Eins ist klar: Mozart war ein Genie. Aber Klavier spielen und komponieren musste auch er erst einmal lernen. Er hatte er das Glück, früh von einer musikalischen Umgebung dazu angeregt zu werden: Sein erster Lehrer war sein Vater Leopold. Ohne dessen Förderung wäre vielleicht nicht einmal ein Musiker aus dem kleinen „Wolferl" geworden. Denn die Bedeutung der „natürlichen" Begabung als Voraussetzung für musikalische Fertigkeiten ist gar nicht so groß wie allgemein angenommen. Und völlig unmusikalische Kinder gibt es nicht. Jeder kann Musik lernen. Andererseits muss Musik auch gelernt werden. Und als Kind erlernt man ein Musikinstrument am leichtesten.
Warum soll mein Kind Musik lernen?
Erzieher und Lehrer beklagen seit Jahren eine zunehmende Zahl emotional verarmter und aggressiver Kinder. Sie beobachten im Schulalltag eine unterentwickelte Motorik und Schwächen in der Wahrnehmung. Solche Kinder haben es schwerer beim Lernen. Kinder, die ein Musikinstrument spielen, können sich besser konzentrieren, hören besser zu und haben eine entwickelte Feinmotorik. Soziales und emotionales Lernen wird durch frühen Musikunterricht ebenfalls gefördert.
Frühe Kindheit
Noch im Mutterleib fühlt und hört das Kind den Herzschlag der Mutter. Es kann bereits Klänge und Geräusche der Außenwelt wahrnehmen. Nach der Geburt wirkt der Gesang der Mutter beruhigend und schläfert ein. Eltern sollten nicht unter dem Vorwand, sie könnten nicht singen darauf verzichten, ihren Kindern etwas vorzusingen. Für ein Kind klingt alles interessant, auch kurze, spontan erfundene Melodiephrasen, die häufig wiederholt werden. Das Kind wird dadurch zum Ausprobieren der eigenen Stimme („Mitsingen") angeregt. Etwa zur gleichen Zeit probiert es mit Schüttel- oder Klopfbewegungen aus, wie Gegenstände, z.B. Rasseln oder Töpfe, klingen.
Ab dem 2. und 3. Lebensjahr können Kinder gezielter mit Kinderliedern vertraut gemacht werden. Dabei sollten Eltern jedoch nicht erwarten, dass ihre Kinder bereits „richtig" singen. Wenn der kindliche Gesang überhaupt Tonhöhenunterschiede erkennen lässt, ist dies schon etwas Besonderes. Einen „falschen" Gesang, der voreilige Rückschlüsse auf mangelnde Begabung zuließe, gibt es in diesem Alter nicht.
Kindergarten- und Vorschulalter
Kinder sind in diesem Alter bereits mit der Medienwelt vertraut. Eine Dauerberieselung durch Fernseh- und Radioprogramme sollte jedoch unbedingt vermieden werden. Statt dessen können Eltern die Nachahmungsfähigkeit ihres Kindes fördern, wenn sie mit ihm singen und auf Orff-Instrumenten spielen. Sie können außerdem gemeinsam mit Kindern CDs mit eingängigen „klassischen" Musikstücken hören und dazu Geschichten erzählen, oder die Kinder zur Musik malen lassen. Das Rhythmusgefühl von Kindern wird gefördert, wenn sie sich zu rhythmischer Musik bewegen, tanzen und mitklatschen. Kinder finden einen Zugang zur Musik über bildliche Vorstellungen, sie möchten Musik gerne „sehen". Daher empfiehlt es sich, Kinderlieder mit Gesten zu begleiten.
Glücklicherweise gibt es inzwischen ein großes Angebot an Kinder-Hörspielen rund um das Thema Musik. Sie regen die kindliche Phantasie an und wecken in altersgemäßer Weise das Interesse an Komponisten und ihren Werken.
Die professionelle Musikerziehung in der Musikschule beginnt mit Gruppenkursen für Kinder ab 4 Jahren, der „Musikalischen Früherziehung". Hier leiten Musikpädagogen unter ganzheitlichen Gesichtspunkten zum spielerischen Umgang mit Musik an. Im Mittelpunkt stehen dabei Bewegung, Singen, Spielen auf Orff-Instrumenten und Musikhören; Notenkenntnisse werden noch nicht vermittelt.
