Wie kam es dazu, dass der VGS Köln e. V. die Trägerschaft des offenen Ganztags an mehreren Grundschulen übernommen hat?
Im Schuljahr 2003/04 sprach uns die Schulleitung der Grundschule in Brück an, ob wir nicht Träger des Ganztags an ihrer Schule werden wollen. Die Schulleitung war sehr bewegungsaffin und suchte einen „sportlichen“ Träger. Von Seiten der Stadt Köln ist eine Trägervielfalt gewünscht, sodass wir uns dort vorstellten. Wir starteten an dieser Schule mit ca. 30 Kindern – heute sind es zwölf Schulen mit ca. 2.100 Kindern. Wir haben so die Möglichkeit, schon im Grundschulbereich mit den Kindern präventiv zu arbeiten, Bewegungsangebote zu etablieren, Kindern den Spaß an Bewegung zu vermitteln und sie zu lebenslangem Sport zu ermuntern.
Nach welchem pädagogischen Konzept arbeiten Sie?
Basis unserer pädagogischen Arbeit ist die Trias von Erziehung, Bildung und Betreuung als dialogische Struktur. Dabei stehen das Kind und seine Familie besonders im Mittelpunkt sowie die Gruppen, in denen sich die Kinder bewegen. Ziel ist es, das Kind bzw. das Kind in der Gruppe in seiner persönlichen Entwicklung ganzheitlich zu begleiten und positiv zu beeinflussen. Schlüssel für das Gelingen und Basis dieser Arbeit ist ein wertschätzender, durch Toleranz und Respekt geprägter Kontakt, der Aufbau einer tragenden Beziehung und eine systemisch geprägte Sichtweise. Dabei steht Bewegung als elementares Grundbedürfnis im Zentrum des Handelns. Das körperliche, geistige und seelische Wohlbefinden haben wir hierbei besonders im Blick. Wir betrachten den Menschen ganzheitlich unter Berücksichtigung seines persönlichen Umfelds. Vielfalt ist uns willkommen und wir begegnen Menschen in einer Atmosphäre des Angenommenund Erwünschtseins. Dabei setzen wir auf Partizipation, Netzwerkarbeit und multiprofessionelle Teamarbeit – so sorgen wir für förderliche Rahmenbedingungen und ein gesundes Miteinander.
Bewegung den GANZen TAG: Bausteine
- Fachberatung für die Schulen
- Schulung des OGS-Personals
- Sportbeauftragte, die für den Sport bzw. die Koordination der Angebote vor Ort verantwortlich sind
- (Weiter-)Entwicklung von diversen Bewegungskonzepten
- #fitnessolympiade: Sportmotorische Testung der Kinder nach dem Dordel-Koch-Test
- #applaus erleben: Zirkusprojekt
- #walderlebnis: Kinder erleben in Bewegung die Vielfalt des Waldes und der Natur Mit dem Sportmobil kommen Spielgeräte und Bewegungsmaterial mit und ohne Coach dorthin, wo sie gebraucht werden.
- Spieledatenbank
- Spiel der Woche
- #klasse fahrt: Sportlehrer/-innen aus der Geschäftsstelle begleiten Schulklassen auf Klassenfahrt, um erlebnispädagogische Angebote mit den Kindern durchzuführen.
- vielfältige Bewegungsangebote über Arbeitsgemeinschaften (AGs) im Ganztag
- Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern, wie bspw. mit dem Kölner Spielecircus e. V. (www.spielecircus.de) sowie der Kinderund Jugendsportschule NRW (www.kjsnrw.de)
Welchen Platz hat der Schwerpunkt „Bewegung“ im Konzept des OGS?
Wir sehen Bewegung als elementares Grundbedürfnis von Kindern. Kinder lernen über Bewegung ihre Umwelt mit allen Sinnen kennen. Sie spielen und toben miteinander, daher ist Bewegung auch für den sozialen Kontakt und für die Kommunikation mit anderen ein zentraler Baustein. Bewegung nimmt zudem mit Blick auf Bildung und Lernen eine grundlegende Rolle ein: Einen Stift zu halten und zu schreiben, ist bereits eine feinmotorische Fähigkeit, Rückwärtslaufen unterstützt mathematische Fähigkeiten wie Rückwärtszählen, Schaukeln und Turnen unterstützen räumliches Vorstellungvermögen und Wahrnehmung. Für Kinder im Grundschulalter sind besonders die sinnliche Wahrnehmung und Koordination wichtig. Diese sind die Voraussetzung und Grundlage für jegliche Alltagsanforderungen sowie ggf. weitere Sportarten. Das Wichtigste bei allen Angeboten ist, dass für die Kinder der Spaß immer im Vordergrund steht. In unserer Arbeit orientieren wir uns daher an erlebnispädagogischen Konzepten und sind sehr auf die Bedarfe der einzelnen Kinder bzw. der Gruppen bedacht. Beispiele für Bewegung in der Tagesstruktur (s. auch Kasten):
- Bewegungspause während der Hausaufgabenzeit sowie vor und nach dem Essen. Ziel ist v. a., die Kinder in ihrer Koordination mit kleinen Bewegungsaufgaben zu unterstützen.
