Zwei aktuelle Bücher beschäftigen sich mit der Frage nach einem guten Sterben, mit Abschied, Tod und Trauer. Wie tief ist ein Grab? des Religionspädagogen und freien Autors Frank Hartmann ist ein Kinderbuch und versucht dementsprechend kindgerechte Antworten auf existenzielle Fragen zu geben, darunter auch die große Frage der Religionen: „Kommt da noch was?“ Hartmann gibt sich spürbar Mühe, verständlich zu erklären. Doch sollte man ein Kind ab acht Jahren (so die Altersempfehlung) dieses Buch wirklich selbst lesen lassen? Es stünde dann allein da mit Begriffen wie „psychologischer Sterbeprozess“, müsste mit der Information klarkommen, dass Verstorbenen oft Augen und Mund offenstehen, und wäre ebenso allein mit der Auskunft, dass „nach nüchternen Erkenntnissen mit dem Tod wahrscheinlich alles vorbei“ sei. Von daher also die Empfehlung, das Buch eher als Erwachsener vor- oder mit dem Kind gemeinsam zu lesen.
Sterben ungeschminkt richtet sich an Erwachsene und verspricht im Untertitel „Ein Gespräch ohne Tabus über Abschied, Tod und Trauer“. Es ist mehr Interview als Gespräch: Die Journalisten Michael und Lea Reinhard – Vater und Tochter – stellen Fragen an Ernst Engelke. Der 83-Jährige ist Theologe, Sozialpädagoge und Psychologe und gilt als ein Wegbereiter der Hospiz- und Palliativbewegung. Er weiß: „Gut sterben“ wollen alle. Aber – machen wir uns darüber eigentlich genug Gedanken? Die Statistik zeigt, dass viele von uns sich mit hoher Wahrscheinlichkeit bettlägerig und pflegebedürftig dem Tod nähern werden. Es spricht also einiges dafür, dass es auch für die Leserin, den Leser eine „Wahrheit im Krankenbett“ geben wird, wie es Engelke formuliert. Also die Wahrheit des Sterbenskranken selbst, und nicht nur „eine Wahrheit am Krankenbett“ – nämlich diejenige von Angehörigen, Pflegefachkräften und Ärzten.
Spannend und lehrreich nachzulesen ist Engelkes enormer Erfahrungsschatz aus nahezu 50 Jahren Palliativ- und Hospizarbeit, etwa seine Kritik an den immer wieder durchdeklinierten, aber stark verallgemeinernden fünf Phasen des Sterbens oder seine Einblicke zum Pflegenotstand – ein Begriff, der bereits 70 Jahre alt ist. Wir erfahren auch, dass quasi alle Sterbenden Angst haben, sich allein fühlen und ihr „Lieblingswort“ eher derb ist. Interessant sind auch viele Fallbeispiele: vom Börsenmakler, der noch bis kurz vor seinem Tod mit Aktien handelt, bis zur Ehefrau, der ihr todkranker Ehemann ein lang gehütetes Geheimnis anvertraut.
Ein bisschen formelhaft fällt dagegen das Schlusswort aus: „Wir sollten und können dafür sorgen, dass Menschen mit uns leben, die bereit sind, uns zu pflegen, und die zu pflegen umgekehrt auch wir bereit sind. Mehr können wir vermutlich nicht gegen die Einsamkeit unseres Sterbens tun.“ Ob im Sterben wenigstens Beten hilft? Unser Schicksal geduldig in Gottes Hände zu legen, in der Hoffnung auf einen gnädigen Tod, auf Wiederauferstehung gar und ewiges Leben? Fragen, die am Krankenbett manchmal zu religiös klingen mögen. Aber man sollte sie zumindest stellen dürfen. Man hätte sich gewünscht, dass sie in diesem Buch noch stärker thematisiert werden. Sterben ungeschminkt ist so zwar in vielerlei Hinsicht erhellend, in diesem Sinne aber kaum tröstlich.