Arbeit und HaushaltDie Balance von Familie und Beruf

Die Doppelbelastung von Familie und Beruf kann sehr hoch sein. In den meisten Fällen ist der Job nicht wirklich mit dem Familienalltag vereinbar. Bei berufstätigen Eltern muss dann meist ein Partner mehr im Haushalt machen, was zu Konflikten führt. Wer aber die richtigen Absprachen trifft, kann das Problem elegant umschiffen.

Arbeit und Haushalt: Die Balance von Familie und Beruf
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Wütend knallt Gesa den Telefonhörer auf die Gabel. Sie ist gerade von der Arbeit gekommen, da hat ihr Mann Tom ihr mitgeteilt, er könne leider heute Nachmittag nicht um 17 Uhr den Jüngsten aus dem Kindergarten abholen und er käme auch nicht früh heim. Nein, leider reiche die Zeit auch nicht für den Elternabend in der Grundschule, weil sein Chef ein Meeting für 18 Uhr anberaumt habe.

Zu Beginn ihrer Partnerschaft sind Gesa und Tom mit der festen Verabredung angetreten, sich die Verpflichtungen in Haushalt und Familie hälftig aufzuteilen. Diese Vorstellung von Partnerschaftlichkeit in der Familie, von aktiver Vaterschaft und von der Berufstätigkeit beider Partner ist quer durch die Gesellschaft zum gängigen Leitbild geworden. Die meisten Paare leben zu Beginn ihrer Beziehung diese Idealvorstellung sehr motiviert. Das ändert sich jedoch häufig, sobald das erste Kind geboren wird. Einige verzichten ganz darauf, Kinder zu bekommen weil es ihnen unmöglich scheint, Familie zu haben und beruflich engagiert zu sein. Diejenigen, die Kinder bekommen, erleben rasch das Schwinden ihrer Ideale: Plötzlich wird klar, dass die Erziehungszeit für den Mann theoretisch eine gute Idee, im konkreten Fall aber kaum zu realisieren ist. Auch wenn es den Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit bzw. Erziehungsurlaub gibt, ist die Umsetzung in den Betrieben häufig entweder nicht gewünscht oder nicht zu organisieren. Auch die Furcht, auf dem beruflichen Abstellgleis zu landen, lässt Väter vor der Erziehungszeit zurückschrecken.

Zudem stellt sich die Suche nach einem Bertreuungsplatz oder einer passenden Tagesmutter häufig mangels ausreichender und geeigneter Angebote als schwierig heraus. So wird dann das traditionelle Familienmodell gelebt: Die Frau bleibt zunächst mit dem Kind/den Kindern daheim, während der Mann weiterhin Vollzeit arbeitet. Die Welt des Paares spaltet sich auf in Familienfrau und Berufsmann mit allen Folgen für ihre Beziehung.

Doppelbelastung für Mütter durch beruflichen (Wieder-)Einstieg

Nach ein paar Jahren, wenn die Kinder größer und die Frauen zunehmend unzufriedener werden, beginnt ihr (Wieder-)Einstieg in den Beruf. Das gelingt, je nach beruflichem Umfeld und Länge der Familienpause, mehr oder weniger erfolgreich. Da der Mann ohnehin voll berufstätig ist, hat er selten Spielräume, noch zusätzliche Familienaufgaben zu übernehmen. Für die Frau heißt das oft: Zu Kindererziehung und Hausarbeit kommt Berufsarbeit noch dazu. Sie wird, wie oben Gesa, zu einer "dauergestressten gehetzten Dazuverdienerin", die unter Einsatz ihrer gesamten Energien versucht, Familie, Beruf und Haushalt gerecht zu werden.