- In der Freispielzeit haben die Kinder die Möglichkeit, in einen Bewegungsraum zu gehen. Dieser ist mit großen Baukissen gefüllt und verfügt über eine Kletterwand und/oder Sprossenwand.
- Von 13:30 bis 16 Uhr können die Kinder ein vielfältiges Sportangebot in der jeweiligen Sporthalle nutzen. Freitags können sie sich i. d. R. in einer Bewegungslandschaft eigenständig und ohne Anleitung bewegen.
- Wir verstehen das ganze Gebäude als Bewegungseinheit. Die Kinder bewegen sich selbstständig im Haus, auf dem Schulhof, in den Funktionsräumen sowie auf Treppen und Fluren. Dazu zählt ebenso die passende Raumausstattung und ausreichend Spielmaterial.
- Bewegungsangebote für Wartesituationen
- Gesunde Ernährung (Salat/Rohkost)
Wie unterscheiden sich die Konzepte in den verschiedenen Schulen?
Wir arbeiten an den verschiedenen Schulen mit ähnlichen Konzepten. Jede Schule hat eine/-n Sportbeauftragte/- n, die/der in regelmäßigem Austausch mit unserem fachlichen Leiter für Sport steht. Diese zwölf Sportbeauftragten kommen regelmäßig in die Geschäftsstelle, um sich auszutauschen bzw. das Konzept weiterzuentwickeln. An allen Schulen stehen Bewegungsangebote im Vordergrund, teilweise greifen wir auf diverse Kooperationspartner zurück, wie z. B. die Kinder- und Jugendsportschule NRW (KJS) und den Kölner Spielecircus e. V.
Wie arbeiten Sie konkret mit den Schulen zusammen?
Es gibt diverse Kommunikationsstrukturen. Unsere Fachbereichsleitung für die jeweilige Schule trifft sich regelmäßig mit der örtlichen OGS-Leitung und der Schulleitung. Dabei geht es um Konzepte und auch um das sportliche Angebot. Da wir im Rahmen des Bausteins „Soziales Lernen“ maßgeschneiderte Projekte an den Schulen anbieten (s. Kasten), melden sich auch pädagogische Fach- und Lehrkräfte, die z. B. mit ihrer Klasse ein Projekt durchführen möchten. Wir bieten dann auf den Bedarf zugeschnittene Projekte an.
Wie arbeiten Sie konkret mit den Schulen zusammen?
Es gibt diverse Kommunikationsstrukturen. Unsere Fachbereichsleitung für die jeweilige Schule trifft sich regelmäßig mit der örtlichen OGS-Leitung und der Schulleitung. Dabei geht es um Konzepte und auch um das sportliche Angebot. Da wir im Rahmen des Bausteins „Soziales Lernen“ maßgeschneiderte Projekte an den Schulen anbieten (s. Kasten), melden sich auch pädagogische Fach- und Lehrkräfte, die z. B. mit ihrer Klasse ein Projekt durchführen möchten. Wir bieten dann auf den Bedarf zugeschnittene Projekte an.
Soziales Lernen in Bewegung
- #wir bewegen: Projekte zum sozial-emotionalen Lernen in Bewegung. Ziel ist ein besseres Miteinander in der Klasse. Auch zur Krisenintervention geeignet – daran arbeiten i. d. R. Zweierteams aus Pädagog(inn)en und Sportler/-innen. Auch hier ist die Bewegung Mittel zum Zweck.
- #gekonnt streiten: Projekte zum Thema „Mediation“. Eine selbst entworfene Friedenstreppe ermöglicht es den Kindern, kleine Streitigkeiten selbstständig aus der Welt zu schaffen.
- #konfliktlotsen: Ausbildung zum Streitschlichter auf der Basis der Werte der Mediation und Friedenstreppe.
- #gemeinschaft organisieren: Mit Kindern partizipativ Regeln für den Gruppenalltag und das bessere Miteinander erarbeiten.
- #stärke zeigen: Ein halbjähriges Projekt basierend auf der Idee des „Coolnesstrainings“. Es ist speziell für gewaltbereite Kinder entwickelt worden, um diesen mehr Toleranz, Empathie und eine höhere Hemmschwelle beizubringen.
