20 Jahre deutsch-polnischer Freundschaftsvertrag

Vor 20 Jahren wurde der deutsch-polnische Nachbarschaftsvertrag geschlossen. Der Publizist, Theologe und Germanist Theo Mechtenberg erläutert die Bedeutung dieses Vertragswerks.

Am 17. Juni 1991 unterzeichneten Premier Jan Bielecki und Bundeskanzler Helmut Kohl sowie die Außenminister beider Länder den deutsch-polnischen Vertrag über "gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit". Die insgesamt 38 Artikel umfassen ein breites Spektrum politischer, wirtschaftlicher und kultureller Beziehungen, die auf der Basis von Konsultation und Kooperation geregelt werden sollen und die Grundlage für eine Fülle von Einzelverträgen bilden. Die Laufzeit des Vertrages beträgt zehn Jahre, verlängert sich aber automatisch um jeweils weitere fünf Jahre. Daß der Vertrag nunmehr 20 Jahre Bestand hat, kann als Beweis dafür gelten, daß er in den zwei Jahrzehnten angesichts der nicht immer konfliktfreien Beziehungen seine Bewährungsprobe bestanden hat.

In der Präambel bekunden beide Seiten, "die leidvollen Kapitel der Vergangenheit abzuschließen" und an die "guten Traditionen" im Zusammenleben beider Völker anzuknüpfen. Dabei stellen sie die bilateralen Beziehungen betont in einen übergreifenden europäischen Rahmen und erteilen damit allen nationalen Alleingängen und nationalistischen Bestrebungen, die in der Vergangenheit das beiderseitige Verhältnis so tragisch belastet haben, eine Absage.

Der Vertrag - eine Frucht des europäischen Umbruchs

Der deutsch-polnische Nachbarschafts- und Freundschaftsvertrag ist eine Konsequenz des 1989 von Polen ausgehenden europäischen Umbruchs. Mit dem Ende des kommunistischen Systems und dem Übergang zu einem demokratischen Rechtsstaat verband sich die Hoffnung auf eine Neuordnung der deutsch-polnischen Beziehungen sowie auf eine "Rückkehr nach Europa" nach den Jahrzehnten sowjetischer Hegemonie.

Auch auf deutscher Seite verlangten die Ereignisse der Jahre 1989/90 eine Neuregelung des Verhältnisses zu Polen. Nach dem Ende der SED-Herrschaft und dem Beitritt der DDR zum Geltungsbereich der Bundesrepublik erforderten die deutsch-polnischen Beziehungen eine neue Rechtsgrundlage. Der am 7. Dezember 1970 unterzeichnete Vertrag "über die Grundlagen der Normalisierung" war im Rahmen der Entspannungspolitik sowie der auf einen "Wandel durch Annäherung" zielenden "neuen Ostpolitik" der Bundesregierung damals von hoher Bedeutung und entsprach mit der Anerkennung der polnischen Westgrenze (Art. 1) sowie aufgrund der Perspektive einer engeren Zusammenarbeit, zumal auf wirtschaftlichem Gebiet, polnischem Interesse. Allerdings ließ der Vertrag wegen des unüberbrückbaren Systemgegensatzes wenig Raum, die gegenseitigen Beziehungen im Sinne freundschaftlicher Nachbarschaft weiter auszubauen. Zudem stand der Vertrag nach Rechtsauffassung der Bundesregierung unter dem Vorbehalt einer künftigen Friedensregelung für Gesamtdeutschland, was konkret bedeutete, daß nach vollzogener Wiedervereinigung ein neuer Grenzvertrag abgeschlossen werden mußte. Diese vertragliche Grenzbestätigung nach vollzogener deutscher Einheit erfolgte am 14. November 1990 und machte den Weg frei für den Vertrag über "gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit".

Während der deutsch-polnische Grundlagenvertrag nach zwei Jahrzehnten durch den Nachbarschaftsvertrag von 1991 abgelöst wurde, ist ein anderes Ereignis am Tag des Vertragsabschlusses, nämlich der Kniefall von Bundeskanzler Willy Brandt vor dem Warschauer Ghettodenkmal, von bleibender Bedeutung. Diese spontane Demutsgeste bildet die eigentliche Grundlage einer Normalisierung der deutsch­polnischen Beziehungen. Sie ist gleichsam die politische Antwort auf den Versöhnungsbrief der polnischen Bischöfe von 1965 sowie eine notwendige Ergänzung der damaligen Entgegnung der deutschen Bischöfe. Denn mit seinem Kniefall hat Willy Brandt deutlich gemacht, daß eingedenk der belasteten deutsch-polnischen Vergangenheit eine politische Verständigung der moralischen Grundlage einer Versöhnung bedarf, um auf Dauer Bestand zu haben.

