Wir werden heute in der Predigt ein Liebeslied singen.
Johann Ludwig Konrad Allendorf hat es 1736 geschrieben.
„Jesus ist kommen“, singen wir da, und es klingt im Zusammenhang des ganzen Textes wie der glückliche Ausruf eines Verliebten:
„Endlich bist du in mein Leben getreten. Ich habe dich so herbeigesehnt.“
Es ist eine lange Tradition, die Liebe zwischen Gott und den Menschen anhand der Liebe zwischen zwei Menschen zu beschreiben, und das möchte ich auch heute versuchen, um uns das alte Lied mit der uns fremd gewordenen Sprache ein wenig zu erschließen. Wir dürfen dabei natürlich nicht vergessen, dass Gott ja so viel größer und unbegreiflicher ist als wir Menschen. Dasselbe gilt dann wohl auch von seiner Liebe.
Stellen wir uns also eine Hochzeit vor. Braut und Bräutigam. Blumen, Freunde, Familie. Der Gottesdienst ist gut verlaufen, das Festmahl hat geschmeckt. Nun soll der Tanz eröffnet werden. Die Gäste versammeln sich um die Tanzfläche. Braut und Bräutigam stehen noch etwas verlegen am Rand und warten auf das Einsetzen der Musik. Vor drei Jahren haben sie sich zum ersten Mal gesehen. Eine Feier bei Freunden. Wie es oft so ist, fand die wahre Party in der Küche statt. Sie hatten beide gute Laune und mussten darüber lachen, dass der Sektkorken in den Kartoffelsalat flog. Sie machten sich bekannt, ein Wort gab das nächste, und plötzlich waren zwei Stunden vergangen und sie hatten das Gefühl, dass es falsch wäre, jetzt auseinanderzugehen. So fing es an. Dann folgten Herzklopfen, Warten auf einen Anruf, ein Kinobesuch, die erste gemeinsame Nacht. Der erste gemeinsame Tag . Und dann viele davon. Eine gemeinsame Wohnung. Die ersten Krisen und ihre Lösung. Gemeinsam sind wir stark. Und wollen es bleiben. Heute ist Hochzeit. Die Musik für den Tanz haben sie zusammen ausgesucht. Große Tänzer sind sie nicht, aber tanzen wollen sie doch an diesem Tag. Weil sie glücklich sind, weil sie zusammengehören, weil sie ausgelassen sind und weil Tanzen fast ist wie Fliegen: Es bringt uns näher zum Himmel. Sie haben einen Walzer ausgesucht, ganz klassisch, weil man sich so schön dareinfallen lassen kann. Etwas Leichtes und Beschwingtes. Ein Lied der Freude.
Melodie von EG 66 spielen
Sie tanzen, Braut und Bräutigam, erst vorsichtig, aber dann vergessen sie die Menschen, um sich herum, die ungewohnten Kleider, alles, worauf an diesem Abend noch zu achten ist. In diesem Augenblick gibt es nur die beiden. Sie tanzen ihren eigenen Tanz und er wirkt wie eine Liebeserklärung. „Dass du in mein Leben gekommen bist, das erscheint mir wie ein Wunder. Du bist so schön, so stark, so einzigartig. Ich kann kaum glauben, dass du grade mich willst. Ich werde nie vergessen, wie ich mich grade fühle. Ich passe auf diese Freude auf. Für immer.“
EG 66,1 singen
Während die beiden dahingleiten, treten ihr plötzlich die Tränen in die Augen, und er weiß, woran sie denkt. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mal so glücklich sein könnte. Ich habe das nicht verdient. Ich hab so vieles falsch gemacht und war irgendwann gar nicht mehr ich selbst. Du hast mich nicht nach meiner Vergangenheit beurteilt. Du siehst in mir, wer ich sein könnte, und dann glaube ich fast selbst daran, dass alles möglich ist. Du machst mich frei.“
EG 66,2 singen
„Wir sind wie Bonnie und Clyde - wir zwei gegen den Rest der Welt. Oder nein, wir zwei für die Welt. Wir sind so voller Liebe, dass all die Blödmänner, die Korinthenkacker, die Pessimisten und Andere-klein-Macher, die Gewalttäter und Schlechtredner, die alle können nicht gegen uns an.“
EG 66,3 singen
Der Bräutigam fasst die Braut etwas fester. Hält sie - ganz ruhig und sicher. Die, die zusehen, wissen, was das bedeutet: „Endlich bist du da. Ich hab auf dich gewartet, ohne es zu wissen. Jetzt lasse ich dich nicht mehr los. Ich werde dich für immer lieben. Nicht nur, ‚bis dass der Tod uns scheidet‘ - für immer. Denn seit ich dich kenne, weiß ich, Wunder sind möglich und es gibt mehr, als was vor unseren Augen ist.“
EG 66,4 singen
