Die Wochensprüche im November 2023

5. November 2021
22. Sonntag nach Trinitatis

Bei dir ist Vergebung, dass man dich fürchte.

Psalm 130,4

Es gibt Leute, die sind sowas von schuldig, fühlen sich aber total unschuldig, sagen vielleicht sogar: „Ich habe eine weiße Weste!“ Im anderen Extrem fühlt sich jemand – weil sie/er skrupulös veranlagt oder geworden ist – permanent und völlig grundlos schuldbeladen. Und dann gibt es verdrängte Schuld. So verschieden können unsere Schuldgefühle sein. Juristen und Rechtsanwälte klären möglichst objektiv Schuldfragen vor Gericht, Psychologen versuchen, krankhafte Schuldgefühle zu normalisieren. Schlimmer und vermutlich häufiger ist, dass Menschen sich gegenseitig im Alltag die Schuld in die Schuhe schieben.
Wie befreiend kann angesichts der vielerlei Schuldverstrickungen Verzeihen und Vergebung sein! Nicht ein einfaches, oberflächliches, gar nicht ernst gemeintes „Schwamm drüber!“ Und auch kein billiges „Gott wird mir verzeihen, das ist seine Aufgabe“ (Heinrich Heine). Das wäre nur eine fake-Vergebung. Nein, das nicht. Sondern: ein tiefes, ehrliches Vergeben. So wie es in der Vaterunser-Bitte zum Ausdruck kommt: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“
Dahinter steckt Gott, die Quelle der Vergebung. „Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit ihm selber“, so der Apostel Paulus (2. Kor 5,19) Dass Gott voraussetzungslos verzeiht, das war die Entdeckung Martin Luthers. Die feiern wir am Reformationstag! Aber – das vergisst man oft: Schon im AT wusste man um den vergebenden, gnädigen Gott. Unser Wochenspruch ist eines der vielen Zeugnisse dafür. In seiner Auslegung dieses Psalms sagte Luther: „Viel Erlösung (ist) bei ihm. D. h. er ist sehr groß und reich an Erbarmen.“ (In: Luthers Psalmen-Auslegung (Mühlhaupt) Band 3, S. 563.)
Wer an diesen Gott glaubt, der/die kann offener und ehrlicher mit eigener Schuld umgehen und der/die ist bereit, anderen zu vergeben.

12. November 2023
Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres


Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.

Matthäus 5,9

Zum Großthema Frieden fällt einem so viel ein. Da ist das englische, weltumspannende peace, der Friede zwischen Völkern und Staaten und da ist der Friede im Kleinen: im Dorf, in der Stadt, im Verein, in der Kirche, zuhause unter allen, die da wohnen, nicht zuletzt der Friede in uns selber. All’ das umfasst diese Glück-Seligkeits-Preisung Jesu. Jesus hatte dabei sicherlich den Psalmisten im Ohr: „suche Frieden und jage ihm nach!“ (Psalm 34,15b) (Vgl. die Alphabetisierung dieses Verses in: PastBl Januar 2019, S. 46–51.)
Unser deutsches Wort Friede hängt mit dem Wort Freiheit zusammen. Ja. Ein Diktatfriede war und ist kein wirklicher Friede. Das hebräische Schalom heißt „unversehrt, heil sein“. Im Altassyrischen bedeutet Friede sinnenfällig „das Schwert in die Scheide stecken“. Die Zeiten damals waren genauso wie unsere Gegenwart und leider alle Zeiten mehr Kriegs- denn Friedenszeiten.
Nach über 70 Jahren weitgehenden Friedens in Europa wütet in der Ukraine seit dem 24.2.2022 ein unseliger Krieg. Wenn wir uns jetzt über die unendlich vielen Nachrichten in Zeitungen, Funk und Fernsehen austauschten, dann wäre der Gottesdienst in Nullkommanichts vorbei. Leider besteht ja immer noch keine Hoffnung auf Friede.
Landauf, landab helfen viele den geflüchteten Ukrainerinnen (es sind ja meist Frauen mit ihren Kindern). Als Christenmenschen dürfen wir in Anlehnung an die letzte Bitte des jüdischen Achtzehngebetes außerdem beten: „Lege deinen Frieden auf die Völker des Westens und Ostens, des Nordens und Südens. Und segne uns alle. Gepriesen seist du Jahwe, der Frieden schafft.“ Oder kürzer, in einem Satz mit EG 428,1: „Wende Hass und Feindessinn auf den Weg des Friedens hin.“

19.11.2023
Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres

Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi.