Die Lösung der Minderheitenfrage

Die politische Führung im kommunistischen Polen hatte die Existenz einer deutschen Minderheit geleugnet und ihre sich deutsch fühlenden Bürger einem starken Polonisierungsdruck ausgesetzt. So war es der deutschen Seite in den Verhandlungen zum Grundlagenvertrag von 1970 lediglich gelungen, eine generelle Ausreisemöglichkeit für polnische Staatsbürger deutscher Volkszugehörigkeit zu erwirken. Im Vertrag fehlte zwar diese Zusicherung, doch in einer ihm beigefügten "Information" verpflichtete sich die polnische Regierung, dem Wunsch der Bundesregierung zu entsprechen, was in der Folge zu einem beachtlichen Zustrom deutscher Spätaussiedler führte.

Es versteht sich daher, daß die Minderheitenfrage in den Verhandlungen über den Nachbarschaftsvertrag von 1991 neu aufgegriffen wurde. Ihr Gewicht läßt sich daran ermessen, daß sie im Vertrag mit den Artikeln 20 bis 22 den weitaus größten Raum einnimmt. Während die polnische Seite die lange geleugnete Existenz einer deutschen Minderheit anerkennt und ihr die ihr zukommenden Rechte garantiert, verpflichtet sich die deutsche Seite, "Personen deutscher Staatsangehörigkeit ..., die polnischer Abstammung sind oder die sich zur polnischen Sprache, Kultur oder Tradition bekennen", die gleichen Rechte zu gewähren, wie sie der Vertrag der deutschen Minderheit garantiert. Ergänzend erklärt die Bundesrepublik in dem dem Vertrag beigefügten Briefwechsel, daß Personen polnischer Abstammung, "die durch die Bestimmungen des Artikels 20 Absatz 1 nicht erfaßt werden", also die keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, gleichfalls die in den Artikeln 20 und 21 verankerten Rechte in Anspruch nehmen können. Bezüglich der deutschen Minderheit erklärt die polnische Seite einschränkend, daß sie "derzeit keine Möglichkeit (sieht)", ihr die "Zulassung offizieller topographischer Bezeichnungen ... in deutscher Sprache" zu ermöglichen.

Trotz der umfangreichen Rechtsgarantien zeigten sich weder die in der Bundesrepublik lebenden Polen noch die deutsche Minderheit in Polen mit den vertraglichen Vereinbarungen voll zufrieden. Die polnische Seite bemängelt bis heute, daß ihr der Status einer Minderheit versagt wurde, der ihr nach Auffassung der Bundes­republik nicht zukommt, weil es sich bei den in Deutschland lebenden Polen nicht um eine autochthone Gruppe in einem traditionellen Siedlungsgebiet handle.

Die deutsche Minderheit ihrerseits hielt sich nicht an die im Briefwechsel festgelegte Einschränkung. So tauchten bald in einigen von Deutschen mehrheitlich bewohnten Orten in Oberschlesien bislang versteckte Denkmäler wieder auf, und neben den polnischen Ortsbezeichnungen wurden deutsche Namensschilder angebracht. Diese Eigenmächtigkeit führte zeitweise zu Spannungen und Attacken in der Presse. Daß die Situation nicht eskalierte, ist nicht zuletzt das Verdienst des Oppelner Bischofs Alfons Nossol. Selbst zweisprachig und bereits zur kommunistischen Zeit ein Förderer der deutschen Minderheit, verstand er es mit seiner persönlichen Autorität und pastoralen Klugheit, die Gemüter zu beruhigen und ein relativ konfliktfreies Zusammenleben der unterschiedlichen ethnischen Gruppen in seinem Bistum sicherzustellen.

Wiederentdeckung des deutschen Kulturerbes in seiner Bedeutung für Versöhnung und Identität

Artikel 28.1 des Partnerschaftsvertrages enthält die Verpflichtung, "bei der Erhaltung und Pflege des europäischen Kulturerbes" zusammenzuarbeiten und "sich für die Denkmalpflege" einzusetzen. Die Bedeutung dieser Absprache kann man nur ermessen, wenn man sich die Situation in den 1945 von den Deutschen durch Flucht und Zwangsausweisung verlassenen Gebieten, den Zustrom der aus ihrer Heimat vertriebenen Ostpolen sowie die Politik des kommunistischen Regimes vor Augen hält. Die Ankömmlinge aus dem Osten kamen in ein ihnen fremdes Land. Sie taten sich schwer, Wurzeln zu schlagen. Die Politik der "wiedergewonnenen Gebiete" negierte die Jahrhunderte deutscher Besiedlung und Kultur. Nicht nur die Namen der Ortschaften wurden polnisch, auch das, was an kulturellen Gütern vorhanden war, wurde entweder umgedeutet oder dem Verfall preisgegeben. Damit war die polnische Bevölkerung in den ehemals deutschen Gebieten dazu verurteilt, gleichsam in einem geschichtslosen Raum zu leben, dazu in der von der Propaganda geschürten Angst vor einer möglichen Rückkehr der Deutschen. Unter diesen Voraussetzungen konnte sich schwerlich ein Gefühl von Heimat und regionaler Identität herausbilden.

