Die Wochensprüche im Januar 2022

2. Januar 2022

1. Sonntag nach dem Christfest

Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.
Johannes 1,14b

„Wir sahen seine Herrlichkeit“, so beginnt der Wochenspruch. Lassen Sie uns kritisch nachfragen: Stimmt das wirklich? Ganz so eindeutig und unumstritten „herrlich“ war doch Jesus gar nicht! Geboren wurde er nicht in einem Palast, sondern in einem Stall. Wir hörten es vor wenigen Tagen: „in Windeln gewickelt und in einer Kippe liegend“. Also nicht herrlich, prächtig oder irgendwie glanzvoll. Nicht einmal „klein, aber fein“, sondern: nur ein Flüchtlingskind. Gewiss, als Erwachsener sagte Jesus erstaunliche Dinge. Und er tat Ungeheuerliches. Aber ist es nicht viel zu viel, was Johannes da von Jesus aussagt?
Gewiss: Dem Evangelisten Johannes drängte sich als Haupt- und Leitwort das aus dem AT stammende Wort Herrlichkeit auf. Mit dem hebräischen Grundwort bezeichnete man im Alltag schwere, gewichtige Dinge. Bezogen auf Gott wird damit die göttliche Pracht, Glanz, Schönheit, Stärke, Kraft, Größe, Hoheit oder Majestät ausgedrückt. Und das alles wird nun auch für Jesus in Anspruch genommen. Eigentlich unerhört. Kein Wunder, dass das nicht jedermann glaubte. Ganz neutral kann gefragt werden: War Jesus wirklich mehr? Mehr als je ein Mensch, der vor oder nach ihm lebte? Ein jüdischer Witz gefällt mir hier sehr gut: „Itzig, warum hast du eine so hässliche Frau genommen?“ Itzigs Antwort. „Weißt du, innerlich ist sie schön.“ Sein Freund dann: „Nu, lass‘ sie wenden.“
Die beiden Freunde müssen diesen Schönheits-Gegensatz wohl einfach aushalten. Wir aber dürfen im Blick auf Jesus hoffend bitten, dass ER uns und vielen anderen im Jahr 2022 seine Herrlichkeit fort und fort offenbart (vgl. Joh 2,11).

9. Januar 2022

1. Sonntag nach Epiphanias

Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.
Römer 8,14

Wer erlebte das nicht schon? Spielende Kinder. Gewiss. Sie schreien manchmal (zu) laut. Und sie streiten manchmal. Aber sie sind begeistert von dem, was sie gerade tun. Nichts scheint sie aufhalten zu können. Unbändig sind sie an etwas dran. Nicht lockerlassend. Nicht zu bremsen.
Aber wir wissen andererseits, dass Kinder leider auch keine helle, fröhliche und unbeschwerte Kindheit erleben. Dass ihnen, bevor sie ausfliegen könnten, die Flügel kräftig gestutzt werden. Als Erwachsene sind sie dann nicht gut drauf, mürrisch. Oder lethargisch, antriebslos. So oder so.
Der Wochenspruch spricht Erwachsene an, lässt sie vielleicht fragen: Was treibt mich an? Was ist mir das Wichtigste? Was letztlich und im Grunde motiviert mich? Was begeistert mich?
Christen sind vom Geist Gottes inspiriert, motiviert, gesteuert und angetrieben. Als solche sind sie Kinder Gottes. Schreibt der Apostel Paulus. Deshalb sind Christen noch lange nicht fehlerfrei oder perfekt. Im Gegenteil! Sie wissen um ihre Fehlerhaftigkeit und bitten mit dem alttestamentlichen Psalmbeter: „Nimm deinen heiligen Geist nicht von mir …“ (Psalm 51,13) Denn sie haben den Heiligen Geist nicht automatisch, gesichert auf immer und ewig. Es gibt ein mehr oder weniger an Gottes gutem Geist. Man darf Gott sei Dank um ihn bitten.
Der Psalmbeter bittet dann weiter: „… mit einem willigen Geist rüste mich aus.“ (Ps 51,14) Da kommen wir wieder zu den Kindern zurück. Manche lassen sich leicht lenken, andere haben schon früh einen ausgeprägten eigenen Willen. Nicht dass Christinnen und Christen idealerweise willenlos werden sollten. Aber unser Wollen und Wirken soll sich an Gottes Willen ausrichten. „Dein Wille geschehe“, so beten wir in jedem Gottesdienst.

