Bätzing und FranziskusDer Feind ist unsere eigene Frage in Gestalt

Benjamin Leven, Redakteur der Herder Korrespondenz
Benjamin Leven, ehemaliger Redakteur der Herder Korrespondenz

Der Papst hat Recht, wenn er dem Synodalen Weg vorwirft, eine Elitenveranstaltung zu sein. Denn mit der Repräsentativität, die der Synodale Weg für sich in Anspruch nimmt, ist es nicht weit her. Normale Gläubige haben keine Gelegenheit, auf den Verlauf der Diskussionen Einfluss zu nehmen. Sie haben auch keine Abgeordneten in die Synodalversammlung gewählt. Deswegen gibt es dort auch keine „Parteien“.

Jedoch: Man wirft anderen gerne Dinge vor, die man von sich selbst kennt. „Der Feind ist unsere eigene Frage als Gestalt“, heißt es bei Carl Schmitt. Dass Franziskus im Interview mit „AP“ den Deutschen ausgerechnet Ideologisierung und Elitismus vorhält, ist bemerkenswert. Hierzulande soll der Anteil der Katholiken, die sich an den Konsultationen zur Weltsynode beteiligt haben, im „untersten einstelligen Prozentbereich“ liegen – und selbst das dürfte noch eine sehr optimistische Schätzung sein. Es wird sich zeigen, ob bei einem Verfahren, bei dem Versammlungen kirchlicher Funktionseliten im Pingpong-Verfahren Zusammenfassungen von Zusammenfassungen von Zusammenfassungen produzieren, am Ende nicht einfach nur diejenigen Parolen als volonté generale präsentiert werden, die der Papst und seine Hoftheologen vorher ausgegeben hatten.

Kurz vor dem AP-Interview hatten hochrangige Kurienkardinäle im Namen des Papstes ihr Veto für die deutschen Pläne eingelegt, mit dem „Synodalen Rat“ ein neuartiges Leitungsgremium für die katholische Kirche in Deutschland zu etablieren. Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, reagierte im „Welt“-Interview trotzig auf die Kritik aus Rom und kündigte an, an den Plänen festzuhalten. Allerdings ist der Versuch, Papst Franziskus auf die Matte zu legen, bislang noch niemandem gut bekommen. Spätestens seit dem Ad-Limina-Besuch der deutschen Bischöfe in Rom ist klar, dass Franziskus nicht weiter über die Sache diskutieren möchte: Anstatt einem Gespräch zum Synodalen Weg beizuwohnen, fuhr der Papst damals demonstrativ zu seiner Cousine zum Kaffeetrinken.

„Wir haben grundverschiedene Vorstellungen von Synodalität“, sagt Bätzing inzwischen, nachdem er lange die grundsätzliche Übereinstimmung mit dem Willen des Papstes behauptet hatte. In der Tat bedeutet Synodalität für Franziskus offenbar nicht, dass irgendwer das Recht hätte, ihm Vorschriften zu machen.

Die fünf deutschen Bischöfe, die das römische Veto erwirkt haben, (und vermutlich noch weitere) werden nach der letzten Synodalversammlung im März an der Folgeveranstaltung – „Synodaler Ausschuss“ geheißen – wohl nicht teilnehmen. Manch ein Diözesanbischof wird im Sinne der verabschiedeten Texte Reformen in seinem Bistum vornehmen, andere werden dies nicht tun. Manche Mitarbeiter der Diözese werden diese Reformen rezipieren, andere nicht.

Wer gegenüber dem Vorhaben sowieso schon immer skeptisch war, darf sich nun bestätigt wissen. So mancher Skeptiker schaut aber ebenso zweifelnd nach Rom. Zwar bremst der Papst die deutschen Reformer aus, aber manche vermuten in der Weltsynode das Vehikel, mit dem eine Modernisierungsagenda auf eine möglichst breite Legitimationsbasis gestellt werden soll. Immerhin gilt die Stimme des Volkes in der entsprechenden Theorie als Stimme des Heiligen Geistes. Vox populi, vox Dei. Da wird der Widerspruch schwieriger sein.

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