ZölibatKommentar: Die Priesterehe

Es trifft ins Zentrum des Glaubens, wenn sonntags immer seltener Eucharistie gefeiert wird und die Seelsorger immer weiter von den Menschen entfernt sind. Die Zugangswege zum Priestertum müssen endlich Thema werden.

Der Zölibat als verpflichtende Lebensform für Gemeindepriester wird fallen. Es kann nur noch eine Sache von Monaten, höchstens wenigen Jahren sein, bis auch der lateinische Teil der katholischen Kirche den Geistlichen nicht mehr vorschreibt, ehelos zu leben - und somit die alte Tradition wieder aufnimmt, die in den Ostkirchen bis heute Bestand hat … So dachten nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil viele Männer und traten in die Seminare ein. Doch bei den Zulassungsbedingungen hat sich nichts bewegt. Und mit der Hoffnung auf einen Wandel sanken auch wieder die Bewerberzahlen. Inzwischen werden Priesterseminare zusammengelegt, dichtgemacht.

Derzeit ist wieder einmal eine Öffnung der Zugangswege zum Priestertum im Gespräch: die Weihe für viri probati, also für „bewährte“ verheiratete Männer. Freilich ist befremdlich, wieviel Vorbehalt und wieviel Angst es unter den Lehrautoritäten bei diesem Thema gibt. Lange Zeit hat man gar nicht darüber geredet. Jeder schaute nach Rom, zum Papst. Unter Johannes Paul II. herrschte Schweigen, unter Benedikt XVI. Stillstand. Erst Franziskus I. deutete soeben an, man könne über Familienväter als Priester nachdenken - allerdings nur für bestimmte Aufgaben „in weit entlegenen Gemeinden“. Den deutschen Bischöfen fehlt selbst zu einer derart vorsichtigen Aussage noch der Mut, obwohl sie sich bei ihrer Vollversammlung in Bensberg ausdrücklich mit „Zukunft und Lebensweise“ des Priesters beschäftigt haben. Bislang wird der Vorstoß des Papstes nur vereinzelt aufgegriffen: zumeist von Weihbischöfen aus der zweiten Reihe oder von Prominenten im Ruhestand. Als sie ihr Bischofs­amt ausübten, gingen sie in der Frage nicht voran.

Dabei trifft es das Zentrum, wenn sonntags immer seltener Eucharistie gefeiert wird und die Seelsorger immer weiter von den Menschen entfernt sind: räumlich sowie auch geistig, weil sie durch das „Managen“ aufgefressen werden. Das Problem ist so drängend, dass eigentlich in alle Richtungen überlegt werden müsste: Freiwilligkeit des Zölibats für Gemeindepriester, Priesteramt im Nebenberuf und, ja, auch die Weihe für Frauen - und zwar aus theologischen Gründen, nicht, um Löcher zu stopfen!

Selbstverständlich würde eine Veränderung bei den Zugangswegen die grundlegende Glaubensnot von vielen nicht beheben und den Abbruch im Kirchenleben nicht verhindern. Das ist an der evangelischen Kirche zu sehen. Aber mancher Schaden ließe sich begrenzen. Die bisherige Antwort auf die Krise, nämlich stärker um Berufungen zu beten, hat sich jedenfalls als unzureichend erwiesen. Hört Gott etwa nicht zu? Der Münsteraner Pfarrer Thomas Frings, der aus Frustration über Fehlentwicklungen aus dem Amt geschieden ist, schreibt: Vielleicht ist ja gerade das ein Zeichen Gottes, dass er unser Gebet nicht erhört - damit wir hingehen und etwas ändern.

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