Mit dem Epochenjahr 1989 änderte sich diese Situation grundlegend. Der neue demokratische, sich Europa öffnende polnische Staat setzte der Geschichtsfälschung vergangener Jahrzehnte ein Ende. Damit begann in den ehemals deutschen Gebieten ein Prozeß der Wiederentdeckung des deutschen Kulturerbes1.

Dieser Prozeß war von doppelter Relevanz: Zum einen begünstigte er die Versöhnung der deutschen Vertriebenen mit dem Schicksal ihres Heimatverlustes; zum anderen erleichterte er den jetzigen polnischen Bewohnern die heimatliche Verwurzelung und prägte entscheidend ihre lokale und regionale Identität.

Die neuen Verhältnisse erleichterten es vielen Vertriebenen, ihre einstige Heimat zu besuchen und sich vor Ort für die Rettung vom Verfall bedrohter Kulturgüter einzusetzen. Es entwickelten sich auf lokaler Ebene Formen deutsch-polnischer Zusammenarbeit, Städtepartnerschaften wurden ins Leben gerufen und persönliche Freundschaften geschlossen. Auf diese Weise wurde die einst verlorene Heimat auf einer geistigen Ebene wiedergewonnen. Unterstützt wurde diese Entwicklung durch die 1991 gegründete Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, durch die der Polen in der Gierek-Ära gewährte Milliardenkredit zu einem Fonds umgewidmet wurde, der unter anderem dazu diente, Projekte zur Rettung des deutschen Kulturerbes finanziell zu fördern.

Wer heute die Ende des Zweiten Weltkriegs als "Festung Breslau" fast völlig zerstörte niederschlesische Metropole besucht, erlebt nicht nur eine wie ein Phönix aus der Asche wiedererstandene Stadt, er erkennt auch in dem jetzigen Wroclaw das einstige Breslau - und dies nicht nur an den historisch getreu restaurierten Fassaden der den Markt umgebenden Bürgerhäusern. In den Buchläden findet er in reichlicher Zahl Werke zur Geschichte Breslaus und Niederschlesiens sowie liebevoll gestaltete Bildbände, die dem Betrachter die versunkene Welt früherer Zeiten vor Augen führen. Die Universität organisierte in den letzten 20 Jahren zahlreiche wissenschaftliche Symposien unter internationaler Beteiligung, auf denen Forschungsarbeiten zum "Kulturraum Schlesien"2 vorgestellt und diskutiert wurden. An die Stelle einstiger Geschichtsvergessenheit trat eine regionale Gedächtniskultur, die als eine neue niederschlesische Identität der jetzigen polnischen Bevölkerung gelten kann.

Die Entwicklung in den letzten zwei Jahrzehnten, in denen die verdrängte deutsche Vergangenheit der polnischen West- und Nordgebiete wieder entdeckt, ihr kulturelles Erbe gepflegt und Teil einer regionalen Identität wurde, war begleitet von einem regen Austausch dieses Grenzlandes mit den benachbarten deutschen Bundesländern. Die mit dem Vertrag über "gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit" verbundenen Erwartungen wurden so in den polnischen Grenzregionen auf besondere Weise erfüllt, die denn auch Sympathiewerte für den deutschen Nachbarn aufweisen, die deutlich über dem Landesdurchschnitt liegen.

Deutsch-polnische Interessengemeinschaft im europäischen Kontext

Erstmals sprach der polnische Außenminister Krzysztof Skubiszewski am 22. Februar 1990 auf dem deutsch-polnischen Forum von einer "deutsch-polnischen Interessengemeinschaft" und prägte damit einen Begriff, der gemäß des Nachbarschaftsvertrages in einem europäischen Zusammenhang zu sehen ist. Bereits in der Präambel betonen die Vertragspartner die Bedeutung, welche "die politische und wirtschaftliche Heranführung der Republik Polen an die Europäische Gemeinschaft für die künftigen Beziehungen der beiden Staaten" hat. Der Vertrag beläßt es nicht bei diesen Absichtserklärungen. In Art. 8 werden Handlungsziele formuliert. Als ersten Schritt auf dem Weg zu einer Vollmitgliedschaft in der EG findet der Abschluß eines Assoziierungsabkommens Erwähnung, wobei sich die Bundesrepublik verpflichtet, Polen auf dem Weg in die Europäische Gemeinschaft "im Rahmen ihrer Möglichkeiten nach Kräften" zu fördern (Art. 8, 2). Den Artikel abschließend heißt es:

"Die Bundesrepublik steht positiv zur Perspektive eines Beitritts der Republik Polen zur Europäischen Gemeinschaft, sobald die Voraussetzungen dafür gegeben sind" (Art. 8, 3).

