Lügen und das schlechte Gewissen

"Manchmal gebrauchte ich Notlügen."
"Ich bin überfordert, darf ich es ablehnen zu helfen."

Lebensfragen
© iStock by Getty Images: Patrick Daxenbichler

Manchmal brauche ich eine Notlüge, wenn mich ein Mensch fragt, ob ich Zeit für ein Gespräch habe. Dann sage ich, dass ich keine Zeit habe, weil ich da und da hin muss. Darf ich eine Notlüge gebrauchen, um mich vor lästigen Anfragen zu schützen?

Ihr Anliegen kann ich gut verstehen. Sie sollen sich durchaus schützen, wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie dieses Gespräch nicht möchten. Sie müssen nicht die ganze Wahrheit sagen, indem Sie etwa antworten: „Ich möchte das Gespräch nicht!“ Dann würde sich der andere verletzt fühlen. Sie sollten aber auch keine Notlüge gebrauchen, weil Sie dann manchmal in Erklärungsnot geraten. Sie können einfach sagen: „Da kann ich leider nicht.“ Warum Sie nicht können, das müssen Sie nicht begründen. Dass Sie zur Zeit des Gesprächs für sich allein sein möchten oder in Ihrer Familie, das ist Grund genug, ein Gespräch abzulehnen, von dem Sie das Gefühl haben, dass es für Sie nicht stimmt.

Oft werde ich gefragt, ob ich dem oder jenem helfen kann. Von meinem christlichen Gewissen her weiß ich, dass ich dazu bereit sein soll. Aber manchmal fühle ich mich überfordert. Und ich spüre inneren Widerstand, jetzt zu helfen. Wie gehe ich um mit meinem schlechten Gewissen?

Das Gewissen sollen wir immer beachten. Wenn Sie ein schlechtes Gewissen haben, sollten Sie sich fragen: Will Gott das jetzt von mir, dass ich diesem Menschen helfe? Oder will ich durch meine Hilfe nur mein schlechtes Gewissen beruhigen? Sie sollen auf Ihre Gefühle achten. Oft stimmt es für uns, dass wir dem anderen helfen. Und es stimmt auch für den anderen. Aber wenn Sie gereizt sind, weil der oder jener schon wieder etwas von Ihnen will, wenn Sie Aggressionen in sich spüren, dann sollten Sie auch diese Gefühle ernst nehmen. Sie sind ein Impuls, auch auf sich selbst zu hören: Fühle ich mich ausgenutzt, wenn ich helfe? Habe ich das Gefühl, dass der andere gar nichts für sich tut, dass er sich immer als Opfer fühlt und mich als Löser aller Probleme benutzen möchte? Das Gewissen wägt immer zwei Wege ab: die Möglichkeit zu helfen, zu der uns die Botschaft Jesu auffordert; und die Möglichkeit, sich abzugrenzen. Auch die Abgrenzung kann der Botschaft Jesu entsprechen. Denn wenn wir für andere sorgen, müssen wir auch gut für uns sorgen. Wenn ich mit innerer Aggression dem anderen helfe, nützt es ihm nicht und mich macht es nur unzufrieden. Das Gewissen soll in die Richtung entscheiden, wo ich mehr innere Stimmigkeit wahrnehme. Helfen heißt zwar durchaus, seine eigenen Wünsche zurückzustellen. Das kann mich frei machen vom eigenen Ego. Aber wenn ich immer nur für andere da bin und nie für mich, dann fühlt es sich nicht stimmig an, sondern eher bitter und hart.

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