16. Januar 2022

2. Sonntag nach Epiphanias

Das Gesetz ist durch Mose gegeben, die Gnade und Wahrheit aber ist durch Jesus Christus geworden.
Johannes 1,17

Gnade und Wahrheit verstehen wir oft als Gegensatz. Sind wir gut drauf, barmherzig und gnädig gestimmt, dann nehmen wir es nicht so genau und drücken ein Auge zu. Oder aber es regiert eine gnadenlose, harte und unmenschliche Wahrheit. Da wird dann ganz genau hingeschaut, wie mit einer Lupe. Nichts soll übersehen werden.
So oder so. Beides kennen, praktizieren und erfahren wir.
Max Frisch sagte einmal: „Man sollte dem anderen die Wahrheit wie einen Mantel hinhalten, in den er hineinschlüpfen kann, und sie ihm nicht wie einen nassen Lappen um die Ohren hauen.“ Wie wohltuend ist ein wärmender und schützender Mantel – und wie weh tut nicht ein nasses Handtuch, das einem um die Ohren gehauen wird! So oder so. Beides vergisst man nicht, das Angenehme nicht und das Schmerzhafte gleich zweimal nicht.
Von Jesus wird folgende Geschichte erzählt (siehe Joh 8): Pharisäer und Schriftgelehrte, also die Vertreter des Gesetzes, brachten eine Frau zu Jesus. Nicht irgendeine, sondern eine Frau, die in flagranti beim Ehebruch erwischt worden war. Wäre es nach dem damals gültigen Gesetz des Mose gegangen, dann wäre sie gesteinigt worden. Gnadenlos wäre dem Gesetz Genüge getan worden. Doch Jesus stellt sich unerwarteterweise vor die Frau und schützt sie vor den Vertretern des Gesetzes. Gnade pur. Aber doch nicht so, dass Jesus das Gesetz durchstreichen würde. Wahres bleibt wahr. Sünde bleibt Sünde. Doch Jesus vergibt der Frau und entlässt sie mit den Worten: „Geh hin und sündige hinfort nicht mehr.“

23. Januar 2022

3. Sonntag nach Epiphanias

Es werden kommen von Osten und von Westen, von Norden und von Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes.
Lukas 13,29

Alljährlich feiert man am 6. Januar das Fest der Heiligen Drei Könige oder Weisen aus dem Morgenland. Der Stern von Bethlehem hatte sie vom fernen Osten zu dem neugeborenen König geführt. Dass es drei gewesen sein sollen und ihre Namen Caspar, Melchior und Balthasar waren, das ist Legende. In vielen Kapellen, Kirchen und Kathedralen schufen Künstler wunderschöne Darstellungen des ersten Teiles unseres Wochenspruches: „von Osten“. Apg 8,27 berichtet von einem „Mann aus Äthiopien, einem Kämmerer und Mächtigen am Hof der Kandake, der Königin von Äthiopien“. Der „war nach Jerusalem gekommen, um anzubeten“. Zwei Beispiele von Menschen, die aus verschiedenen Himmelsrichtungen nach Bethlehem beziehungsweise Jerusalem kommen, um dort anzubeten.
Unser Wochenspruch überhöht diese äußeren Bewegungen. Es geht darin nicht um die kilometermäßige Annäherung an religiöse Orte oder zu Personen hin. Denn das Reich Gottes ist weder orts- noch personenmäßig festzumachen. Es ist mehr als dieser oder jener als heilig geltende Ort, mehr als alle Glaubenden und Heiligen zusammengenommen. Das Reich Gottes, Gott selber, findet sich im Osten und Westen, im Norden und Süden. Es wird allumfassend sein. Ja, überraschenderweise sagte Jesus einmal zu seinen Zuhörern – außer seinen Nachfolgern waren auch ganz Fremde, sozusagen „Nichtse“ gegenwärtig: Das Reich Gottes ist schon jetzt überall. Es ist „mitten unter euch“ (Luk 17,21). Alle Grenzen werden gesprengt. Da sind Arme und Reiche, Männer und Frauen, Kinder und Alte, weiße, gelbhäutige und schwarze Menschen dabei. Halleluja.

30. Januar 2022

Letzter Sonntag nach Epiphanias

Über dir geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir.
Jesaja 60,2

Angesprochen ist von dem Propheten Jesaja das alttestamentliche Volk Gottes. Das war ein vergleichsweise kleines, eher unscheinbares Volk, neben und zwischen größeren und weit mächtigeren Völkern und Staaten. Und doch erhält es diese unwahrscheinliche Zusage: Gott ist mit all seiner Kraft, Macht und Herrlichkeit bei dir. Ihr seid sein auserwähltes Volk.
Genauso sollte es Jahrhunderte später dem Juden Jesus widerfahren. Er, der Sohn eines Zimmermanns und gelernter Zimmermann, also Kind kleiner Leute, genau ihn hat Gott auserwählt. „Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.“ (Mark 1,11) Er wurde Gottes Angesicht, seine Stimme unter uns Menschen. Klein und schwach war er. Und doch wird er Gottes Herrlichkeit widerspiegeln. „Wir sahen seine Herrlichkeit“, so heißt es in Johannes 1,14 in der Rückschau auf Jesu Leben und Wirken auf Erden insgesamt.
Schauen wir auf unsere Babys und kleinen Kinder. In ihnen steckt so viel! Mögen sie gedeihen, wachsen und zur Freude ihrer Eltern und ihrer Mitmenschen etwas aus ihnen werden. Und schauen wir auf das noch „junge“ Jahr 2022. Möge es ein von Gott gesegnetes Jahr werden, das trotz allem Dunklem und Schwerem seine Herrlichkeit widerspiegelt.

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