Die Bundesregierung ist in all den Jahren im polnischen wie im eigenen Interesse ihrer aus dem Vertrag resultierenden Verpflichtung nachgekommen und hat sich als eine Befürworterin der Aufnahme Polens in die europäischen Institutionen erwiesen. So kam es unter der Regierung Kohl zu einer Vielzahl von Abkommen zur Förderung bilateraler Zusammenarbeit in den unterschiedlichsten Bereichen, die dazu beitrugen, Polen an die Europäische Gemeinschaft heranzuführen. Zumal auf dem Hintergrund der Erfahrungen, die Polen im Zweiten Weltkrieg mit deutschen Soldaten machen muße, verdient die 1993 vereinbarte Kooperation im militärischen Bereich eine besondere Hervorhebung. So wurde Polen auf die im März 1999 erfolgte Aufnahme des Landes in die NATO vorbereitet, womit ein wichtiges, wenn nicht gar das wichtigste Desiderat Polens auf dem Weg nach Europa erfüllt war - die Befriedigung seines Sicherheitsinteresses.

Daß sich die deutsche Regierung auch in schwierigen Phasen als ein Anwalt polnischer Interessen erwies, zeigte sich im Dezember 2000 auf dem EU-Gipfel in Nizza, auf dem in Hinblick auf die bevorstehende Erweiterung der Gemeinschaft die Stimmenverteilung festgelegt wurde. Nach Präsident Jacques Chirac sollte Polen zwei Stimmen weniger als Spanien erhalten, obwohl die Bevölkerungszahl beider Länder ungefähr gleich ist. Doch Bundeskanzler Gerhard Schröder bestand darauf, daß beide Staaten je 27 Stimmen erhielten, zwei weniger als die "großen Vier". Dafür trat die Bundesrepublik als das weitaus bevölkerungsreichste Land der Union von ihrem ursprünglichen Anspruch auf eine höhere Stimmenzahl zurück und gab sich, wie Frankreich, gleichfalls mit 29 Stimmen zufrieden. Zu erinnern ist gleichfalls an die durchaus kritische letzte Phase der Beitrittsverhandlungen vor der Aufnahme Polens in die Europäische Union, als die Bundesregierung mit der Zusage der Erhöhung der Subventionen für die polnische Landwirtschaft die damalige Blockadehaltung der polnischen Seite zu überwinden vermochte.

Auch sonst erwies sich die deutsche Politik als durchaus polenfreundlich. So griff die Koalitionsregierung aus SPD und Grünen nach ihrem Wahlsieg von 1998 eine von polnischer Seite seit vielen Jahren erhobene Forderung nach Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern auf und entsprach ihr mit der Schaffung der Bundesstiftung "Erinnerung, Verantwortung, Zukunft", die unter Beteiligung der deutschen Wirtschaft die Zahlungen ermöglichte. Auf diese Weise wurde zugleich die Öffentlichkeit für das den Zwangsarbeitern im Zweiten Weltkrieg zugefügte Unrecht sensibilisiert - ein für die deutsch-polnische Versöhnung bedeutsamer Beitrag.

Irakkrieg, Zentrum gegen Vertreibungen, Preußische Treuhand

Während für das erste Jahrzehnt des Vertrages über "gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit" eine uneingeschränkt positive Bilanz gezogen werden kann, zeigten sich mit Beginn des neuen Jahrtausends Unstimmigkeiten in den deutsch-polnischen Beziehungen, welche die Interessengemeinschaft in Frage stellten und den Partnerschaftsvertrag einer Belastungsprobe aussetzten. Beide Seiten hatten es versäumt, sich neue gemeinsame Ziele zu setzen, nachdem sich die Dynamik der deutsch-polnischen Interessengemeinschaft mit der EU-Aufnahme Polens weitgehend erschöpft hatte. Zudem wurde das dem Vertrag zugrunde liegende Prinzip von Konsultation und Kooperation in seiner Bedeutung präventiver Konfliktbewältigung nicht ausreichend beachtet.

1. Die Auswirkung des Irakkriegs auf die deutsch-polnischen Beziehungen. Noch vor Ausbruch des Irakkriegs hatte in Polen die von Kanzler Gerhard Schröder im Bundestagswahlkampf 2002 gemachte Aussage für Irritationen gesorgt, Deutschland würde sich selbst bei einem UN-Mandat nicht an einem Krieg gegen den Irak beteiligen. Die polnische Presse kommentierte diese Äußerung als Anzeichen eines "deutschen Sonderweges". Sie beklagte die damit eingetretene Verschlechterung der deutsch-amerikanischen Beziehungen und die daraus für Europa resultierenden negativen Folgen. In deutschen Medien sprach man dagegen - in Hinblick auf die baldige Aufnahme Polens in die Europäische Union - vom "Trojanischen Pferd amerikanischer Interessen". Zudem trug der von Tony Blair initiierte und auch von Polen unterzeichnete "Brief der 8" zu einer weiteren Belastung der beiderseitigen Beziehungen bei. Diese Solidaritätserklärung für die amerikanische Position sowie die Bereitschaft Polens, sich an der Seite der USA am Irakkrieg zu beteiligen, stieß in Berlin auf schärfste Kritik. Man sah darin eine den europäischen Interessen widerstrebende Allianz Polens mit den USA. Diese Befürchtung erhielt durch die unglückliche Äußerung des amerikanischen Verteidigungsministers Donald Rumsfeld von einem "alten" und einem "neuen" Europa neue Nahrung. Sie weckte das Gespenst einer Spaltung Europas, und dies ausgerechnet zum Zeitpunkt der Erweiterung der Europäischen Union um zehn neue Mitglieder.