Haben die pädagogischen Fachkräfte eine spezielle Ausbildung?
Bereits in der ersten Fortbildung, die all unsere neuen Mitarbeiter/-innen besuchen, geht es einen Tag lang um Bewegungsspiele in unterschiedlichen Settings. Wir motivieren und schulen alle OGS-Teams mit kleinen Teamimpulsen zu unterschiedlichen Bewegungsthemen, z. B. geht es um Spiele mit Alltagsmaterialien, Spiele für jedes Setting oder Spiele ohne Verlierer. Für unser Sportkonzept ist es wichtig, Profis aus dem Sportbereich zu haben. Deswegen beschäftigen wir gern Gymnastik- und/oder Sportlehrer/-innen sowie Sportstudierende. Außerdem finanzieren wir jedem Mitarbeiter/jeder Mitarbeiterin den Übungsleiterschein, sodass möglichst mehrere Kolleg(inn)en Sportangebote durchführen können.
- Bewegte Pause im Klassenzimmer: Perspektivwechsel durch Stuhl und Guckrohr
- Bewegungsspiele in unterschiedlichen Settings gehören zur Grundausbildung der Mitarbeiter/- innen
- Bewegungspause während der Hausaufgabenzeit
- Ohne Tisch: Die Kinder erledigen ihre Arbeiten im Sitzen, Hocken und Liegen
- #walderlebnis: Kinder erleben in Bewegung die Vielfalt von Wald und Natur
- Freispielzeit im Bewegungsraum: Große Baukissen regen zu Bewegung und Entspannung an
Warum ist das Konzept des VGS Köln besonders und was zeichnet dieses aus?
Letztlich sind wir ein Verein für „besondere Bedürfnisse“. Wir arbeiten bereits seit langen Jahren inklusiv (s. Kasten). Traditionell kommen wir als „Ableger“ von der Sporthochschule und haben es uns zur Aufgabe gemacht, Menschen mit besonderen Handicaps und Anliegen besondere Angebote zu schaffen. So steht in unseren Sportund Rehagruppen der Spaß und das Miteinander im Vordergrund – natürlich mit einem Sportangebot, welches individuell auf die Menschen eingeht und trotzdem von einem Gruppenerlebnis geprägt ist. Mit diesem Anspruch und der Erfahrung sind wir auch Träger des Ganztags geworden.
Inklusion
- #kindersprechrunde: Feste Gruppenstunde einmal die Woche in allen Klassen zum sozialen und emotionalen Lernen auf Basis erlebnispädagogischer Angebote.
- #kind: Kollegiale Fallberatung und Kindermonitoring – das OGS-Team der jeweiligen Schule nimmt jedes Kind einmal im Jahr in den Blick und hält Besonderheiten sowie Veränderungen fest.
- Fachberatung Inklusion
- Kinderschutzbeauftragte/-konzept
Welchen Mehrwert haben die Kinder dadurch?
Die Kinder profitieren dadurch, dass wir individuell auf sie blicken und Gruppenprozesse fördern: Sie fühlen sich in der Gruppe wohl, sie lernen gemeinsam und fühlen sich alle wertgeschätzt. Die Kinder profitieren auch dadurch, dass wir als Träger professionelle Sportler/-innen beschäftigen und Bewegung für uns einen besonderen Stellenwert hat. Wir haben bspw. ein Sportmobil angeschafft, mit dem wir die Schulen anfahren und Spiel- und Bewegungsmaterial, wie z. B. Roller und Rollbretter, verteilen. Es gibt Materialkisten für bestimmte Anlässe (z. B. Zauberkiste, Sommer-Wasserspaßkiste usw.). All diese Ideen sind mit Herz und viel Idealismus entstanden, dadurch dass bei uns sportaffine Menschen beschäftigt sind.
Worauf sind Sie stolz?
Dass sportbegeisterte Mitarbeiter/-innen mit unseren Mitgliedern, aber auch mit den Kindern im Ganztag arbeiten. Wir sind stolz, dass wir es geschafft haben, ein gutes Konzept entstehen zu lassen. Dieses unterliegt natürlich immer wieder Veränderungen. Die Schule und auch wir entwickeln uns immer weiter. In der nächsten Zeit werden wir verstärkt die Kinder in den Fokus nehmen, die während der Pandemie Bildungsdefizite und Bewegungsnachteile erfahren haben. Erwähnenswert ist dabei auch unser Online-Bewegungsangebot für all unsere Grundschulkinder. Spaß, Bewegung und Koordination gepaart mit Herausforderungen lassen die Kinderherzen höher schlagen.