Spielzeug mehrfach?Pro & Contra

Der neue Holzbagger ist besonders beliebt und immer wieder Anlass für Streit. Wäre es womöglich eine Lösung, diesen gleich mehrfach anzuschaffen? Unsere Expertinnen sehen das unterschiedlich.

Pro & Contra: Spielzeug mehrfach?
© privat

Es ist sinnvoll, mehrere Exemplare eines Spielzeugs anzuschaffen.

Selbstverständlich sollte es in jeder Krippengruppe eine Vielfalt an Gegenständen geben. Aber mehrere Exemplare desselben Objektes schaffen eine besonders reizvolle Spielatmosphäre. Sich mit Identischem auseinanderzusetzen, signalisiert soziales Interesse: Ich ahme dich nach, du ahmst mich nach, also bin ich für dich attraktiv. Gemeinsam kommt es zu fantasievollen Umdeutungen beim So-tun-als-ob-Spiel. Mit einer größeren Anzahl Holzstäbe kann man Muster legen, auf den Boden klopfen, etwas schieben, etwas ausgraben oder sie in etwas hineinstecken bzw. einwickeln.
Der Pädagoge Hubert Montagner hat untersucht, dass es beim Spiel mit mindestens zwei Exemplaren desselben Gegenstandes seltener zu alterstypischen Besitzkonfl ikten in dyadischen Situationen (also bei Beteiligung von zwei Kindern) kommt. Vermutlich ist es den Kindern wichtiger, den attraktiven Spielverlauf aufrechtzuerhalten, als unbedingt das Exemplar des Gegenübers haben zu wollen. Absprachen untereinander, die zum sozialen Lernen beitragen, entfallen bei mehr vom Selben nicht. Um zu wissen, wie welches Exemplar nun aktuell eingesetzt werden soll, ist sogar mehr Verständigung nötig.
Bei der aktiven sozialen Strategie „Parallelspiel“ schaut ein Kind während der eigenen Tätigkeit immer wieder auf und beobachtet die Aktivität des anderen Kindes. Es zeigt Anteilnahme am Geschehen und übernimmt das, was es beim anderen sieht, ins eigene Spiel. Jacqueline Nadel vom Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung in Paris hat mit ihren Experimenten anschaulich zeigen können, dass Imitation die bevorzugte Interaktionsform zwischen Kleinkindern ist. Mit identischen Gegenständen können die Kinder aus sicherer Distanz an Handlungen teilnehmen und sie „nachempfi nden“.

Es ist nicht sinnvoll, mehrere Exemplare eines Spielzeugs anzuschaffen.

Kinder müssen täglich eine Flut von Eindrücken verarbeiten. Ein überschaubares Angebot und eine kindgerechte Ordnung helfen ihnen, die vielfältigen Anforderungen zu bewältigen und selbstständig zu werden. Die sog. „Vorbereitete Umgebung“ in der Montessori-Pädagogik begrenzt das Spielzeugangebot auf jeweils ein Exemplar, so bleibt es übersichtlich und attraktiv. Zu jedem Material gibt es Alternativen, falls das Wunschobjekt gerade von jemand anderem genutzt wird – und so entdeckt manches Kind neue Dinge, die es sonst vielleicht nicht beachtet hätte.
Ist nicht jeder Gegenstand jederzeit verfügbar, lernen Kinder abzuwarten, erleben aber auch, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt selbst bestimmen können, wie lange sie sich mit dem Wunschgegenstand beschäftigen. Kinder, die keine Alternative wählen, warten und schauen vielleicht zu. So werden Aufmerksamkeit, Geduld und Konzentration gefördert.
Wenn Spiel- und Entwicklungsmaterial nicht mehrfach vorhanden ist, erhöht dies außerdem die Wertschätzung der einzelnen Gegenstände, und schafft eine echte Wahlmöglichkeit, die das junge Kind schrittweise zu Entscheidungsfähigkeit und Selbstständigkeit führt.
In dieser Frage wird häufi g das Argument angeführt, dass die Anschaffung von mehreren Exemplaren Streit und Unzufriedenheit reduzieren. Letztendlich verlagern sich die Konfl ikte aber nur, weil hinter dem Bedürfnis, immer genau das haben zu wollen, was gerade ein anderes Kind in der Hand hat, oft andere Ursachen stecken. Eine Vorbereitete Umgebung mit übersichtlichem, pädagogisch gut durchdachtem Materialangebot unterstützt die Freude am Tun und ermöglicht es dem Kind, seiner Entwicklung entsprechend Absprachen zu treffen, Geduld zu üben und soziale Kompetenzen zu entwickeln.  

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