In Deutschland hätte man vielleicht für die Position Polens mehr Verständnis aufbringen und das historisch bedingte starke Sicherheitsbedürfnis des Landes in Rechnung stellen sollen, dessen Befriedigung man sich jenseits der Oder traditionell von einer Bindung an die USA erhofft. In Polen führte der Konflikt immerhin zu der Erkenntnis, daß man gegen das Image ankämpfen müsse, den Amerikanern auf dem Kontinent als Trojanisches Pferd zu dienen. Es käme vielmehr darauf an, ein ausgesprochen proeuropäischer Verbündeter der USA und ein äußerst proamerikanisches Mitglied der EU zu sein. Mit dieser Grundeinstellung stimmt Polen mit der transatlantischen Orientierung gesamteuropäischer Politik überein, wenngleich angesichts konkreter Herausforderungen die Interpretation dieser Devise, wie im Irakkrieg und neuerdings in der Libyenkrise geschehen, durchaus unterschiedlich sein kann.

2. Der Streit um ein "Zentrum gegen Vertreibungen". Die in den 90er Jahren gemeinsam gepflegte Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg hätte es nahegelegt, sich auch über ein Gedenken an das Leid der deutschen Flüchtlinge und Vertriebenen zu verständigen. Dies ist leider nicht geschehen. So kam es, nachdem Anfang 2000 die Initiative des Bundes der Vertriebenen (BdV) zur Errichtung eines "Zentrums gegen Vertreibungen" bekannt wurde, zu einem sich über Jahre hinziehenden Konflikt. Nicht nur wenig deutschfreundlich eingestellte polnische Politiker und Journalisten empörten sich, auch höchst angesehene Freunde Deutschlands, wie etwa Wladyslaw Bartoszewski, übten scharfe Kritik - und dies aus einer tiefen Enttäuschung darüber, die deutsch-polnische Versöhnung könne als Teil ihres Lebenswerkes Schaden nehmen, falls alte Wunden wieder aufbrechen. Ein "Zentrum gegen Vertreibungen" nach der Konzeption sowie in der Trägerschaft des BdV dürfte zudem kaum mit der im ersten Satz der Präambel des Nachbarschaftsvertrages zum Ausdruck gebrachten Absicht in Einklang stehen, "die leidvollen Kapitel der Vergangenheit abzuschließen und entschlossen an die guten Traditionen und das freundschaftliche Zusammenleben in der jahrhundertelangen Geschichte Deutschlands und Polens anzuknüpfen".

Fragt man nach den Gründen für die scharfe Ablehnung der BdV-Initiative, dann bieten sich drei Antworten an: die Trägerschaft des BdV, eine geschichtspolitische Instrumentalisierung des "Zentrums" sowie - in Zusammenhang damit - eine Verschiebung der deutschen Gedächtniskultur von einem Täter- zu einem Opferbewußtsein.

Das Vorhaben des BdV erscheint schon deswegen inakzeptabel - und dies nicht nur aus polnischer Sicht -, weil seine Verbandspolitik alles andere als polenfreundlich war und kaum dem Geist des Nachbarschaftsvertrages entsprach. So hatte zum Beispiel die BdV-Vorsitzende Erika Steinbach gegen den Grenzvertrag vom 14. November 1990 gestimmt, der schließlich die Grundlage für den Vertrag vom 17. Juli 1991 bildet.

Ein weiterer Grund für die Ablehnung des "Zentrums" ist die polnische Befürchtung, es könne geschichtspolitisch instrumentalisiert werden. Es diene, so die Vermutung, nicht nur dazu, dem Leid der Vertriebenen Respekt zu zollen, sondern solle für die Forderung nach Entschädigung und Eigentumsrückgabe in Anspruch genommen werden.