Ein Grund für das Scheitern der partnerschaftlichen Arbeitsteilung sind die Leitbilder von Paarbeziehung und Familie, die wir seit Kindesbeinen verinnerlicht haben: Der Vater, der für den materiellen Unterhalt der Familie sorgt, und die Mutter, die für das emotionale Wohl zuständig ist. Obwohl sich in den letzten Jahren vieles gewandelt hat, wirken diese Leitbilder weiter. So hat das schlechte Gewissen vieler berufstätiger Mütter seine Wurzel in einer weit verbreiteten Idealisierung der Mutterrolle. Und die Skepsis etlicher Väter gegen Erziehungszeit speist sich zum Teil auch aus der Überzeugung, dass ein Vater für den Unterhalt der Familie zu sorgen habe. Was also tun? Die Antwort auf diese Frage kann nicht pauschal für alle Paare gegeben werden. Aber Vorsicht: Wenn Lösungen individualisiert werden, besteht die Gefahr, bei Schwierigkeiten sich selbst die Schuld dafür zuzuschreiben: "Es liegt an uns, dass wir das nicht hinkriegen." Schuldzuweisungen greifen zu kurz, weil die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen außer acht bleiben. Familien- und bildungspolitisch sind in den letzten zwei Jahren Lösungen auf den Weg gebracht worden, sodass sich die Betreuungsmöglichkeiten für Kinder verbessern werden.

Paare können jedoch zusätzlich einiges selber tun:

Sich über die erlebte Rollenaufteilung in der eigenen Herkunftsfamilie und in deren näherem Umfeld klar zu werden kann sehr hilfreich sein. Beide Partner sind von diesen Vorbildern geprägt und viele Sätze ("Aus den Kindern von Meiers kann ja nix werden, wenn die Mutter den ganzen Tag arbeitet.") treiben unbewusst weiter ihr Unwesen. Ein Gespräch weckt Verständnis für viele Reaktionen oder Bedürfnisse. So kann etwa die Skepsis des Mannes gegenüber Erziehungszeit verständlicher werden, wenn deutlich wird, wie sich sein Verständnis von Männlichkeit und seine Identität entwickelt haben. Damit sind die unterschiedlichen Ansichten nicht ausgeräumt, aber doch entschärft.

Beziehungsprobleme müssen als gemeinsame Sache und nicht als Angelegenheit eines Partners verstanden werden. Einseitige Schuldzuweisung kann auf Dauer eine Beziehung zerstören. Die Haltung "Wir wollen eine Lösung finden. Lass uns gemeinsam daran arbeiten!" setzt Kräfte frei. Dabei kann auch die Frage aufkommen, ob beide eine gleichberechtigte Aufteilung von Familien- und Berufsarbeit wirklich wollen. Manche Frau ist mit einem Teil ihres Herzens froh, dem Druck der Berufstätigkeit zu entgehen und mancher Mann ist genauso froh, einem turbulenten Haushalt mit mehreren Kindern den Rücken zu kehren. Transparenz verhindert, dass sich ein Paar an verdeckten Erwartungen und Enttäuschungen aufreibt.

Klare und eindeutige Absprachen zu treffen und Zuständigkeiten aufzuteilen, etwa für schulische Belange der Kinder, Hausarbeit, Freizeitgestaltung etc., ist entlastend für die gesamte Familie. Da sich die alltäglichen Dinge des Lebens jedoch häufig wandeln, müssen diese Absprachen immer wieder überprüft und angepasst werden, um Stress und Streit zu vermeiden.

Eine Balance zwischen Familie und Beruf herzustellen, zwingt dazu, nach Prioritäten zu handeln. Nicht alles kann mit gleicher Perfektion erledigt werden. Delegieren und Nein-Sagen sind dabei wichtige Fähigkeiten.

Alles und alle unter einen Hut zu bekommen, ist auf Dauer kräftezehrend. Sich als Paar immer wieder kleine Inseln der Begegnung zu schaffen hilft, diese Kraft zu gewinnen. Schon 10 Minuten am Tag wirkliche Begegnung ermöglichen es, den Partner als Person wahrzunehmen. Fest eingeplante Zeit zu zweit stabilisiert eine Beziehung. Und sie ist schließlich das Band, das die Familie zusammenhält.

kizz Buchtipp

Zum Weiterlesen:

Hans Jellouschek, Wie Liebe, Familie und Beruf zusammengehen. Partnerschaft heute. Verlag Herder 2004

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