Vergebung

Vergebung bedeutet, dem Wortsinn nach, eine berechtigte Forderung aufzugeben. Tragendes Motiv ist der Wille zur Versöhnung. Im religiösen Bereich sind Vergebung durch Gott und Vergebung durch Menschen von zentraler Bedeutung.

GnadeDas durch Gottes Initiative gestiftete positive Verhältnis des Menschen zu Gott wird durch die Sünde nachhaltig gestört. Gott offenbart sich im AT wie im NT (keineswegs nur im NT!) als vergebungsbereiter, auf Versöhnung bedachter, erbarmender Gott. Er bereitet die Wege zur Vergebung und trägt Umkehr (Buße) und Reue des Menschen; er „reinigt“ den Menschen von seiner Sünde; er erlässt dem bereuenden und glaubend vertrauenden Menschen die Schuld; er schenkt dem Menschen die Gerechtigkeit, die den göttlichen Ansprüchen entspricht.

Das NT verbindet die Versöhnung der Sünder mit Gott mit der Person und dem Wirken Jesu. Nach dem Ende des Tempels blieb dem gläubigen Judentum der große Versöhnungstag mit der Liturgie, in der die Sünder ihre Schuld bekennen und im Vertrauen auf die von Gott ermöglichte und zugesagte Vergebung den Bund erneuern.

Im Christentum verstand sich von Anfang an die Gemeinde mit ihren Sakramenten als Ort, an dem die von Gott geschenkte Reue und Vergebung öffentlich-greifbaren Ausdruck finden, ohne dass die Vergebung. auf den sakramentalen Weg beschränkt wurde. Auf der Grundlage der Vaterunser-Bitte um Vergebung durch Gott, verknüpft mit der Willensbekundung, den „Schuldigern“ zu vergeben, waren der Wille zur Versöhnung mit Mitmenschen und Wiedergutmachung eines Schadens, wo immer möglich, unlösbar mit der Hoffnung auf Vergebung durch Gott verbunden.

Dieser Zusammenhang ist in neuerer Zeit dadurch bedroht, dass die Vergebung durch das Sakrament bzw. durch den Glauben als rein privater Vorgang und als leicht und „billig“ zu erhaltende Gnade aufgefasst wird. Vielfach förderte die kirchliche Sünden- und Beichtmoral neurotische Schuldgefühle, so dass das Schuldbewusstsein heute vielfach auf Krankheiten oder Determinanten zurückgeführt wird. Vielfach existiert auch ein Gefühl für Versagen und Fehlverhalten, ohne dass diese als gegen Gott gerichtete Sünde verstanden werden können. Von da her stellen sich der gläubigen Rede von Vergebung enorme Aufgaben.

Eine bedrückende, theologische nicht leicht lösbare Einsicht ergibt sich aus dem Massenmord von „Auschwitz“: Es kann und darf keine Vergebung geben, an der die Opfer nicht beteiligt sind. Keiner kann, über den Kopf der Opfer hinweg, an deren Stelle vergeben.

Quelle: Herbert Vorgrimler: Neues Theologisches Wörterbuch, Neuausgabe 2008 (6. Aufl. des Gesamtwerkes), Verlag Herder

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