Evangelische KircheDie Konsequenzen des Rücktritts

Der Rücktritt von Annette Kurschus als EKD-Ratsvorsitzende und Präses der Landeskirche Westfalen hat auch Folgen für die katholische Kirche.

Stefan Orth, Chefredakteur der Herder Korrespondenz
Stefan Orth, Chefredakteur der Herder Korrespondenz

Nach den Diskussionen auf der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vergangene Woche in Ulm war es absehbar. Gestern ist Annette Kurschus von ihren Ämtern als EKD-Ratsvorsitzende und als Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen zurückgetreten. An ihr gab es Kritik, nicht transparent genug über Vorwürfe gegenüber einem ehemaligen Mitarbeiter aus ihrem näheren Umfeld in Siegen informiert zu haben. Kurschus weist dies von sich und begründete ihren Schritt damit, dass sie angesichts der Diskussionen nicht mehr die für öffentlichen Stellungnahmen notwendige Autorität habe.

Sie ist damit durchaus nahe am Kern der Sache. Einmal abgesehen davon, dass bei den schrecklichen Missbrauchstaten jeder einzelne Fall einer zu viel ist, geht es für die Kirchen um das kostbare Gut Glaubwürdigkeit.

Zu den bemerkenswerten Ergebnissen der Kirchenmitgliedschaftsstudie, die ebenfalls zuletzt auf der EKD-Synode vorgestellt wurde, gehört die Tatsache, dass das Vertrauen in beide großen Kirchen im Land geschrumpft ist, bei der katholischen Kirche nicht zuletzt wegen des Missbrauchsskandals seit 2010 auf ein denkbar niedriges Niveau. Selbst Katholiken vertrauen der evangelischen Kirche mehr als ihrer eigenen.

Sie werden sich angesichts der – im Vergleich mit den Vorgängen in ihrer eigenen Kirche – raschen Konsequenzen, die Kurschus gezogen hat, bestätigt fühlen. Der Druck auf katholische Bischöfe ist durch diesen Rücktritt nicht geringer geworden. Auf der anderen Seite dürften auch in der evangelischen Kirche mit der Diskussion über den Missbrauch dort die Werte in Sachen Vertrauen weiter bröckeln, nicht zuletzt wenn die lange angekündigte Studie zum Thema sexualisierte Gewalt Ende Januar veröffentlicht wird.

Auf der Ebene des Umgangs mit sexualisierter Gewalt und dessen Vertuschung fehlt es weiterhin an der notwendigen Sensibilität. Dass dies im Übrigen kein Alleinstellungsmerkmal der Kirchen ist, hat die Unabhängige Beauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, gestern ebenfalls gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur betont. Das Signal richte sich „auch an andere Institutionen, Kirche und Sport".

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