Schließlich registrierte man in Polen einen mit der Verschiebung des Täter- zu einem Opferbewußtsein verbundenen Wandel in der deutschen Gedächtniskultur: Damals brach über 50 Jahre nach Kriegsende die Erinnerung an die Opfer alliierter Luftangriffe sowie an die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten gleichsam explosionsartig aus und fand in zahlreichen Fernsehdokumentationen, Buchveröffentlichungen und Zeitschriftenbeiträgen ihren Niederschlag. Janusz Reiter, Deutschlandexperte und Botschafter seines Landes in Berlin, kommentierte diese Entwicklung mit den Worten: "Die Deutschen verstehen die Polen nicht mehr, und die Polen vertrauen den Deutschen nicht mehr."3

Es hat nicht an Versuchen gefehlt, den Streit um das vom BdV geplante "Zentrum" beizulegen. So betonten 2003 die Präsidenten beider Länder, Johannes Rau und Aleksander Kwasniewski, bei ihrer Danziger Begegnung, jede Nation habe das Recht, ihrer Opfer zu gedenken, doch dürfe ein solches Gedenken nicht dazu mißbraucht werden, durch gegenseitiges Aufrechnen und durch Ansprüche auf Entschädigung und Eigentumsrückgabe Unfrieden zu stiften. Die von Angela Merkel geführte schwarz-rote Koalitionsregierung griff 2005 mit der Schaffung eines, die polnischen Bedenken berücksichtigenden "Sichtbaren Zeichens" die Initiative des BdV ihrerseits auf. Doch es dauerte bis 2008, ehe mit dem Regierungsantritt von Donald Tusk die polnische Regierung ihren Widerstand gegen dieses Projekt aufgab. Daß damit allerdings nicht sämtliche Schwierigkeiten ausgeräumt sind, zeigen die Konflikte innerhalb der zur Umsetzung des Regierungsbeschlusses gegründeten Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung". So verzichtete Erika Steinbach erst auf erheblichen politischen Druck auf den von ihr beanspruchten Sitz im Stiftungsrat. Zudem führten gegensätzliche Positionen deutscher Wissenschaftler im wissenschaftlichen Beirat dazu, daß namhafte tschechische und polnische Historiker aus dem Gremium ausschieden, weil sie eine gedeihliche Zusammenarbeit für unmöglich erachteten.

3. Auseinandersetzung um die Preußische Treuhand. Es spricht einiges für die zumal von polnischer Seite geäußerte Vermutung, der BdV habe mit seinem Bemühen um ein "Zentrum gegen Vertreibungen" nicht zuletzt das Ziel verfolgt, für die Ansprüche der Vertriebenen auf ihr in Polen zurückgelassenes Hab und Gut den Boden zu bereiten. Jedenfalls wurde mit Beginn des neuen Jahrtausends auf Initiative der Landsmannschaft Ostpreußen eine "Preußische Treuhand" gegründet. Nach ihrer Auffassung stellt die Weigerung, das "konfiszierte" Eigentum zurückzugeben, eine Menschenrechtsverletzung dar. Zudem beruft sie sich ausgerechnet auf den deutsch-polnischen Nachbarschafts- und Freundschaftsvertrag, zu dem beide Seiten in dem beigefügten Briefwechsel erklärten, daß sich der Vertrag "nicht mit Vermögensfragen" befaßt. Die Preußische Treuhand interpretiert dies dahin gehend, die Vermögensfragen seien demnach offen und bedürften - natürlich im Sinne der Ansprüche der Vertriebenen - einer abschließenden Klärung.

Obgleich die von Gerhard Schröder wie auch die von Angela Merkel geführte Bundesregierung unmißverständlich gegenüber Polen erklärt hatte, die Initiative der Preußischen Treuhand nicht zu unterstützen, sich selbst einige Vertriebenenorganisationen von ihr distanzierten und Rechtsexperten sie als chancenlos einstuften, löste sie doch in unserem Nachbarland scharfe, ja empörte Reaktionen aus. Als die Preußische Treuhand ihre Absicht bekundete, die Vertriebenenansprüche vor dem Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte einzuklagen, verabschiedete der polnische Sejm am 10. September 2004 nach einer äußerst emotional geführten Debatte eine Resolution, in der die damals von den Postkommunisten angeführte Regierung aufgefordert wurde, mit der Bundesregierung über eine Entschädigung für die im Zweiten Weltkrieg erlittenen materiellen Schäden zu verhandeln. Dem stand zwar der am 23. August 1953 seitens der polnischen Regierung ausgesprochene Verzicht auf Reparationen entgegen, doch Jaroslaw Kaczynski, Chef der national-konservativen Partei "Recht und Gerechtigkeit (PiS), argumentierte, der damalige Beschluß sei nicht rechtskräftig, weil er nicht von einer souveränen Regierung getroffen, sondern auf Druck der Sowjetunion zustande gekommen sei. Sein Zwillingsbruder Lech, zu der Zeit Warschauer Stadtpräsident, ließ schon einmal vorsorglich die Warschau betreffende Schadenssumme errechnen. Derlei Forderungen wurden durch eine vom national-konservativen Lager ins Leben gerufene "Polnische Treuhand" propagandistisch unterstützt, die sich sogar für eine Neuverhandlung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages aussprach.