2. Korinther 5,10a

Iustitia, die Göttin des Rechts und der Gerechtigkeit, wird in Skulpturen mit verbundenen Augen dargestellt. Damit wird ausgedrückt, dass sie ohne Ansehen der Person richten soll. Doch kein Richter ist davor gefeit, eventuell doch ein falsches Urteil zu fällen. Unser menschliches Richten geschieht immer in der Hoffnung, dass es auch gerecht ist und dem Verurteilten hilft. Und das himmlische Gericht?
Auf dem Weg zum letzten oder Jüngsten Gericht lassen Sie uns kurz einhalten und einen kleinen Satz aus Johannes 2,25 erinnern. Dort heißt es von Jesus, dass er „erkannte/wusste, was im Menschen war.“ Sein Tiefenblick erstaunte Freunde und Gegner. Was er sagte, war einfach wahr und (zu-)treffend. Burschikos gesagt: Er wusste, was Sache war. Nichts blieb ihm verborgen. Er irrte sich nie. Das Gute dabei war, dass dieses Wissen nie zum Nachteil der Menschen verwandt wurde. Jesus war kein „Richter Gnadenlos“! Hätte Jesus den Beruf eines Richters gehabt, dann hätte er nicht nur richtige Urteile verkündet. Er war ja zum Wohl und Heil der Menschen auf die Erde gekommen. Nicht Richter, sondern Retter war – und ist der Sohn Gottes.
Im Endgericht nun wird dieser Retter auf dem Richterstuhl sitzen. Er wird kein anderer sein, als der er zu seinen Lebzeiten war. Wussten Sie, was Jesus bedeutet? Wörtlich übersetzt heißt Jesus: Gott hilft. Der Richter ist niemand anderes als der Retter (Jesaja 33,22!). Dazu passt folgendes Wort des hochbetagten Tübinger Theologen Jürgen Moltmann: „Das Urteil Gottes im Jüngsten Gericht ist nicht Gottes letztes Wort. Sein letztes Wort heißt: ‚Siehe, ich mache alles neu.‘ Das Jüngste Gericht ist vorläufig. Endgültig ist die Neuschöpfung. Darum ist es nicht zu fürchten, sondern zu erhoffen.“ (in: R.Strunk, Hoffnungszeichen, 2021, S. 18)

26. November 2023
Letzter Sonntag des Kirchenjahres

Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen.

Lukas 12,35

In einer Woche ist der erste Advent. Dass es auf Weihnachten zugeht, merkt man schon lange beim Blick in die Werbeteile der Zeitungen oder wenn man in den Einkaufsstraßen unterwegs ist. Heute aber reißt uns der Wochenspruch aus unserem alltäglichen Leben heraus. Ein seltsamer Zuruf erklingt da.
Lasset eure Lenden umgürtet sein, d. h. legt die Kleidung nicht ab, legt euch nicht schlafen, macht die Lichter nicht aus. Sondern seid bereit, nicht bereit für die weihnachtliche Schnäppchenjagd, sondern: bereit zum Aufbruch. Die Hörerinnen und Hörer damals wurden alljährlich bei der Feier des Passahfestes an den ersten, wagemutigen, fluchtartigen Aufbruch aus Ägypten erinnert.
Ob wir heutzutage nicht viel mehr ähnliche Fluchten bräuchten? Ausbrüche und Aufbrüche aus Gewohntem, den Alltag einmal hinter sich lassen und neue Wege suchen und beschreiten. Im Glauben an den damals an Weihnachten Gekommenen und im Glauben an den heute in mein Leben und in Ihr Leben Kommenden, etwa in den Aufgaben, die uns gegeben sind oder die wir uns selber vornehmen. Und schließlich im Glauben an den zukünftig Kommenden. Aber wann konkret kommt Jesus? Sein erstes Kommen damals ist ein historisches Faktum, sein Kommen heute kann im Glauben erfahren werden. Wehe, wenn jemand einen Fahrplan für die Endzeit erstellen will.
Vielleicht hörten Sie den folgenden weisheitlichen Satz schonmal: „Lebe jeden Tag so, als ob er der letzte deines Lebens wäre – und so, als ob du ewig leben würdest.“ Er drückt meiner Meinung nach sehr gut das aus, was unser Wochenspruch sagen will.

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