Menschen und BücherHugo Rahner – Reichtum der christlichen Botschaft

Er wurde von vielen nur als „der Bruder von Karl Rahner“ wahrgenommen. Doch während seines Wirkens war der vier Jahre ältere Hugo Rahner (1900 - 1968) der bekanntere der beiden ungewöhnlichen Theologenbrüder. Mir selber hat er, wie vielen anderen auch, die Augen geöffnet für den Reichtum und die Weite der Botschaft Jesu.

Hugo Rahner - Reichtum der christlichen Botschaft
© 1800, KNA (www.kna.de)

Bilder der griechischen Mythen

Hugo Rahner gilt als Vertreter einer kerygmatischen Theologie, also einer Theologie, die den Gehalt der christlichen Botschaft ins Zentrum der Verkündigung rückt. Als ich mich in den 1970er Jahren mit C.G. Jung beschäftigte, las ich mit großem Gewinn Hugo Rahners Buch „Griechische Mythen in christlicher Deutung“. Darin kommt seine Überzeugung zum Ausdruck, dass die Verbindung der christlichen Lehren mit der griechischen Philosophie ein wichtiger Schritt war für die Ausbreitung der christlichen Botschaft. Denn ohne diesen Dialog hätte die christliche Lehre die Herzen der Gebildeten nicht erreicht. Als ich das Buch las, spürte ich, wie stark bildhaft die Theologie der Kirchenväter war. Bilder sind immer aktuell. Sie legen nicht fest. Mir wurde klar, wie sehr die griechischen Kirchenväter die griechischen Mythen als Bilder für die Erlösung durch Christus sahen. Sie haben in der griechischen Dichtung und Philosophie immer schon die Sehnsucht nach dem erkannt, was dann in Jesus Christus Wirklichkeit geworden ist. Fasziniert hat mich etwa, wie Clemens von Alexandrien die Irrfahrten des Odysseus als Bild für Christus und für den Christen gesehen hat. Homer erzählt uns ja, wie Odysseus unbedingt den Gesang der Sirenen hören wollte, ohne von ihnen zerrissen zu werden, wie es den meisten Seefahrern widerfahren ist. So ließ er sich an den Schiffsmast fesseln und den Matrosen die Ohren mit Wachs zustopfen, so dass sie seine Befehle, zu den Sirenen zu fahren, nicht hören konnten. Das ist für Clemens von Alexandrien - und Hugo Rahner erzählt das voller Zustimmung - ein Bild für uns: Angebunden an das Kreuz, werden wir losgebunden sein von allem Unheil, und so werden wir sicher durch die Gefährdungen unseres Lebens segeln.

Dialog mit Psychologie, Philosophie und Kunst

Der Rückgriff auf die Kirchenväter und die griechischen Mythen brachte Hugo Rahner auch in den Dialog mit der Psycho- logie von C.G. Jung. Von 1940 bis 1946 hielt er religionsgeschichtliche Vorträge auf den sog. „ERANOS-Tagungen“ in Locarno, 1930 u.a. von C.G. Jung gegründet, in denen östliche und westliche Ideen in Religion, Kultur, Anthropologie und Psychologie miteinander in lebendigen Austausch treten sollten. Hugo Rahner war der einzige Theologe, der zu dieser Tagung eingeladen wurde. Seine Beiträge über die christliche Deutung griechischer Mythen wurden sehr geschätzt, zumal er ein exzellenter Redner war, zudem humorvoll und geistreich. Auch später stand er im Briefkontakt mit C.G. Jung und verfasste für dessen Festschrift einen viel beachteten Beitrag. Er hat vielen Psychologen auf den ERANOS-Tagungen die Augen geöffnet für den Reichtum der christlichen Botschaft. Was er geleistet hat, ist für mich auch heute unsere Aufgabe: im Dialog mit der Psychologie, der Philosophie und der Kunst den modernen Menschen die Augen zu öffnen für die befreiende Weite der Botschaft Jesu.

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