Inzwischen haben sich die Gemüter wieder beruhigt. Ein von der polnischen Regierung in Auftrag gegebenes Gutachten kam zu dem Schluß, daß es für derlei Schadensansprüche keine Rechtsgrundlage gebe. Und die Preußische Treuhand erlitt vor dem Europäischen Gerichtshof eine Niederlage, als dieser am 7. Oktober 2008 eine im Dezember 2006 von 22 Beschwerdeführern eingereichte Klage abwies.

Eine Phase politischer Abkühlung

Die dargelegten Belastungen in den deutsch-polnischen Beziehungen trugen das Ihre dazu bei, daß im Herbst 2005 die wenig deutschfreundliche national-konservative Partei "Recht und Gerechtigkeit"(PiS) als Siegerin aus den Parlamentswahlen hervorging und mit Lech Kaczynski auch das Präsidentenamt besetzen konnte. Erschwerend kam noch hinzu, daß sich fast zeitgleich mit den Wahlen Bundeskanzler Gerhard Schröder und der russische Präsident Wladimir Putin über den Bau einer Ostsee-Pipeline verständigten, ohne daß dieses Projekt mit Polen besprochen worden wäre. Nicht allein die politische Rechte sah in diesem Vorgehen eine mit einer ehrlichen Partnerschaft und mit dem Geist des Vertrages von 1991 unvereinbare Geringschätzung Polens und seiner Interessen. Die zwischen Deutschland und Rußland vereinbarte, Polen umgehende Gaszufuhr weckte denn auch die im polnischen kollektiven Bewußtsein tief verankerte Angst vor einer deutsch-russischen Verständigung auf Kosten Polens. Dies brachte Monate später Verteidigungsminister Radoslaw Sikorski auf drastische Weise zum Ausdruck, indem er den Ostsee­Pipeline-Vertrag mit dem kurz vor dem Überfall auf Polen abgeschlossenen Hitler­Stalin-Pakt verglich.

Von einer deutsch-polnischen Interessengemeinschaft konnte jedenfalls mit Übernahme der Regierungsverantwortung und der Präsidentschaft durch "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) keine Rede sein. Die neue Regierung maß denn auch dem deutsch-polnischen Verhältnis eine nur geringe Bedeutung bei. Ihre negative deutschlandpolitische Einstellung war nicht allein durch die Konflikte um Erika Steinbach, das von ihr angestrebte "Zentrum gegen Vertreibungen" und die Rückgabeforderungen der "Preußischen Treuhand" bedingt. Der tiefere Grund lag in der von der national-konservativen Rechten vertretenen Konzeption einer "IV. Republik" und der mit ihr verbundenen fundamentalen Kritik an der bisherigen politischen Entwicklung seit dem Epochenjahr 1989. Nicht nur, daß nach Auffassung von "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) kein radikaler Bruch mit der kommunistischen Führungselite erfolgt und das Erbe der Solidarnosc verspielt worden sei; auch die angebliche deutsch-polnische Interessengemeinschaft sei in Wahrheit ein Ausdruck der Schwäche und eine Preisgabe polnischer Interessen gewesen. Jaroslaw Kaczynski charakterisierte sogar die Deutschlandpolitik seiner Vorgängerregierungen - und dies in einem ausgesprochen negativen Sinn - als "Versöhnungspolitik" und rührte damit an das Fundament des Nachbarschafts- und Freundschaftsvertrages.

Während auf der diplomatischen Ebene die deutsch-polnischen Beziehungen stagnierten, trugen die Medien beiderseits der Oder das Ihre zu einer deutsch-polnischen Eiszeit bei. Die deutsche Regierung war in dieser Phase bemüht, kein Öl ins Feuer zu gießen. Sie hoffte auf bessere Zeiten, die denn auch nach den vorgezogenen Wahlen vom Oktober 2007 mit dem Sieg der liberal-konservativen "Bürger­plattform" (PO) und dem Regierungsantritt von Donald Tusk anbrachen, der im Wahljahr 2005 von den Kaczynski-Brüdern wegen seiner Deutschfreundlichkeit scharf attackiert worden und im Kampf um das Präsidentenamt Lech Kaczynski unterlegen war.

Donald Tusk weiß sich der von Helmut Kohl und Tadeusz Mazowiecki vorgezeichneten Linie einer Politik auf der Basis der Versöhnung verpflichtet, die bestehende Probleme nicht ausspart, aber bemüht ist, sie einvernehmlich zu lösen. Neben der Beilegung des jahrelangen Streits um ein "Zentrum gegen Vertreibungen" konnte auch der Konflikt um die Ostsee-Pipeline entschärft werden. Berlin versicherte Warschau gegenüber, künftig polnische Interessen bei den deutsch-russischen Beziehungen besser zu berücksichtigen. Zudem unterstützt die Bundesregierung den berechtigten Wunsch Polens nach Energiesicherheit, die eine allzu große Abhängigkeit von Rußland verbiete und eine gemeinsame Energiepolitik der EU erfordere.

