Der Monatsspruch im März 2021

Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden“, so haben Engel gesungen über einem kleinen Säugling in einem Stall. Gott berührt das Menschsein. Der Himmel glänzt in einer Futterkrippe. Zart wie das Singen der Engel.
33 Jahre später – wieder singen Stimmen:
„Gelobt sei, der da kommt, der König, in dem Namen des Herrn! Friede sei im Himmel und Ehre in der Höhe!“
Aus dem Säugling ist ein Mann geworden, aus den Heerscharen der Engel die Menge der Jünger und Jüngerinnen. Sie jubeln, erzählen und singen laut. Die Freude bricht aus ihnen heraus. Denn sie haben gesehen, was geschieht, wenn ein Mensch Jesus begegnet. Wenn ein erstarrtes Herz wieder fühlt und liebt, weil der Himmel es wärmt. Wenn einer erdrückt von der Geschichte seines Lebens am Boden liegt, eingeschlossen in seiner Angst, aufsteht, sein Leben angeht und strahlt.
Der unscheinbare Mann auf dem kleinen Eselskind, der in die Gottesstadt Jerusalem einzieht, verändert das Leben zart, aber machtvoll. Die Jünger und Jüngerinnen singen laut von diesem König. Von dem, was letztlich zählt in der Welt.
„Sag ihnen, sie sollen schweigen“, bitten die Pharisäer Jesus. Die Besatzer, die Macht-Habenden, könnten etwas hören von diesem Throngesang, dann wird es gefährlich. Das ist ihre Sorge, politisch klug agieren ist ihre Verantwortung. Kann man eigentlich so genau identifizieren, dass Gott in diesem Mann auf dem Eselskind handelt? Das ist ihre Frage als Kenner der Heiligen Schriften.
Also: Sie sollen schweigen, nicht singen.
Aber was passiert mit der Welt, wenn sie nicht mehr von Gottes Berührung singt? Was passiert mit uns, wenn wir schweigen von dem, was unsere Seele berührt?
Dann erkalten wir. Das Mitgefühl für die anderen verflüchtigt sich. Keine Gegenkraft mehr gegen die Grausamkeit. Der Sinn, wozu wir da sind in der Welt, zieht unmerklich aus, und der Zynismus ein. Die Hoffnung schleicht sich davon. Tiefenermattet verlässt uns selbst die Traurigkeit. Ausgehärtete Gesichter, versteinerte Herzen, Seelen-Sklerose.

Wenn diese schweigen werden, dann werden die Steine schreien“, antwortet Jesus. In einer Welt, die Gott totschweigt, belebt Gott die Steine, dass sie schreien. Die Steine der Filialen von C&A, Esprit, Adidas, H&M, Zara werden schreien von der Zwangsarbeit der Uiguren in Xinjiang und ihre Würde besingen. Im Präsidentenpalast werden Lukaschenko die Ohren gellen. Denn die Steine werden eine Symphonie anstimmen von der Liebe der Frauen für ihre Männer, die er eingekerkert hat.
Der Stein vor dem Grab wird schwingen, dann summen, bis er fallen wird, weil Gott in der Totenstille vom Leben singt. Nach drei Tagen wird der Gesang erklingen, zart, aber machtvoll. Er zersplittert Seelen-Sklerose, zerbirst die Steine, die das Herz einmauern, legt Himmelsglanz auf Gesichter, bis sie singen. Vorsichtig erheben die Menschen ihre ungeübten Stimmen, tun sich zusammen, werden ein erdumspannender Chor, bis sie tosen, trällern, tirilieren. Und das Mitgefühl greift um sich, der Sinn erfüllt den Raum, die Hoffnung macht sich breit. Denn Gott berührt das Menschsein. Die Menschen singen mit den Engeln und die Steine dürfen wieder schweigen.

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