Weihnachtsartikel in SupermärktenNikolaus zur Unzeit

Seit Ende August liegen die ersten weihnachtlichen Köstlichkeiten in den Regalen der Supermärkte. Dabei ist der Advent noch in weiter Ferne. Dass er den Beginn von etwas Neuem markiert, wird dabei konterkariert.

Ulrich Fricker
Uli Fricker, Freier Journalist© Privat

Die Jahreszeiten stehen auf dem Kopf: Überhitzte Kunden strömten in den vergangenen Wochen in die Supermärkte und freuten sich über die leise blubbernde Klimaanlage, die ihre Kaufhalle auf angenehme  20 Grad temperiert. Während kühle Wogen den Körper beruhigen und auf einen gepflegten sommerlichen Einkauf einstimmen, bleibt der Kunde verdutzt vor dem Regal stehen: Es wurde offensichtlich frisch bestückt. Nikoläuse in rot-weißer Dienstkleidung und langen Bärten blinzeln einen an, garantiert Vollmilch. Daneben lagern die sündhaft leckeren Dominosteine und klapperdürrer Spekulatius. Es fehlt nur noch die sogenannte adventliche Beleuchtung und ein Blockflöten-Chor, um weihnachtliche Stimmung zu beschwören.

Der Zauber verfängt diesmal nicht. Die meisten Kunden gehen kopfschüttelnd an diesem Hyper-Angebot vorbei. Sie suchen nach Eiscreme und, wenn möglich, nach frischen Melonen. Und sie fragen sich, ob man alles kaufen muss, was man kaufen kann. Mit dem Bischof von Myra in seiner Kutte und in sommerlicher Hitze verhält es sich ähnlich wie mit Erdbeeren im Februar: Natürlich gibt es immer einen Erdteil, in dem dieses leckere Obst erzeugt werden kann. Aber ist es richtig und ökologisch sinnvoll, alles immer und sofort verfügbar zu halten?

Die  großen Handelsketten wiegen sich in Unschuld, wenn man sie nach dem Grund für dieses Überangebot befragt. Der Kunde wünsche dies, heißt es dann unisono, adventlich Essbares würde gekauft. Doch bestimmt die Nachfrage wirklich das Angebot? Oder wird der Nikolaus als Lockvogel bedient, der die Emotionstaste drückt und zum Kauf eher überredet als überzeugt? Erst die bereitliegende Ware erinnert den Käufer daran, dass er das brauchen könnte, was er im beginnenden Herbst nicht braucht, aber zu brauchen glaubt.

Es ist bedauerlich, wie eine religiös geprägte Kultur vor den Karren von wirtschaftlichen Interessen gespannt wird. Es geht um den Rhythmus des Kirchenjahrs, der sich bewährt. Er spannt die Tage zwischen dem ersten Advent und dem Christkönigssonntag auf. Advent meint den Beginn von etwas Neuem. Dann ist noch immer Zeit genug für Süßes und  Feines und den Nikolaus aus Schokolade.

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