alkoholgenuss einher und beeinträchtigt das Familienklima und die Beziehungen zu den Kindern (7. Familienbericht, S. 292). Für Kinder kann Armut im Einzelnen gravierende Folgen haben, u. a.:

  • Sie sind in ihrer Entwicklung Risiken ausgesetzt, besonders wenn mehrere belastende Faktoren zusammenkommen.
  • Ihr Selbstwertgefühl entwickelt sich mangelhaft .
  • Sie haben nur eingeschränkt Zugang zu Bildungseinrichtungen.
  • Die Armut hat Auswirkungen auf ihre Gesundheit, z. B. durch eine höhere Anfälligkeit für akute und chronische Erkrankungen.
  • Sie haben ein geringeres Wohlbefinden, sind unzufriedener und haben stärkere Zukunftssorgen.
  • Sie sind einsam, nervös und haben Konzentrationsschwächen.

Kindertageseinrichtungen können mit ihrem Bildungsangebot dazu beitragen, dass die Benachteiligung von Kindern aus von Armut betroffenen Familien ein Stuck weit abgebaut wird. Zu beachten ist dabei, dass Armut oftmals nicht auf den ersten Blick erkannt werden kann. Die Kinder werden beim Aufbau von resilientem und prosozialem (helfendem) Verhalten unterstutzt, können Selbstwert entwickeln und Kompetenzen und Ressourcen aufbauen. Eltern können über Kontakte in der Kindertageseinrichtung aus ihrer Isolation finden und gegebenenfalls Zugang zu Hilfs- und Unterstützungssystemen bekommen. Zu hinterfragen sind Zusatzkosten über die regulären Gebühren hinaus (z. B. für Kurse für Kinder oder Eltern), die nicht von allen Eltern bezahlt werden können. Durch diese gut gemeinten, manchmal aber teuren Zusatzangebote können arme Familien ausgegrenzt und damit benachteiligt werden."