Damit entsprechen die deutsch-polnischen Beziehungen 20 Jahre nach Abschluß des Vertrages vom 17. Juni 1991 der mit ihm verbundenen Hoffnung auf gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit - und dies zu einem Zeitpunkt, an dem Polen die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union übernimmt.

Von der Abneigung zur Zuwendung

Wesentliches Anliegen des 1991 abgeschlossenen Nachbarschafts- und Freundschaftsvertrages ist es, Initiativen wechselseitigen Kennenlernens zu unterstützen, bestehende Vorurteile zu überwinden und zu einem besseren Verständnis des jeweils anderen beizutragen. Diesem Anliegen dient unter anderem Art. 30, in dem die Vertragsparteien betonen, ein "besonders großes Gewicht auf möglichst umfassende Kontakte und ein enges Zusammenwirken der deutschen und polnischen Jugend" legen zu wollen. Zu diesem Zweck errichteten sie zeitgleich mit dem Abschluß des Vertrages das Deutsch-Polnische Jugendwerk, das im Verlauf seiner nunmehr 20jährigen Geschichte mehreren Tausend junger Deutschen und Polen persönliche Begegnungen ermöglicht hat.

Fragt man rückblickend, ob im deutsch-polnischen Diskurs das vom Nachbarschaftsvertrag intendierte Ziel erreicht wurde, die Einschätzung des jeweils anderen zu verbessern, dann fällt die Antwort positiv aus. Dabei ist zu bedenken, daß immer noch die Bürde der Vergangenheit schwer auf den beiderseitigen Beziehungen lastet. Während das Deutschenbild der Polen durch die preußische Germanisierungspolitik in der Zeit der Teilungen sowie - und dies vor allem - durch die leidvolle Erfahrung im Zweiten Weltkrieg negativ bestimmt ist, wurde das Polenbild der Deutschen im 19. Jahrhundert durch die Vorstellung zivilisatorischer Rückständigkeit geprägt und fand in dem langlebigen Stereotyp der "Polnischen Wirtschaft" seinen Ausdruck4. Dieses läßt sich bis in die am 2. September 1991 vom "Spiegel" veröffentlichte Emnid-Umfrage nachweisen, nach der die Befragten ihren polnischen Nachbarn Eigenschaften wie "faul" und "disziplinlos" zuschrieben, die als integrale Bestandteile der "Polnischen Wirtschaft" gelten und das Gegenstück zum eigenen Selbstverständnis bilden.

Zu diesen im kollektiven Bewußtsein verankerten wechselseitigen Vorstellungen kamen 1991 diesseits wie jenseits der Oder aktuelle Befürchtungen hinzu. So äußerten 85 Prozent der Polen Ängste vor einer durch die Wiedervereinigung politisch wie wirtschaftlich gestärkten Bundesrepublik; und in Deutschland wuchs, zumal in Hinsicht auf den zu erwartenden EU-Beitritt Polens, die Sorge vor dem Zustrom billiger Arbeitskräfte - und dies mit der Folge erhöhter Arbeitslosigkeit und eines Lohndumpings. Weder das eine noch das andere sollte sich erfüllen. Anstelle der 20 Jahre zurückliegenden polnischen Ängste sehen heute 75 Prozent der Polen in einer politisch und wirtschaftlich starken Bundesrepublik keinen Nachteil, sondern einen Vorteil für Polen.

Unter Berufung auf Untersuchungen des polnischen Zentrums zur Erforschung der öffentlichen Meinung (COBS) verweist Janusz A. Majcherek darauf, daß seit 1991 die "Abneigung gegenüber den Deutschen stetig" gesunken sei. Hätten "noch vor zwanzig Jahren ... mehr als die Hälfte der Polen ihre Abneigung" erklärt, so seien es heute "nur noch 28 Prozent. In derselben Zeit stieg die Sympathie für die Deutschen von 23 Prozent auf 39 Prozent."5 Allerdings zeigen die Ergebnisse auch eine gewisse Anfälligkeit für aktuelle politische Einflüsse. So fielen die Sympathiewerte gegenüber Deutschen im Wahljahr 2007 um drei Punkte auf 30 Prozent und schnellten dann nach der Wahl von Donald Tusk auf 38 (2008) bzw. 39 Prozent (2010) empor. Damit liegen sie aber immer noch weit hinter Werten für Italiener (52 %), Franzosen (51 %) und Briten (50 %) sowie für die slawischen Nachbarn (Tschechen 53 %, Slowaken 51 %)6. Es gibt also noch reichlich Luft nach oben.

Das Jahr 2011 bietet in Erinnerung an den Abschluß des Nachbarschafts- und Freundschaftsvertrages von vor 20 Jahren Anlaß zu zahlreichen Jubiläumsveranstaltungen, auf denen bezüglich der deutsch-polnischen Beziehungen zu Recht eine positive Bilanz gezogen wird. Der Vertrag von 1991 hat jedenfalls seine Bewährungsprobe bestanden und dürfte auch in Zukunft das Fundament für gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit unserer Völker bilden.

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