Bei den Eltern am Rande der Tanzfläche glitzern Freudentränen in den Augen. „Wenn wir voreinander weinen können, das ist schön. Nicht nur, wenn wir gerührt sind, sondern auch, wenn wir richtig traurig sind. Ich möchte, dass du meine Gefühle kennst, dass du mich kennst mit allen Untiefen. Ich öffne mich jeden Tag mehr. Alle meine Tore und Türen sind offen für dich.“
EG 66,5 singen
„Manchmal macht mir unsere Liebe auch Angst. Weil sie so stark ist. Ich weiß nicht, wie ich es ertragen sollte, wenn dir was zustößt. Wenn dir etwas wehtut, will ich dir am liebsten deine Schmerzen abnehmen. Ich kann es nicht aushalten, wenn du leidest. Ich würde lieber sterben, als dich sterben zu sehen!“
EG 66,6 singen
Das Brautpaar sieht sich noch einmal tief in die Augen, dann nicken sie einander zu, und der Blick geht nach außen. Zu den Menschen, die da um sie herumstehen. Menschen, die zu ihnen gehören. Manche geliebt, manche einfach nur verwandt. Heute ist es egal. Sie lächeln sie an. „Hallo ihr, schön, dass ihr da seid. Danke, dass ihr gekommen seid, auch wenn ihr selbst vielleicht grade nicht so glücklich seid. Nicht so geliebt, traurig, enttäuscht … Unsere Liebe ist so groß, die wollen wir nicht für uns behalten. Die soll überfließen und auch euch berühren. Eure Herzen sollen neue Hoffnung haben!“
EG 66,7 singen
Das Brautpaar trennt sich nun, sie tanzen auf die anderen zu, ziehen sie mit auf die Tanzfläche. „Kommt, tanzt mit uns, fliegt mit uns, wir wollen uns dem Himmel nähern und das Leben auf Erden genießen. Die Liebe ist Grund genug zum Leben. Lasst euch mitziehen. Vergesst das Schlechte für einen Augenblick. Heute sind wir selig vor Glück.“
EG 66,8 singen
So tanzt die Brautgesellschaft für einen Augenblick zwischen Erde und Himmel. Und sie werden von diesem Tanz zehren für eine lange Zeit. Werden sich daran erinnern, wenn sie die Melodie hören. „Unser Lied“, werden sie sagen und für einen Wimpernschlag wieder etwas spüren von dieser Seligkeit.
Trotzdem, menschliche Liebe ist vergänglich, zerbrechlich, gefährdet. Und für uns ist es heute wichtig, uns daran zu erinnern, dass sie nur ein Bild ist für die viel stärkere Liebe Gottes zu uns. Gott kommt in Jesus zu uns. Nicht so im Allgemeinen zur Menschheit, sondern zu jedem Einzelnen. Er kommt, um dir seine Liebe zu schenken. Er fragt nicht nach deiner Vergangenheit, sondern setzt auf deine Zukunft. Er kämpft an deiner Seite gegen das, was dich bedroht, und für alles Gute, für das du dich einsetzt. Er ist bei dir, wenn du lachst und wenn du leidest. Wenn du lebst und wenn du stirbst. Für alle Zeit. Seine Liebe ist riesig. Mehr als genug. Sie wird dich tragen und sie wird dir helfen, andere zu tragen. Öffne dein Herz! Mit dieser Liebe macht dein Leben Sinn.
EG 66.9 singen
Kollektengebet (im Anschluss an Psalm 24):
Vieles geht mir durch den Kopf. Was ich in den letzten Tagen erlebt habe, was in nächster Zeit zu erledigen ist. Der Zustand der Welt und meine eigenen Sorgen und Freuden. Bitte nimm mir all das für eine Weile ab, damit ich jetzt ganz auf dich hören kann. Mach meinen Verstand bereit und mein Herz weit. Zieh bei mir ein, du König der Ehre…
Bausteine Fürbittengebet:
Guter Gott, wir bitten dich: Lass uns Werkzeuge deiner Liebe sein! Lehre uns, unsere Stärken zu erkennen und sie für deine Sache einzusetzen. Wer gut zuhören kann, möge einen Ort finden, wo ein offenes Ohr gebraucht wird. Wer gut reden kann, der möge laut werden für die, die keine Stimme haben. Wer einen grünen Daumen hat, der möge die Erhaltung der Artenvielfalt unterstützen. Wer gut rechnen kann, der soll an einer gerechteren Wirtschaftsordnung mitarbeiten. Wer gut kochen kann, der soll Hungernde speisen. Wer nichts kann, der soll sich von anderen beschenken lassen. Wer alles kann, der soll alles tun, damit sich deine Liebe ausbreitet. Lass uns Werkzeuge deiner Liebe sein!
Psalmvorschlag: | Psalm 24 |
Evangelium: | Matthäus 3,13-17 |
Lesung: | Jesaja 42,1-4 (oder Heidelberger |
| Katechismus, Frage 1) |
Liedvorschläge: | 305 (Singt das Lied der Freude über Gott) |
| 346 (Such, wer da will, ein ander Ziel) |
| 394 (Nun aufwärts froh den |
| Blick gewandt) |
| 376 (So nimm denn meine Hände) |
| 396 (Jesu, meine Freude) |