Gottesdienst am 29. SeptemberEngel – Boten Gottes in wirren Lebenssituationen, Tag des Erzengels Michael und aller Engel

Tag des Erzengels Michael und aller Engel, 1. Mose 21,8–21

Nach wie vor erzählen sich Menschen gern Familiengeschichten. Zu Festen etwa wird der Lebenslauf von Jubilaren neu lebendig gemacht, oft in heiteren Storys, zugleich sicherlich ernst, vor allem aber dankbar zur Sprache gebracht. Manches wussten die Gäste bislang vielleicht gar nicht oder hatten es längst vergessen. Da ist Erzählen an der Tagesordnung, man hört gespannt zu.
Am Anfang der Bibel steht auch eine ausführliche Familiengeschichte. Das Volk Israel beruft sich ja auf den Stammvater Abraham, den Gott mit seiner Frau Sara weit aus dem Osten nach Kanaan geführt, dort in hohem Alter noch mit Söhnen beschenkt hatte. Seine Geschichte erzählen sich die Juden seit Jahrtausenden bis heute. Christen stimmen längst ein. Irgendwann hatten Schriftkundige sie ja aufgeschrieben. So gelangten sie ins Alte Testament. Vielen von uns heute ist auch diese oder jene Begebenheit bekannt: etwa die Erzählung von der Geburt des Sohnes Isaak. Daran knüpfen sich nun kleine, weniger bekannte Nebengeschichten, die uns Einblick geben in frühe Sitten und Gepflogenheiten der Völker im Nahen Osten.

Die semitischen Volksgruppen lebten in alten Zeiten nomadisch, zogen in Familien- und Sippenverbänden mit ihren Viehherden durchs Land zu den an Wasserstellen liegenden Weideplätzen. So wird es auch von Abraham, Sara und dem Neffen Lot berichtet.
Im nomadischen Bewusstsein hing die fortdauernde Existenz einer Sippe in jedem Fall von männlichen Nachkommen ab. Um die sicher zu haben, war es üblich, notfalls eben eine „Nebenfrau“ zu schwängern. Auch Abrahams Geschichte wird aus gegebenem Anlass unversehens zu einer Frauengeschichte: Weil Sara augenscheinlich unfruchtbar war, hatte sie den Gatten zu ihrer Magd Hagar geschickt. Als die tatsächlich schwanger wird und sich Sara gegenüber entsprechend aufmüpfig gebärdet, wird sie von ihr gedemütigt und flieht in die Wüste. In der Folge wird aus der Frauengeschichte eine mit Engeln: An einem Wüstenbrunnen nimmt ein Bote Gottes Kontakt zu ihr auf und schickt sie zurück zu Sara, gibt ihr den Hinweis, sie werde einen Sohn gebären, einen Wildesel, der sich auch in schwierigen Lebensverhältnissen durchzusetzen wisse.
Hagar kehrt also zurück und bringt ihr Kind zur Welt. Der Junge wird Ismael genannt und wächst heran. Als schließlich auch Sara in hohem Alter ihrem Mann den so ersehnten Nachkommen Isaak schenkt, tritt der bislang mehr oder weniger verheimlichte Konflikt zwischen den Frauen klar ans Tageslicht. Als beim Fest anlässlich der Entwöhnung Isaaks der Halbbruder Ismael lachen muss – aus welchem Anlass auch immer, deutet Sara das in ihrem Sinn und ergreift gegenüber Abraham die Initiative: Vertreibe diese Magd mit ihrem Sohn. Er soll nicht miterben!
Wenn Frauen in Geschichten der Väter mitmischen, braucht es unter Umständen erst recht Engel, die einen womöglich global drohenden Schaden zu verhindern wissen. Vielleicht auch heute hin und wieder.

Zunächst entpuppt sich schlicht Abraham selbst, mitten im Zwiespalt der beiden Frauen, als Engel. Irgendwie ist ihm klar: Gott will keinen gegen den anderen ausspielen. Beide Knaben sind seine Söhne, stehen also auch unter Gottes Segen. Die Erzählung bringt das meisterhaft zur Sprache: Isaak ist zwar der Träger der Verheißung Gottes, aber auch Ismael wird Vater eines Volks sein. Damit deutet sich hier leise, ethnologisch wie religiös, schon die Verknüpfung der palästinensischen Stämme in einem einzigen Ursprung an: Semiten und Kanaanäer sind letztlich Kinder Abrahams, also in einem sehr wesentlichen Moment Geschwister. Beide haben Anteil am Segen Gottes.
Auch wenn es die Urmütter mit ihren Söhnen auf die Dauer nicht in einer Sippe aushalten: Beide haben ein Recht auf Leben und müssen ihr Dasein sinnvoll fristen können. Das spürt Abraham und handelt unversehens als Engel: Er schickt Hagar mit Ismael zwar fort, versieht sie aber mit Brot und einem Schlauch Wasser.

Frauen allein in der Wüste: Wieder muss ein Engel zur Stelle sein, wenn das Wasser aufgebraucht ist. Gott hört das Weinen von Hagar, die das Ende kommen sieht. Nein, diesmal ist die Gestalt eines Engels nicht so unmittelbar zu Erster Hilfe notwendig. Manchmal genügt auch der rechte Blick von Menschen in offenbar auswegloser Situation und wirkt wie ein Engel: Hagar entdeckt einen Wasserbrunnen in der Nähe. Unter Umständen braucht es also keine groß angelegte Rettungsaktion, sondern nur jemanden, der Mut macht, die tränennassen Augen zu öffnen und sich umzublicken. Das kann Leben retten und neu auf den Weg bringen.
So wächst Ismael dort in unwirtlichen Regionen auf und lernt wirklich, sich zu behaupten. Mit einer Ägypterin als Ehefrau gründet er schließlich eine eigene Sippe.

