Der Monatsspruch im März 2012

Der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.
Markus 10,45

EIN ANDERES
Geh! Gehorche meinen Winken,
Nutze deine jungen Tage,
Lerne zeitig klüger sein:
Auf des Glückes großer Waage
Steht der Zeiger selten ein;
Du musst steigen oder sinken,
Du musst herrschen und gewinnen
Oder dienen und verlieren,
Leiden oder triumphieren,
Amboß oder Hammer sein. (Goethe)

Zunächst möchte ich zustimmen. Ja, so ist die Welt. Oben
und Unten. Ranking ist derzeit überall gefragt. In meiner sächsischen Kirche hat seit 1989 Hierarchisches wieder eine große Renaissance erfahren. Eignet nicht aber uns Evangelisch-Lutherischen Christen etwas Antihierarchi-sches, denn namentlich Luther und die Reformation hatte mit einem „clerus major" und einem „clerus minor" aufgeräumt. Einmal, unerfahren, wie ich war, beantwortete ich freudig einen amtlichen Brief an „Lieber Bruder Coburger" mit „Lieber Bruder N.N.". Prompt bekam ich die freundliche und bestimmte Antwort, dass ich solche Anrede in Zukunft zu unterlassen hätte. Das mag vielleicht im Sinne von besonderer Verantwortung einen rich-tigen Moment haben, aber die Geschwisterlichkeit leidet sehr darunter. Sicher kann dabei nicht sofort gesagt werden: „Die Mächtigen dieser Welt halten die Völker nieder." Doch die Begehrlichkeiten, wer wem was zu sagen hat, sind da, und wer weise ist, rechnet mit seiner Verführbarkeit zur bloßen, blanken Machtausübung: Wer ist hier eigentlich der Chef/die Chefin? Es scheint sehr wichtig zu sein und über die Macht desjenigen zu sprechen, wie weit sein Dienstauto vom Haupteingang entfernt stehen darf. VIP-Plätze stehen den Untergebenen nicht zu!

Gibt es denn kein Leben ohne dieses bedrückende Oben und Unten? Muss es denn zwangsläufig so sein, dass die Person ganz von ihrer Funktion aufgefressen wird? Solches Verhalten zerstört jedenfalls Gemeinschaft und Mitmenschlichkeit. Die beiden Jünger Jakobus und Johannes, die Jesus um den hohen Ehrenplatz bei Gott bitten, rufen mit Recht Empörung hervor. Christus sagt: Unter euch ist das nicht so! („So soll es nicht sein" - ist schlicht falsch übersetzt.) Wichtig ist, dass nicht sofort unser ethisches Verhalten, sondern Jesus Christus und sein eigener alleiniger Weg ans Kreuz im Blick sind.

Drei Leidensankündigungen liegen in den vergangenen Kapiteln unmittelbar zurück. Jesus, der Mensch für andere (Bonhoeffer), spricht von der Hingabe seines Lebens. Das gilt es nicht zu imitieren. In Bethlehem wurde aus dem Herrn ein Knecht. Sein Weg führt nach Jerusalem. Er ist der gekreuzigte Gott. Er ist am Kreuz nicht unser Vorbild, sondern nur noch Stellvertreter! Aber die, die zu ihm gehören, können unmöglich leben, was Jesus kritisiert.

Gibt es einen dritten Weg? Anders als die von Goethe vorgeschlagene Alternative von dienen oder verlieren, draufdreschen oder gedroschen werden? Mit bloßer Polemik gegen Macht ist es nicht getan. Macht alleine aber ist kein Leben. Nur wenn sie an Liebe, Demut, Güte gebunden bleibt, kann sie menschlich bleiben, weil sie sich selbst zurücknehmen kann und sich relativiert. Ohne die Koppelung an Liebe und Transparenz wird Macht dämonisch. Wer zu Jesus gehört, spielt sich nicht auf! Doch dieses demütige Dienen hat im Alten Testament seine Grundlage.

War noch im Turmbau zu Babel Genesis 11 davon die Rede: „Auf dass wir uns einen Namen machen", beginnt nun Gott ein ganz anderes Leben mit Abraham in Genesis 12: „Und ich will dir einen Namen geben."

Das ist der Unterschied! Und damit lässt sich sehr gut und fröhlich leben. „Es wird nie der Weg aller sein und auch nicht derer, die die Geschichte machen wollen, aber wenn man weiß, auf welcher Seite man steht, lebt man freier und ruhiger." (H. Hesse)

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