Grundschulalter
Leider kommt der Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen immer noch viel kurz. Also ist die private Initiative der Eltern gefragt. Der Besuch von Kinder- und Jugendkonzerten kann für Kinder zu einem prägenden Schlüsselerlebnis werden. Außerdem bieten Schul- und Musikschulkonzerte Kindern Identifikationsmöglichkeiten: „Da will ich auch mitmachen". Als sinnvolle Fortsetzung der Musikalischen Früherziehung gibt es an Musikschulen Kurse für Kinder ab 6 Jahren in „Musikalischer Grundausbildung". Hier werden u.a. die Notenschrift und Grundlagen des Blockflötenspiels erlernt. Gegen Ende der Musikalischen Grundausbildung zeigen sich Talente und Interessen der Kinder deutlicher und der Musiklehrer kann gezielter beraten.
Beginn des Instrumentalunterrichts
Spätestens wenn ein Kind selbst der Wunsch äußert, ein Instrument zu erlernen, ist der richtige Zeitpunkt gekommen. Natürlich kann in Einzelfällen vor dem 7. Lebensjahr begonnen werden - vor allem mit der Blockflöte. Auf jeden Fall aber lernt ein motivierter Schüler, der im Alter von 9 oder 10 Jahren anfängt, schnell und hat überhaupt keine Nachteile gegenüber dem Gleichaltrigen, der bereits zwei Jahre Unterricht hat. Dieser ist vielleicht schon von geringen Fortschritten frustriert und hat die Lust verloren. Allgemein gültige Empfehlungen für das richtige Instrument und den Zeitpunkt des Unterrichtsbeginns zu geben, ist kaum möglich. Zur Beratung kann man sich in jedem Fall an private, ausgebildete Musikpädagogen oder an Musikschulen wenden. Diese können auch häufig ein Leihinstrument für den Anfangsunterricht zur Verfügung stellen.
Mit dem Eintritt in die Grundschule kann mit dem Klavierunterricht begonnen werden. Das Instrument ermöglicht eine umfassende spieltechnische und musikalische Ausbildung und eignet sich zum Solo- sowie zum Ensemblespiel. Keyboardunterricht wird auch in Gruppen erteilt und zeigt schnellere Ergebnisse. Doch die Möglichkeiten dieses Instruments sind begrenzt. Der Ton kann vom Spieler nicht beeinflusst werden. Dadurch wird dem Kind die Möglichkeit genommen, einen musikalischen Klangsinn in Verbindung mit einer sensiblen Feinmotorik auszubilden. Die Kinder sind oft nur kurzzeitig von den technischen Möglichkeiten des Keyboards begeistert. Als Anfangsinstrument ist es also weniger zu empfehlen.
Die meisten Orchesterinstrumente sind - in Abhängigkeit von der körperlichen Reife - in der Regel erst für Kinder ab etwa 10 Jahren geeignet. Geigen und Celli allerdings gibt es für Anfänger ab etwa 6 Jahren auch in kleineren Größen. Früher Unterricht am Streichinstrument wird seit langem erfolgreich praktiziert.
Bei der Wahl eines Musikinstruments sollte unbedingt ein Instrumentallehrer um Rat gefragt werden. Im Regelfall ist die Festlegung auf ein bestimmtes Instrument ab etwa 10 Jahren - nach der Grundausbildung mit der Blockflöte - ausreichend.
Für Kinder geeignete klassische Musik:
Sergej Prokofieff: Peter und der Wolf
Bedrich Smetana: Die Moldau
Peter Tschaikowski: Nussknackersuite
Camillle Saint-Saëns: Karneval der Tiere
W.A. Mozart: Eine kleine Nachtmusik, Ausschnitte aus der „Zauberflöte", z.B. „Der Vogelfänger" oder „Pa, pa, pa"
Igor Strawinsky: Der Feuervogel
Georg Friedrich Händel: Wassermusik
Johannes Brahms: Ungarische Tänze