Die alte Geschichte von Engeln in der Wüste ist damit nicht vorbei. Sinngemäß hat sie sich im Lauf der Zeit unzählige Male ereignet: Wo nach üblichen Maßstäben alles zu Ende und Versöhnung unter Menschen nicht möglich ist, zeigen Engel Auswege, die letztlich – entgegen allen Erwartungen oder Befürchtungen – doch gute Zukunft für die Beteiligten eröffnen.
In vielen Geschichten bezeugt das die Bibel: Schon im zweiten Schöpfungsbericht bewachen nach der Vertreibung von Adam und Eva aus dem Garten Eden Cherubim den Weg, der zum Baum des Lebens führt. Später erscheint dem vor seinem Bruder Esau fliehenden Jakob im Traum eine Schar von Engeln und zeigt ihm die bleibende Gegenwart und das Geleit Gottes auf seinen Wegen an, gibt auch die Zusicherung, dass er eines Tages heil zurückkehren wird.

Zu Beginn des Lukasevangeliums sagt ein Engel dem Priester Zacharias, der gerade Opferdienst im Tempel versieht, die Geburt des Johannes voraus. Zu Maria kommt sogar der Erzengel Gabriel, um die anstehende Geburt Jesu anzuzeigen.
Was für ein großes Geheimnis Engel für Menschen sind und bleiben, wird auch in Ostergeschichten deutlich: Matthäus lässt in seinem Bericht den Engel des Herrn kommen und das Grab öffnen. Bei Markus und Lukas erscheinen am Ostermorgen den zum Grab eilenden Frauen am Grab plötzlich in weiße Gewänder gekleidete Männer, die hier nicht klar als Engel benannt werden, ihnen aber auch die Auferstehung Jesu kundtun. Das Johannesevangelium kommt hier ohne Engel aus. In der Apostelgeschichte hat dann aber sogar der römische Hauptmann Kornelius die Vision, dass ihm ein Engel den Auftrag gibt, den Apostel Simon Petrus holen zu lassen. So gelangt die Botschaft von Jesus auch zu maßgebenden Nichtjuden.

Engel, es können ganz normale Menschen oder mehr intuitive Begegnungen und Augenblicke sein. Wenn wir aufmerksam dafür sind: Es gibt auch heute offenkundige oder heimliche Boten Gottes, die Menschen in der Einöde des Lebens plötzlich auf Brunnen mit lebendigem Wasser stoßen lassen und ihnen helfen, neue Wege zu einer sinnvollen Existenz zu finden. Womöglich haben sie nicht nur für einzelne Menschen, sondern auch für ganze Gruppen oder sogar Völkerscharen gute Botschaft zum Leben und zeigen neue Wege auf.
Bleiben wir wie Hagar wachsam und zugänglich für Gottes Engel und ihre Leben fördernde Botschaft. Vielleicht überkommt uns selbst einmal die Lust, Geschichten von Engeln im eigenen Lebensgang anderen Menschen zu erzählen.

Eingangsgebet:
Allmächtiger Gott, in wunderbarer, oft geheimnisvoller Weise nimmst du Menschen und Kräfte der Schöpfung als Engel in deinen Dienst für dein heilendes, befreiendes und aufrichtendes Handeln. Wir bitten dich: Lass uns den Beistand deiner Engel in guten und bösen Zeiten erfahren. Sende uns auf den Weg, wo du uns als Boten deines Leben spendenden Geistes brauchst – im Namen deines Sohnes Jesus Christus, der für uns der Weg, die Wahrheit und das Leben ist.

Fürbitten:
Gott, Schöpfer des Lebens, wie bitten dich: Sende deine Engel in Wüstenzeiten, damit Menschen errettet werden aus Hungersnöten der Seele, vor dem Verdursten auf sinnlos scheinenden Wegen.
Öffne den Bedrückten die Augen, dass sie dich erkennen als Quelle des Lebens.
Sei den Gefährdeten nahe, nimm ihnen die Angst, lass sie neu Vertrauen zu dir finden.
Gib denen Stabilität und gutes Selbstbewusstsein, die unter Misstrauen von Mitmenschen zu leiden haben, dadurch mutlos und unsicher zu werden drohen.
Denen, die keinen Rat mehr wissen und auf böse Wege zu geraten drohen, zeige Möglichkeiten, Krisen zu bewältigen und umzukehren aus Wüsten der Sinnlosigkeit, Einsamkeit und Trostlosigkeit. Hilf uns, Kameraden zu finden, die uns wie Engel auf dem Weg durchs Leben geleiten.
Durchdringe uns mit deiner Liebe. Vertreibe die Furcht vor dem Bösen aus unseren Herzen. Sende uns auch als Engel dahin, wo du uns brauchst.
Himmlischer Vater, lass Glaube, Hoffnung und Liebe unter uns wachsen als Zeichen deiner liebenden Nähe. Sei und bleibe unsere Freude in guten und schweren Zeiten.

Psalmvorschlag: Psalm 103,19–22
Lesung: Offenbarung 12,7–12
Evangelium: Lukas 15,8–10
Liedvorschläge: 331,1–3.5.7 (Großer Gott, wir loben dich)

326,1–4 (Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut)
  142,1–4.6 (Gott, aller Schöpfung heil‘ger Herr)
  421 (Verleih uns Frieden gnädiglich)
  445,1.5.7 (Gott des Himmels und der Erden)
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